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Neuigkeiten von der VolxTheaterKarawane, 12.11.2001

In den letzten beiden Monaten war von der VolxTheaterKarawane in der Öffentlichkeit wenig zu hören. Das lag nicht daran, dass wir untätig waren, sondern daran, dass wir andere Prioritäten hatten. Der Medienhype vom August war schnell wieder vorbei. Jetzt haben wir mehr Zeit für wesentlicheres: für Zeitungen und Initiativen, die immer noch Interesse zeigen von uns etwas zu hören oder die Interesse haben, mit Leuten vom VolxTheater zu diskutieren. Es ist jetzt schwer zu sagen: war der Grund für das Interesse der Medien und der Öffentlichkeit an der VolxTheaterKarawane sommerlochbedingt? War es chauvinistischer Reflex unter dem Motto - "die Italiener wollen uns unsere Leute wegnehmen"? Oder war es Interesse an den politischen Ausdrucksformen und Inhalten der Karawane?
Es ist anzunehmen, dass eher die beiden ersteren Fragen zutreffen. Eine breite Solikampagne und die mehrwöchigen Aktionen auf der Tour durch Europa trugen zur Bekanntheit bei. Doch um politische Inhalte scherten sich die Mainstream-Medien kaum, es ging vor allem um die Sensation, dass 25 Leute, darunter (das wurde meist betont um die Wichtigkeit dieser Feststellung hervorzuheben) 16 Österreicherinnen und Österreicher in Genua verhaftet wurden. Zuerst einmal war es Sensation - 16 ÖsterreicherInnen - da läßt sich schon einiges daraus machen. Dann kam das innenpolitische Sommerschauspiel der Außenministerin mit NebendarstellerInnen in österreichischen und italienischen Polizeidienststellen, die Informationen aus Polizeicomputern entweder nicht richtig deuten konnten, oder dies nicht wollten, oder alles falsch verstanden, oder aber sich erst nach Tagen von der Dubiosität der Informationen überzeugen ließen.

Bei den Leuten, Gruppen, MusikerInnen und Initiativen, die die VolxTheaterKarawane solidarisch und ohne dieses Wir-Gefühl-Musikantenstadl-Sommertheater unterstützten, bei denen wollen wir uns bedanken.

Wie bekannt wurden alle der in Genua verhafteten Mitglieder der Karawane aus Italien abgeschoben und mit einem Einreiseverbot belegt. Innerhalb der Berufungsfrist wurden Beschwerden gegen Deportation und Einreiseverbot eingebracht. Wie es zur Zeit aussieht, wird der Beschwerde in allen Fällen stattgegeben. Am 29. 10. wurde das Einreiseverbot für acht Leute aufgehoben und die Abschiebung als unzulässig erklärt. Es ist anzunehmen, dass das selbe auch für alle anderen gelten wird. Das heißt also, dass es den Ex-Gefangenen wieder erlaubt ist, nach Italien zu reisen ohne Gefahr zu laufen, bei der ersten Polizeikontrolle verhaftet zu werden.

Eine der in Genua verhafteten Karawanenmitglieder wollte im September nach
Australien fliegen. Sie hatte bereits alle erforderlichen Dokumente - Flugticket, Visum - beim Check-In am Flughafen Wien-Schwechat am Tag des Abflugs wurde ihr mitgeteilt, dass sie nicht das Flugzeug betreten dürfe - sie hätte Einreiseverbot in Australien. Bis jetzt ist noch immer nicht klar, worauf dieses Einreiseverbot gegründet war - vielleicht auf der Tatsache, dass sie in Genua als Teil der Karawane verhaftet worden war und dadurch in die Dateien irgendwelcher Polizeicomputer gerutscht ist. In der Zwischenzeit ist es ihr gelungen, ein gültiges Einreisevisum nach Australien zu erhalten.
Es ist offensichtlich, dass mit den im Sommer zum Teil neu angelegten Daten über die Gefangenen von Göteborg, Genua usw. reger Austausch zwischen Polizeibehörden auf der ganzen Welt betrieben wird. So wissen wir von einem weiteren Fall, wo der Betroffenen, allerdings nur mündlich, mitgeteilt wurde, dass sie nicht in das Land ihres gewünschten Reiseziels dürfe, da dort zum Zeitpunkt ihrer Reise ein Wirtschaftsgipfel stattfinden soll.

