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Polizeirazzia gegen Online-DemonstrantInnen

Polizeibeamte brachen am Morgen des 17.10. in Frankfurt a.M. in die Büroräume der Initiative Libertad! ein und beschlagnahmten sämtliche Computer sowie zahlreiche Festplatten, CD's und Dokumente. Ebenfalls durchsucht wurde die Wohngemeinschaft des Verantwortlichen der von der Gruppe betriebenen Internetdomains libertad.de und sooderso.de. Auch hier nahmen die Beamten sechs Computer sowie über hundert CD's mit.

Hintergrund ist eine Online-Demonstration, zu der die Initiative Libertad! am 20. Juni diesen Jahres aufgerufen hatte, um gegen Abschiebungen mit der Deutschen Lufthansa AG zu protestieren (näheres auch in TATblättern +169 und +167). Laut Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Frankfurt beteiligten sich am 20. Juni 13.614 Menschen an der Internet-Aktion. Weil der Lufthansa durch die über 1,2 Millionen Seitenaufrufe nicht näher ausgewiesener wirtschaftlicher Schaden entstanden sei, wertet die Polizei die Online-Aktion als "Nötigung" und die Erklärung, mit der 150 Menschenrechtsgruppen und Flüchtlingsräten zu dem Protest aufgerufen hatten, als "Anstiftung zu Straftaten".

Bei der Hausdurchsuchung entstand erheblicher Sachschaden. Im Frankfurter Dritte-Welt- Haus, in dem sich neben den Büroräumen von Libertad! auch Räume von amnesty international und zahlreicher anderer Initiativen befinden, wurden sämtliche Türen aufgebrochen. Obwohl der Betreiber von libertad.de die Beamten darauf hingewiesen hatte, wurde der Vorstand des Dritte-Welt-Hauses nicht informiert. Stattdessen zogen es die Beamten vor, die Eingangstür einzuschlagen. Entgegen dem Durchsuchungsbeschluss ließen sich die Beamten auch durch herbeigeeilte Vorstandsmitglieder nicht davon abbringen, die Räume der übrigen Initiativen ebenfalls zu durchsuchen.

Eine SprecherIn der Kampagne "Stopp Deportation Class", Anne Morell, die die Online-Demo in Köln auch ordnungsgemäß angemeldet hatte, spricht in einer ersten Stellungnahme davon, dass es "skandalös" wäre, dass "13 000 DemonstrantInnen zu Kriminellen gestempelt werden, während gleichzeitig ein Unternehmen, das aus Abschiebungen Profit schlägt, im Internet ihren Geschäften nachgehen kann". Die seit 1993 bestehende Initiative Libertad!, die sich für politische Gefangene einsetzt, sieht ihre Arbeit durch die Beschlagnahmung von zehn Computern und wichtiger Unterlagen naturgemäß stark beeinträchtigt. Auf der Homepage der Online-DemonstratInnen unterdessen ist ein Software-Bausatz für Online-Demonstrationen ins Netz gestellt worden. "Wir hoffen, dass eProtest im Zeitalter von eCommerce Schule macht", erklärte Anne Morell, "und wir rufen alle DemokratInnen und AbschiebegegnerInnen dazu auf, online und offline gegen diese kleingeistige Polizeistaatsmentalität zu protestieren."

Quelle: http://go.to/online-demo

aus TATblatt Nr. +176 vom 2. November 2001

 
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