tatblatt.net    

Verbrecherische Wehrmacht

Am Samstag, dem 1. Dezember, durften einige tausend Neonazis durch Berlin marschieren. Anlass dafür war die Wiedereröffnung der neu überarbeiteten Wehrmachtsausstellung. Die Bilanz dieses Samstages: einer der größten Nazi-Aufmärsche seit 1945, ein beschädigter Lautsprecherwagen, vier demolierte Polizeiautos, brennende Barrikaden, Steinwürfe auf die Polizei, eingeschlagene Scheiben, 30 Festnahmen und zahlreiche verärgerte AnwohnerInnen. Die Polizei ist zufrieden. Vor der Synagoge sieht es aus wie auf einem Schlachtfeld.

Mit 3.000 TeilnehmerInnen war die Nazi-Demo die größte, die es seit 1945 in Berlin gegeben hat. Nur in München gingen vor knapp vier Jahren noch mehr "VolksgenossInnen" auf die Straße. Damals hatte jedoch auch ein breites Bündnis aus Alt- und Neonazis unter Beteiligung der Regierungspartei CSU für "Ruhm und Ehre des deutschen Soldaten" und gegen die Wehrmachtsausstellung auf die Straße mobilisiert.

Die nunmehrige Demoroute der Nazis in Berlin sollte ursprünglich durch ein ehemals jüdisches Viertel in Berlin Mitte verlaufen, wurde dann aber nach heftigen Protesten im Vorfeld der Demonstration doch noch von der Berliner Innenverwaltung leicht abgeändert. Nicht weit genug jedoch um zu verhindern, dass die Nazis nur einige Meter von der Berliner Synagoge in der Oranienburgerstraße entfernt vorbeiziehen konnten, oder aber die Polizei daran hindern hätte können, eine Straßenschlacht vor der Neuen Synagoge zu provozieren: "NPD-Demonstration - Zusammentreffen mit Gegendemonstranten verhindert", um es im Wortlaut der späteren Bilanz der Einsatzleitung wiederzugeben.

Der Platz vor der Synagoge bot nach dem Polizeieinsatz zur Gewährung der Demonstrationsfreiheit der Nazis jedenfalls ein Bild der Verwüstung. Eine von der jüdischen Gemeinde angekündigte Sitzblockade gegen den Aufmarsch der Neonazis ging in der Straßenschlacht mit Tränengas- und Wassereinsatz direkt vor der Synagoge unter und wurde im Zuge des Geschehens nebenbei gewaltsam geräumt.

Rund 10.000 GegendemonstrantInnen, darunter vom Gottesdienst kommende Mitglieder der jüdischen Gemeinde, AnhängerInnen von PDS und Grünen und Mitglieder des Deutschen Gewerkschaftsbundes waren gekommen, um ihren Unmut gegen den Nazi-Terror zu bekunden. Darunter auch eine Gruppe von rund 3.000 antifaschistischen AktivistInnen, deren erklärtes Ziel darüber hinaus war, den Aufmarsch zu verhindern, was auf Grund des "erfolgreichen" Polizeieinsatzes schlussendlich nicht gelungen ist. Ein Ergebnis, das der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Andreas Nachama, wütend kommentierte: "Es ist inakzeptabel, wenn die Gegendemonstranten als die Bösen dargestellt werden, während die Parolenbrüller nun die Artigen und Guten sind."

aus TATblatt Nr. +179 vom 14. Dezember 2001

 
>>TATblatt-Inhaltsverzeichnis

©TATblatt, 2001
Alle Rechte vorbehalten
Nachdruck, auch auszugsweise, nur in linken alternativen Medien ohne weiteres gestattet (Quellenangabe und Belegexemplar erbeten)!
In allen anderen Fällen Nachdruck nur mit Genehmigung der Medieninhaberin (siehe Impressum)