Bei der Festnahme am 22. Juli wurden auch alle Fahrzeuge, Computer, Handys, Kleidungsstücke, Theaterrequisiten etc. beschlagnahmt. Bis Ende Oktober wurden nur zwei Autos freigegeben. Das erste bereits Ende September, das zweite wurde am 26.10. in Genua abgeholt. In beiden Fällen wurde das Auto unmittelbar vor der Freigabe noch von italienischen Zivilpolizisten durchsucht und alle Kleidungstücke und Schuhe sowie alles auffindbare handschriftliche Material und sogar Uni-Unterlagen beschlagnahmt.
Am 6.11. erfuhren wir, dass nun auch die beiden restlichen Autos und der große Karawanenbus freigegeben wurden. Sie werden im Laufe dieser Woche aus Genua abgeholt. Nicht absehbar ist, was mit den anderen Dingen passiert.

Nach Angaben der italienischen Behörden dienen alle beschlagnahmten Gegenstände der Beweissicherung. Unser Eindruck ist, dass sie einfach nicht wissen, nach was sie suchen sollen und daher wahllos alle Kleidungsstücke einbehalten. Es ist nicht logisch nachvollziehbar, warum Theaterrequisiten, Computer etc. monatelang in einem Depot lagern müssen. Das sieht eher nach absolut chaotischer Organistation aus. Wo kein konkreter Anhaltspunkt für einen Tatvorwurf, da kann anscheinend auch nicht so leicht und schnell ein Vorwurf konstruiert werden.
Wir nehmen an, dass sich die Polizei die Option offenhält, irgendwelche Gegenstände im Bedarfsfall einfach aus dem beschlagnahmten Fundus zu nehmen und an die konstruierten Vorwürfe anzupassen.

Seit Ende September wurden Verwandte oder Familienangehörige von sechs Personen, die als Teil der Karawane in Genua verhaftet wurden, von österreichischen Polizisten entweder vorgeladen oder gleich direkt aufgesucht. In fünf dieser Fälle wurde den Verwandten ein Interpol-Foto der jeweiligen Person vorgelegt, das offensichtlich in der Nacht der Verhaftung in der Polizeistation San Giuliani gemacht wurde. Die Familienangehörigen wurden gefragt, ob die Person auf dem Foto mit den dazugehörigen Daten übereinstimmt. In keinem Fall wurde über den Zweck dieser Nachfrage Auskunft gegeben.
Ähnliches wurde auch aus Deutschland berichtet, wo ebenfalls Familienangehörige von Zivilpolizisten aufgesucht wurden und die jeweilige in Genua verhaftete Person über Fotos identifizieren sollten. Wozu diese Interpol-Fotos dienen ist bis jetzt nicht klar. Eine Theorie ist, dass mit diesen Fotos die europäischen Dateien missliebiger Personen aufgefüllt werden sollen. Die so genannten "schwarzen Listen" sind ja seit Salzburg und Genua hinlänglich bekannt.

Nach der Freilassung der Karawanen-Mitglieder haben wir erklärt, dass wir eine "Daten-Kampagne" beginnen wollen. Einerseits eine Kampagne, um die Daten- und Informationsflüsse zwischen Österreich und Italien aufzudecken, andererseits eine Kampagne, um zu ergründen, welche Informationen über Menschen in Österreich überhaupt gesammelt werden. Das Motto dazu ist: "Know your data - join the big data repo - Gegen Datenmißbrauch seitens der Behörden".
Die Karawane hat mit Hilfe der ARGE-Daten Formulare zusammengestellt mit deren Hilfe Daten, die über eineN in staatlichen Systemen gespeichert sind, bei Innenministerium, Bundespolizeidirektionen, Heeresabwehramt und Heeresnachrichtenamt erfragt werden können. Eine Anfrage im Jahr ist gratis. Um diesen individuellen Anfragen Kampagnencharakter zu geben ist der Stichtag, um den herum möglichst viele Menschen diese Anfragen einbringen mögen der 28. Dezember 2001. Die (wie wir bereits feststellen mussten) äußerst kreativen Ergebnisse dieser Datenanfragen können gemeinsam mit der ARGE-Daten bearbeitet werden, sprich: deren Löschung, bzw. Richtigstellung eingefordert werden.

