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"Zur Zeit" lud ein

Anfang November gab es Gelegenheit für die rechtsextreme Wochenzeitung "Zur Zeit" ihr vierjähriges Bestehen zu feiern. Das von FP-Bundesrat John Gudenus und Andreas Mölzer, dem ehemaligen Kulturberater Jörg Haiders in Kärnten, herausgegebene Blatt lud zu dieser Gelegenheit ins Seminarhotel Burg Kranichberg bei Gloggnitz zu einer Tagung über "Europas Rechte und die Medien".

Das recht verschwörerisch angekündigte rechtsextreme Stelldichein sollte mit der halböffentlichen Tagung beginnen und in einem kleinen, auf 30 Personen beschränkten "Abendessen im vertraulichen Kreis" ausklingen. Wer zu diesem Dinner kommen wollte, musste dafür auch kräftig in die Tasche langen und eine stille Beteiligung an dem Heftchen eingehen. Dafür gibt es dann Tischgespräche mit den Referenten des Nachmittags. Das sind nicht nur die FPÖ-Landtagsklubchefin Barbara Rosenkranz und der Herausgeber Mölzer selbst, sondern auch der rechte Historiker Lothar Höbelt mit einem Vortrag "Europas Rechte als Medienereignis".

In seiner Rede halluzinierte Lothar Höbelt dann auch wiedereinmal von einem seiner Lieblingsthemen: der "political correctness". Die dominante Strömung des Marxismus sei über Nacht verschwunden und die Rote Armee stehe jetzt 1.000 Kilometer weiter im Osten, analysierte der FP-Parteigeschichtsschreiber. Ein "Ruck nach Rechts" wäre in der realen Politik die Folge gewesen. In der veröffentlichten Meinung spiegle sich das aber nicht wieder. Hier hätte es eher einen Schub nach links gegeben, gemeinsam mit dem Aufkommen des Begriffs der "Political Correctness". Veränderungen würden sich aber darauf beschränken, dass man jetzt nicht mehr davon spreche, "das Los der Neger zu verbessern", sondern dass man jetzt nicht mehr "Neger" sage. Man könne den Leuten zwar kurzfristig ein X für ein U vormachen, langfristig funktioniere das aber nicht, so die Diagnose Höbelts.

Auch Neo-Volksanwalt Stadler ließ sich die Gelegenheit übrigens nicht entgehen, sein schmissiges Gesicht wieder einmal Blicken zu lassen. Geheim gehalten wurden auch Titel und Inhalt der weiteren Referate, die von bekannten Exponenten des europäischen rechten Lagers kommen: Bruno Mégret (der Le Pens Front National in die Mouvement National Republicain in die Bedeutungslosigkeit gespalten hat), Heinrich Lummer (der in seiner Funktion als CDU-Innensenator im Berlin der Achtzigerjahre die HausbesetzerInnenszene auseinander prügeln ließ), Filp Dewinter (vom rechtsradikalen Vlaams Blok), Istvan Csurka (von der "Wahrheits- und Lebenspartei" aus Ungarn) und der deutsche Nationalpazifist Alfred Mechtersheimer. Nicht bekannt ist, ob der eingeladene neue Hamburger Innensenator, der als "Richter Gnadenlos" bekannte Ronald Schill, der rechten Versammlung die Ehre gab.

Gemeinsam sei den TeilnehmerInnen laut SP-Geschäftsführerin Kunzel jedenfalls der Glaube an die "jüdische Weltverschwörung". Und dies sei "offensichtlich auch das Umfeld, in dem sich weite Teil der FPÖ wohlfühlen und in dem auch der Kärntner Landeshauptmann Applaus erntet, wenn er über die 'Ostküste' wettert".

aus TATblatt Nr. +177 vom 15. November 2001

 
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