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Spiegelgrund: Begräbnis der Opfer

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Nachdem nunmehr das Verfahren gegen den an der Tötung der Kinder vom Spiegelgrund (Am Steinhof bzw. Baumgartner Höhe in Wien) während der Nazizeit beteiligten Gerichtspsychiater Heinrich Gross wegen dessen gesundheitlichen Zustands endgültig abgewürgt ist, können nach vielem hin und her die Reste der ermordeten Kinder, deren in Einsiedgläser eingelegte Gehirne, bestattet werden. Zuvor galt es jedoch noch einige Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

Da stellte sich die Frage nach dem Ort der Gedenkstätte. Bestattet werden die Kinder am 28. April in einem Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof. Doch war von Seiten der Angehörigen der Opfer stets Bedingung, daß auch auf der Baumgartner Höhe, dem Ort ihrer Ermordung, ein Denkmal Platz haben müsse. Dieser Meinung war die Anstaltsleitung jedoch zunächst nicht, das Denkmal sollte außerhalb des Geländes sein. Daraufhin plante die Bezirksvorstehung des 14. Bezirks das Denkmal hinter der derzeitigen Bushaltestelle aufzustellen und die Haltestelle zu verlegen. Doch bevor dieser erneute Affront gegen die Angehörigen breitgetreten wurde, griff das Rathaus ein und entzog dem Leiter der Baumgartner Höhe, Prof. Gabriel, dessen Vater unter den Nazis am Spiegelgrund gearbeitet hatte, die Entscheidung. Das Denkmal kommt nun auf das Anstaltsgelände, an deutlich sichtbarer Stelle.

Ähnlich gewunden erfolgte auch die Entscheidung des Bundes Sozialistischer Akademiker, BSA, der SPÖ, die Geschichte des BSA nach 1945 aufzuarbeiten. Der BSA war eine Kaderschmiede der SPÖ bei der Integration von ehemaligen Nazis. Im Volksmund wurde der BSA deshalb auch Bund der SA genannt. Präsident des BSA ist derzeit der ehemalige Wiener Gesundheitsstadtrat Rieder, bis zum vorigen Jahr politisch zuständig für die Baumgartner Höhe, der auch seine eigene Geschichte aufarbeiten kann. Rieder war lange Jahre Funktionär des BSA und führender Mitarbeiter von Justizminister Broda, unter dessen Regie in den 70er Jahren sämtliche ausstehenden Verfahren wegen NS-Verbrechen eingestellt wurden. In der Ära von Broda erreichte auch Gross den Zenit seines Erfolges, ausgezeichnet mit Orden der Republik Österreich. Die Entscheidung von Rieder zur Vergabe einer Studie über die Vergangenheit des BSA stieß intern auf heftigen Widerstand, da dafür die Archive geöffnet werden müssen. Noch 2001 hatte die Vizepräsidentin des BSA, Pittermann-Höcker, gemeint, daß eine Öffnung der Archive des BSA "frühestens in 50 Jahren" anstünde.

aus TATblatt Nr. +181 vom 2.Februar 2002

 
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