Die Formulare werden auf unserer Homepage www.no-racism.net/nobordertour zum Herunterladen bereitgestellt und bei sich bietenden Gelegenheiten (Infotische, div. Veranstaltungen und im Karawanenbüro) erhältlich sein.
Durch die Verhaftung der VolxTheaterKarawane wurde öffentlich, dass die österreichischen Behörden große Mengen Datenmüll ansammeln, die im Bedarfsfall an andere Behörden (in unserem Fall die italienischen) weitergeleitet wird. Offensichtlich wurde, dass es den staatlichen DatensammlerInnen nicht um Aktualität und Richtigkeit bei ihrer Sammlerei geht, sondern darum, möglichst viele Informationen über so viele Personen wie möglich zu speichern und diese im Bedarfsfall gegen sie zu verwenden. Der Austausch von Daten ist aber kein "österreichisches Problem". Daten von politisch aktiven Menschen und MigrantInnen werden mittlerweile weltweit ausgetauscht und dienen der Anfertigung so gen. "schwarzer Listen".
Die Datenklau-Kampagne richtet sich prinzipiell gegen das Anlegen von Datenbanken über Personen. Eine Ebene dabei ist, die Behörden auf ihre Pflicht zu verweisen, gespeicherte Daten auch wieder zu entfernen bzw. zu aktualisieren, das heißt z.B. die Zurücklegung einer Anzeige im Akt zu vermerken und nicht nur die Anzeige im Akt zu lassen. Ein Bescheid des österreichischen Verfassungsgerichtshofes vom März 2001 besagt, dass "das Unterbleiben der Aktualisierung (der Daten, Anm.) über das weitere Schicksal der sicherheitspolizeilichen Erhebungen (...) die Unrichtigkeit der gespeicherten Daten zur Folge (hat). Über die Verpflichtung zur Aktualisierung der (...) gespeicherten Daten hinaus besteht aber (...) auch eine Verpflichtung der Sicherheitsbehörden zur Löschung der entgegen den Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes ermittelten und gespeicherten Daten." Kurz und nicht in Amtsdeutsch gesagt: Nach diesem Erkenntnis hätten die Sicherheitsbehörden die Verpflichtung, Daten, die für aktuelle Verfahren nicht mehr benötigt werden, veraltet oder unaktuell sind, zu löschen. Die Praxis sieht anders aus, wie das Beispiel VolxTheaterKarawane zeigt.

Eine weitere Ebene der Kampagne ist es, die Datenflüsse zwischen verschiedenen Staaten, im Karawanenfall zwischen Österreich und Italien zu ergründen und nachzuforschen, welche Informationen die Außenministerin Benita Ferrero-Waldner auf illegalem Weg aus dem Innenministerium erhalten hat. Bei einer Pressekonferenz mit dem italienischen Außenminister Ruggiero am 27. Juli 2001 sagte sie vor versammelter Presse, sie habe Informationen aus dem Innenministerium, dass einige der verhafteten ÖsterreicherInnen der gewaltbereiten Szene zuzuordnen seien und sich nicht wundern dürften, verhaftet zu werden. Die Datenflüsse von Österreich nach Italien haben schlussendlich zur Verhaftung der 25 Karawanen-Leute geführt. Die Namen von vier Leuten befanden sich auf einer dieser ominösen "schwarzen Listen". Diese vier hätten eigentlich Einreiseverbot gehabt, drei erfuhren davon aber erst nach der Verhaftung. Die Informationen die zu diesem Einreiseverbot geführt haben können nur aus dem österreichischen Innenministerium stammen. Das heißt, dass das österreichische Innenministerium in letzter Konsequenz für die Verhaftung der VolxTheaterKarawane verantwortlich ist.

Während der Festnahmeprozedur in der Nacht von 22. auf den 23. Juli wurden die Leute von der VolxTheaterKarawane physisch und psychisch misshandelt, die Frauen sexuell belästigt. Gemeinsam mit den italienischen AnwältInnen werden zur Zeit Beschwerden oder Klagen gegen den Polizeieinsatz überlegt. Übergriffe seitens der Polizei waren in und nach Genua einige Zeit Thema in den Medien. Mensch hört jetzt nur mehr wenig davon. Die Vorfälle in der Scuola Diaz, die von Polizeieinheiten gestürmt wurde und wo ca. 70 Personen zum Teil schwer verletzt wurden, sind in Italien noch immer Gegenstand von Untersuchungen. Die verschiedenen Einsatzgruppen der Polizei widersprechen sich nach wie vor, niemand will für die Übergriffe verantwortlich sein. In der Polizeistation San Giuliani, in der die Mitglieder der VolxTheaterKarawane misshandelt wurden, hielt sich während der Demonstrationen zum G8-Gipfel der Chef der rechten Allenanza Nationale Gianfranco Fini auf. Nach wie vor ist unklar, inwieweit italienische PolitikerInnen an den Ausschreitungen der Polizei verantwortlich waren.

