FPÖVP-Integration: Rassismus und Ausbeutung
"Integration vor Neuzuzug" ist ein Konzept das aus den Zeiten stammt als der Innenminister noch Caspar Einem hieß und wurde im TATblatt damals schon heftig kritisiert. Die schwarz-blaue Regierung hat dieses Modell in ihrer eigenen pervers-verlogenen Art nun auf die Spitze getrieben.
TATblatt
Was MigrantInnen das Leben hierzulande schwer macht, ist der staatliche Rassismus, der sie z.B. am Arbeits- oder Wohnungsmarkt benachteiligt oder sie illegalisiert und in Schubhaft steckt, der Alltagsrassismus vieler ÖsterreicherInnen, der sie als Sündenbock für eigenes Unvermögen benötigt, der Rassismus in den Medien, der sie zu DealerInnen oder SozialschmarotzerInnen stempelt. Diese Phänomene, Gesetze und Einrichtungen abzuschaffen bzw. zu bekämpfen, würde mehr dazu beitragen MigrantInnen ein lebenswerteres Leben zu ermöglichen, als jede auch noch so gut gemeinte Integrationsmaßnahme (ganz zu schweigen vom Assimilationsterror der Regierungsparteien).
Die Maßnahmen, die die Regierung jetzt im Rahmen des so genannten Integrationsvertrages präsentiert, stehen in der jahrzehntealten österreichischen Tradition, MigrantInnen und Flüchtlingen möglichst wenig Rechte zuzugestehen und ihre maximale Ausbeutbarkeit zu ermöglichen. Dass dieses "Angebot" zwar Flüchtlinge in ärgster Not nicht abschreckt, weil es meist keine Alternativen gibt, aber für die begehrten "Schlüsselarbeitskräfte" nur wenig attraktiv ist, zeigte sich schon 1956. Die meisten Flüchtlinge aus Ungarn benutzten Österreich höchstens als Wartesaal für die Weiterreise in die USA, nach Kanada, Schweden oder Australien. In Österreich blieben diejenigen zurück, die zu krank, zu alt und schwach waren, um in die attraktiveren Länder weiterzureisen.
Dass eine an der Regierungsmacht beteiligte FPÖ dafür eintreten wird, ausländische Arbeitskräfte vorzugsweise als Saisoniers ins Land zu lassen, ist sei Jahren klar. Dass es ihr zusätzlich gelingt, ihre Schikanen gegen MigrantInnen als Integration zu verkaufen ohne ausgelacht zu werden, verwundert leider auch nicht mehr wirklich. Die FPÖ-Methode immer so zu tun, als gäbe es ähnliche Regelungen in anderen Ländern, ist zwar eigentlich ein einfach durchschaubarer Trick, funktioniert jedoch anscheinend doch immer noch. Besonders perfid ist es, wenn Westenthaler den in Österreich geplanten Assimilationsterror (Westenthaler: "forcierte Integrationspolitik") mit Maßnahmen in den Niederlanden vergleicht. Im Standard wird Westenthaler mit der Aussage zitiert, er der ständig vom niederländischen Modell faselt sei "absolut nicht dafür", dass Ausländer, die sich integrieren, dann auch Rechte wie eine frühere Staatsbürgerschaft oder das kommunale Wahlrecht erhalten. (21. 8.)
Das niederländische Modell
In den Niederlanden sind EinwandererInnen auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt sowie im Sozial- und Rechtssystem mit NiederländerInnen weitgehend gleichgestellt. Es gibt ein Antidiskriminierungsgesetz und lokale Antidiskriminierungseinrichtungen. Nach drei Jahren besteht ein kommunales Wahlrecht, das es in Österreich nur für EU-BürgerInnen gibt, alle anderen NichtösterreicherInnen haben gar keinen Anspruch darauf, egal wie lange sie in Österreich leben. Die Integrationskurse werden zur Gänze von der öffentlichen Hand finanziert (1999 waren das 1,77 Mrd. ATS für 22.500 Eingliederungen). Diese sind zwar verpflichtend (es besteht die Möglichkeit sich befreien zu lassen, wenn offensichtlich kein Bedarf besteht oder der Kurs aus körperlichen, seelischen oder anderen triftigen Gründen nicht absolviert werden kann ), aber nur für EinwandererInnen, die sich dauerhaft in den Niederlanden niederlassen wollen. Für alle anderen werden in etlichen Städten Kurse auf freiwilliger Basis angeboten. Das Kursprogramm wird gemeinsam mit den EinwandererInnen individuell zusammengestellt. Eine Kürzung der Sozialhilfe als Strafe bei Abbruch des Kurses (Westenthalers Lieblingsaspekt) ist zwar theoretisch möglich, ist aber als allerletzte Maßnahme vorgesehen und wurde z.B. in Amsterdam, glaubt man INKA, dem Büro für die Einbürgerung von Immigranten in Amsterdam, noch nie verhängt.
