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"Zur Zeit" und "Menschenhatz"

"Zur Zeit"-Chefredakteur und Mitherausgeber Andreas Mölzer stilisiert sich gerne als Opfer tugendterroristischer Verfolgung. So schreibt er in einem Brief an AbonnentInnen: "Ultralinke Pseudo-Antifaschisten, die Gralshüter der political Correctness aus der Gutmenschenszene und die Jagdgesellschaft, die wir aus den Kampagnen gegen Kurt Waldheim, gegen Jörg Haider, gegen Kurt Krenn und ähnliche 'Missliebige' kennen, haben sich auf uns eingeschossen." Mölzer räumt zwar ein, dass "Zur Zeit" "den einen oder anderen persönlichen Freund, Leser und Sympathisanten bis hinein in die Bundesregierung" hat, dennoch fühlt man sich immer noch dem "Druck" der "Gegner" ausgesetzt. Etwa in Form von Anzeigen und Klagen: Neben dem Prozess gegen "Zur Zeit"-Autor Gamlich (siehe: NS-Verbotsgesetzprozess gegen Gamlich) hat das Blatt auch eine Klage gegen den Journalisten Karl Pfeifer angestrebt und nunmehr – vorerst – recht bekommen.

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"Der Fall charakterisiert die Richtung, in die dieser Staat geht", kommentierte der Journalist Karl Pfeifer das Urteil des Oberlandesgerichts Wien, das ihm in der vergangenen Woche zugestellt worden war. Die Richterin Doris Trieb stellt darin fest, dass es sich ein Journalist, der einen rechtsextremen Professor kritisiert, gefallen lassen muss, als Menschenhetzer und Mörder bezeichnet zu werden. Die Behauptung, der "jüdische Journalist Karl Pfeifer" habe eine "Menschenhatz eröffnet (...), die bis zum Tod des Gehetzten gehen sollte", sei eine "zulässige Wertung", so die Urteilsbegründung.

Mit diesen Worten hatte "Zur Zeit" im Juni des vergangenen Jahres Pfeifer, einen ehemaligen Redakteur der "Gemeinde", dem Organ der Israelitischen Kultusgemeinde, denunziert. Anlass war der Selbstmord des zuletzt an der Fachhochschule in Münster tätigen österreichischen Politologen Werner Pfeifenberger.

FPÖ-Jahrbuch

Der Journalist Pfeifer hatte im Februar 1995 in einer Rezension für die "Gemeinde" den Beitrag Pfeifenbergers im FPÖ-Jahrbuch 1995 als "alte Mär von der jüdischen Weltverschwörung" in "Nazi-Diktion" bezeichnet. Der Politologe Pfeifenberger hatte unter anderem geschrieben: "Dieser Krieg brach nicht im September 1939 aus und endete nicht im Mai 1945. (...) Die Hasstiraden der Verleumdungskampagne gegen Kurt Waldheim sollten noch einmal jedermann deutlich vor Augen führen, dass dieser Weltkrieg noch lange nicht ausgestanden ist." Die Ausfälle gipfelten in der Behauptung, "dass 'Judea' (...) kurz nach Amtsantritt der nationalsozialistischen Regierung, nicht nur dieser, sondern ganz Deutschland den Krieg erklärte."

Pfeifenberger, der auch in der Redaktion der rechtsextremen österreichischen Burschenschaftszeitung Aula und in dem im ultrarechten Sektenmilieu angesiedelten Verein zur Förderung der Psychologischen Menschenkenntnis (VPM) tätig war, wollte sich nicht in die Nähe des NS-Gedankenguts rücken lassen und klagte wegen übler Nachrede. Die Klage wurde bis 1998 in allen Instanzen abgewiesen und Pfeifers Kritik als zulässig bewertet.

1997 entband die Fachhochschule Münster den rechten Professor nach langen Auseinandersetzungen von seiner Lehrtätigkeit. Außerdem ermittelte die österreichische Justiz gegen ihn wegen des Verstoßes gegen das NS-Verbotsgesetz. Zur Verhandlung kam es allerdings nicht mehr, da Pfeifenberger vorher Selbstmord verübte.

OGH Urteil: "Zulässige Wertung"

Kurz darauf erschien in "Zur Zeit" der Artikel gegen Karl Pfeifer und andere AntifaschistInnen, die für das Ableben des Wissenschaftlers verantwortlich gemacht wurden. Pfeifer verklagte daraufhin den Chefredakteur Andreas Mölzer. Im März 2001 bekam der Journalist zunächst Recht, Mölzer und "Zur Zeit" wurden zur Zahlung einer Entschädigung von ca. 45.000 ÖS verurteilt.

Dieses Urteil wurde in der vergangenen Woche vom Oberlandesgericht Wien aufgehoben. Karl Pfeifer will in Anbetracht des neuen Urteils in Revision gehen.

Quellen: DÖW, Jungle World

aus TATblatt Nr. +179 vom 14. Dezember 2001

 
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