In einigen österreichischen Zeitungen wurden während des Gefängnisaufenthalts der Karawane Namen und persönliche Daten von einigen VolxTheater-Leuten veröffentlicht. In diesem Fall werden drei Leuten medienrechtliche Klagen wegen Verletzung des Identitätsschutzes einbringen.

Einige Leute mußten beispielsweise auch ihre Bankomatkarten in Genua zurücklassen da sie Teil ihres Gepäcks waren. Einer von der Karawane bekam Ende September Kontoauszüge, auf denen für September 2001 Abhebungen von ca. öS 20.000,-- mittels Bankomatkarte vermerkt waren. In einem Zeitraum also, in der er keinen Zugriff auf seine Bankomatkarte hatte - sie war und ist Teil der beschlagnahmten Gegenstände. Die Abhebungen von seinem Konto wurden in Italien durchgeführt. Offensichtlich bedienten sich italienische Polizisten an den persönlichen Konten von ehemaligen Verhafteten. Nach Interventionen wurde das Konto gesperrt und Untersuchungen eingeleitet. Die betreffende Person vom VolxTheater hat das Geld mittlerweile von der österreichischen Bank zurückbekommen. Es ist zur Zeit noch nicht absehbar, wer vom Konto abgehoben hat und ob diese Person schlußendlich auch dafür belangt werden kann.

Wie sieht's nun mit einem etwaigen Prozeß gegen die VolxTheaterKarawane in Italien aus? Darüber können wir nur spekulieren. Es ist absolut nicht absehbar, ob es zu einem Indizienprozeß kommen wird. Einerseits meinen vor allem Leute aus Italien, dass es mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem Gerichtsverfahren kommen wird. Das deswegen, weil Italien eben eine bestimmte politische Geschichte hat. Ende der siebziger und in de achtziger Jahren wurden viele politische Prozesse gegen linke Gruppen und Personen durchgeführt, die allein auf Indizien aufgebaut waren. Es kam auch zu vielen Verurteilungen. Der Hauptvorwurf "Bildung einer krimineller Vereinigung", der auch gegen die VolxTheaterKarawane angewandt werden soll, wurde dazu benutzt, Leute zu kriminalisieren, für Jahre einzusperren und politische Gruppen zu zerschlagen. In den 90ern wurden Leute mit untergeschobenen Beweisen, den Aussagen von KronzeugInnen und allein aufgrund von Indizien zu einer von den Carabineri erfundenen "Kriminellen Vereinigung" erklärt. Nach Genua liegen nicht nur gegen die VolxTheaterKarawane konstruierte Vorwürfe vor, ähnliche Anschuldigungen werden auch gegen Personen aus Deutschland und die tutte bianche in Italien geschmiedet. Auf jeden Fall brauchen wir noch jede Menge ÜbersetzterInnen, die uns bei der sehr schwierigen juristischen Kommunikation mit Italien helfen können.
Die Sache ist noch nicht ausgestanden: Die haltlosen Vorwürfe müssen auch offiziell und juristisch endlich fallengelassen werden!

Die VolxTheaterKarawane war auf Tour als Teil des internationalen noborder-Netzwerks (www.noborder.org). Für Mitte Oktober wurde von diesem Netzwerk zu internationalen noborder-Aktionstagen aufgerufen. Am 13. Oktober fand in Frankfurt eine Aktion von "Kein Mensch ist illegal" statt. Ein Kleinbus mit der täuschend echten Aufschrift "Lufttransa Deportation Class" fuhr am Flughafen Frankfurt vor, Informationen über die deutsche Abschiebepolitik und die Beteiligung der Lufthansa wurden verteilt. In Paris fand am 12. Oktober eine Kundgebung vor einem geplanten Schubgefängnis in Palaiseau statt. Ca. 80 Personen beteiligten sich daran. Am 13. Oktober veranstaltete das Collectif Anti-Expulsions eine Kundgebung auf dem Pariser Bahnhof Gare du Nord. Die Demo richtete sich gegen die verschärften Aufenthaltsbedingungen im Lager Sangatte, einem Flüchtlingslager nahe des Eurotunnels bei Calais. Viele Flüchtlinge versuchen durch diesen Tunnel nach Großbritannien zu gelangen. In letzter Zeit wurde die Repression immer mehr verstärkt, britische und französische PolizistInnen patroullieren gemeinsam, um Flüchtlinge aufzugreifen. In Sete/Frankreich beteiligten sich 30 Personen an einer Kundgebung vor dem dortigen Abschiebegefängnis. Danach führte eine Demonstration zum Hafen zu einem marokkanischen Fährunternehmen, das Schubhäftlinge nach Marokko transportiert. In Madrid wurde am 13. Oktober eine Straßentheateraktion gegen Abschiebungen durchgeführt. In Malaga fand am 19. Oktober eine Demonstration vor einem Abschiebegefängnis statt. In Linz versammelten sich am 13.10. ca. 40 Leute zu einer Demo zum Bundesasylamt und zum Abschiebegefängnis. Auch in Salzburg gabs eine noborder-Demo. In Wien beteiligten sich am 13.10. ca. 200 Leute an einer Demonstration zu den beiden Wiener Schubgefängnissen. Die Demo war auch eine Anti-Kriegs-Kundgebung. Leute vom VolxTheater nahmen mit einer Straßentheateraktion teil.