Die österreichischen Fakten
Die Zuwanderungsquote wird von 8518 für das Jahr 2001 auf 8280 für das Jahr 2002 gesenkt. Die Zahl der so genannten Schlüsselkräfte wird dabei von 1613 auf 2400 erhöht. Auf regionaler Ebene können Abkommen mit den Nachbarstaaten geschlossen werden, in der zusätzliche Kontingente für benötigte Arbeitskräfte möglich sind. Als Schlüsselarbeitskräfte werden Personen bezeichnet, die "über eine besondere, am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung verfügen" und mindestens 60% der Höchstbemessungsgrundlage verdienen (derzeit ATS 26.000 pro Monat). Die Quote für Familienzusammenführung, die es europaweit nur in Österreich gibt, wird trotz eines Überhangs von rund 11.000 Anträgen nicht erhöht, sondern mit 5490 gleich bleiben. Eine Arbeitsmöglichkeit für "bewilligte Familienangehörige" soll es nach fünf Jahren und dann nur nach einer "strengen Arbeitsmarktprüfung" geben. Die Kategorie der "sonstigen Erwerbstätigen", für die letztes Jahr 815 Plätze vorgesehen waren, wird gestrichen. Die Quote für SaisonarbeiterInnen und ErntehelferInnen, die nicht in der Zuwanderungsquote enthalten ist, bleibt zwar auf den ersten Blick mit 15.000 (8.000 und 7.000) gleich, lässt aber enormen Spielraum offen. Erstens wird es künftig möglich sein, "Saisoniers" in allen Branchen zu verwenden, in denen Fachkräftemangel herrscht (womit die Bezeichnung "Saisonier" eher unpassend wird) und zweitens kann der Ministerratsentwurf auch dahingehend interpretiert werden, dass die 8.000 Plätze für jede Branche extra gelten. Das würde z.B. heißen: 8000 Saisoniers für den Bau, 8000 für das Gastgewerbe, etc. Bisher galten die 8000 Plätze für Halbjahresverträge, d.h. dass eigentlich nur 4000 Saisoniers gleichzeitig hätten arbeiten dürfen (es gab in letzter Zeit aber bereits ständig Zusatzbewilligungen). In Zukunft werden Saisoniers, die die Verlängerungsmöglichkeit in Anspruch nehmen, nur einmal gezählt, womit sich die Gesamtzahl theoretisch verdoppeln könnte.
Von der Ankündigung der ÖVP das Aufenthaltsrecht mit einer Arbeitserlaubnis zu koppeln, ist keine Rede mehr. Bartenstein will "in den nächsten fünf Jahren" eine "weitestgehende Annäherung erreichen", was soviel wie gar nichts heißt. Wie der "Integrationsvertrag" im Detail aussehen wird, ist noch nicht klar, er soll erst im Herbst vorliegen. Verpflichtende Sprach- und Orientierungskurse und eine Prüfung werden ziemlich sicher enthalten sein. Darüber wer die Kurse besuchen muss (nur NeueinwandererInnen oder auch bereits hier lebende), welche Sanktionen es geben wird und wer die Kurse bezahlen wird, gibt es derzeit noch unterschiedliche Aussagen. Geht es nach Westenthaler, der in der Debatte den großen Spruch führt, werden Menschen ausgenommen "die fließend Deutsch sprechen, einen Arbeitsplatz haben und in dritter und vierter Generation in Österreich leben".
aus TATblatt Nr. +172/3 vom 1. September 2001
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