Innerhalb des noborder-Netzwerks werden zur Zeit Aktionen für nächstes Jahr diskutiert. Es gibt Pläne, nächsten Sommer (voraussichtlich Anfang Juli 2002) ein Camp in Straßburg zu organisieren. Straßburg ist nicht nur Sitz des Europäischen Parlaments und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, sondern auch Sitz des Schengen Informationssystems. Die Entscheidung, ob es ein Camp in Straßburg geben wird, soll noch Ende dieses Jahres fallen.
Die Deportation-Class Kampagnen (Aktionen gegen Abschiebefluglinien) sollen weitergeführt und verstärkt werden. Es gibt ja schon einige durchaus erfolgreiche Kampagnen gegen Flugunternehmen, die im Abschiebebusiness mitspielen. So kam die deutsche Lufthansa durch verschiedene Aktionen ins Gespräch. Lufthansa führt pro Jahr ca. 10.000 Abschiebungen durch. Auch die Kampagne gegen eine Tochtergesellschaft der holländischen KLM - Martin Air - war erfolgreich. Kurz nach dem Start der Kampagne stellte sie die Beteiligung an Abschiebungen ein. Der Imageschaden wäre zu groß gewesen. Weitere Kampagnen laufen gegen die spanische Iberia, die British Airways und die rumänische Tarom. Auch die österreichischen Fluglinien Austrian Airlines, Lauda Air und Tyrolean Airways mischen im Abschiebebusiness mit. Jedoch nur in sehr geringem Ausmaß. Nicht aus Zurückhaltung und Menschenliebe etwa sondern einfach aus unternehmenstechnischen Gründen: Sie fliegen zu wenig "relevante Destinationen" an.
Auf www.no-racism.net/deportatiNO sind Aktionen zur Verhinderung von Deportationen und zu diversen Grenzcamps dokumentiert. Darüberhinaus thematisiert deportation.class die aktive Beteiligung von Fluggesellschaften und anderen Transportunternehmen an Deportationen. So ist dort zB eine von Tyrolean Airways durchgeführte Deportation dokumentiert und es finden sich zahlreiche Hintergrundinformationen zum Geschäft mit der Abschiebung.

In Österreich werden Abschiebungen am so genannten freien Markt ausgeschrieben. Diejenigen Fluglinien, die abschiebebereit sind und die richtigen Zielflughäfen anfliegen, werden vom Innenministerium dafür eingesetzt. Zwischen Innenministerium und Fluglinien zwischengeschaltet ist das Reisebüro Touropa Austria. Dieses Reisebüro unterhält mit dem österreichischen Innenministerium einen Generalvertrag für die Buchung von Abschiebeflügen. Der Internationale Flugrettungsdienst Austria (IFRA) ist ebenfalls am Geschäft mit Abschiebungen beteiligt. Er ist zuständig für so genannte "Problemabschiebungen". Am 27. Oktober 2001 wurden drei Schubhäftlinge mit einem Charterflug des Internationalen Flugrettungsdienst nach Nigeria geflogen. Einer von ihnen war Anthony Onyeij. Er war 1999 im Zuge der "Operation Spring" verhaftet und nach 13 Monaten Untersuchungshaft freigesprochen worden. Danach wurde er in Schubhaft gesteckt. Ein erster Abschiebungsversuch per KLM am 4. Dezember 2000 konnte verhindert werden.
Anthony wurde aber aufgrund des Widerstandes in U-Haft überstellt und schließlich am 27.10.2001 abgeschoben.

 

aus TATblatt Nr. +177 vom 15. November 2001

 
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