Laut einem Bericht des Europarats haben Abschiebungen aus europäischen Ländern in den vergangenen zehn Jahren mindestens einem Dutzend Menschen das Leben gekostet, wobei die Vorfälle sich gerade in den letzten beiden Jahren gehäuft haben. Zehn der Opfer starben nach Mitte 1998; Deutschland (4 Tote), Belgien (2), Schweiz (2), Österreich, Frankreich, Italien, und Großbritannien (je1). Besonders kritisiert werden in dem Bericht Praktiken, bei denen die Atemwege teilweise oder vollständig verlegt werden, Knebelung mit Klebeband, die Verwendung von Gift- oder Reizgas, Verabreichung von Beruhigungsmitteln gegen den Willen des Betroffenen, jede Form der Fesselung außer mit Handschellen an den Handgelenken sowie das Tragen von Masken oder Kapuzen durch begleitende Beamte. Bei den Übergriffen durch Exekutivbeamte kann keinesfalls von Einzelfällen gesprochen werden, so der Bericht. In einem Beschluss der Parlamentarischen Versammlung des Europarates wird ein grundsätzliches Verbot von willkürlicher und unverhältnismäßiger Gewaltanwendung bei Abschiebungen gefordert. Zu einem Verbot von Zwangsabschiebungen konnten sich die Mitgliedsstaaten freilich nicht durchringen.
Eine Gruppe von fünf Flüchtlingen versuchte den Grenzfluss March am 24. Jänner zu durchqueren, um nach Österreich zu gelangen. Ein Mann ertrank dabei, ein weiterer konnte in letzter Sekunde geborgen werden, zwei weitere erlitten eine Unterkühlung und einen Schock und mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Mitte Juni letzten Jahres ertranken 17 InderInnen beim Versuch die hochwasserführende March von der Slowakei nach Tschechien zu durchqueren.
Zum wiederholten Male ist die österreichische Flüchtlingsbetreuung Ziel von Kritik des UNHCR. Die Zustände in der Bundesbetreuung wurden dabei wörtlich als "katastrophal" bezeichnet. Anlass für die Kritik des UNHCR war der Umstand, dass am 22. Jänner 50 Flüchtlinge keinen Platz im Flüchtlingslager Traiskirchen fanden und nur vorübergehend in einer Notunterkunft des Evangelischen Flüchtlingsdienstes fanden, bevor sie wieder auf der Straße landeten.
Die neue dänische Regierung hat ihre Ankündigung wahr gemacht und NichtdänInnen betreffende Gesetze drastisch verschärft. "Wir haben versprochen, den Zuzug von Ausländern markant einzuschränken. Jetzt übertreffen wir dies noch", verlautbarte Bertel Haarder, der eigens ernannte Minister für Flüchtlinge, Einwanderung und Integration. Wäre es nach der Parteichefin der rechtsextremen Dänischen Volkspartei Pia Kjärsgaard gegangen, die mit den Maßnahmen hoch zufrieden ist, trüge Haarder die Berufsbezeichnung "Heimsendeminister". Die Dänische Volkspartei hat bei den Wahlen stark gewonnen und ist jetzt drittstärkste Partei im dänischen Parlament. Die Regierungskoalition kann und wird sich bei der Abstimmung über die neuen Gesetze auf die Stimmen der rechtsextremen Abgeordneten stützen. Minister Haarder meint durch seine Maßnahmen tausende MigrantInnen und AsylwerberInnen von Dänemark abhalten zu können. ExpertInnen widersprechen ihm dabei durch die Bank.
Im neuen Gesetz sollen die Möglichkeiten der Familienzusammenführung mehr oder weniger abgeschafft und die Gründe für Asylgewährung eingeschränkt werden. Asylverfahren sollen weiter verkürzt werden. Eine permanente Aufenthaltsbewilligung erhalten MigrantInnen erst nach sieben statt wie bisher drei Jahren und die Sozialleistungen werden radikal gekürzt. Wenn dänische StaatsbürgerInnen BürgerInnen anderer Staaten heiraten wollen, müssen sie künftig ebenso wie der/die PartnerIn zumindest 24 Jahre alt sein, zusätzlich müssen diese eine Kreditgarantie von mindestens 6800 Euro vorweisen können.
Laut einer Umfrage der dänischen Zeitung "Jyllands-Posten" ist die Mehrheit der DänInnen mit den geplanten Gesetzesänderungen zufrieden. 68 Prozent finden die Altersregelung für Heiratswillige begrüßenswert, die Einschränkungen bzw. Aufhebung der Möglichkeit der Familienzusammenführung sehen 55 Prozent positiv. Alleine die drastische Kürzung der Sozialleistungen lehnt bei einer Zustimmung von 41 Prozent eine Mehrheit von 50 Prozent ab. Der Anteil der nichtdänischen StaatsbürgerInnen beträgt in Dänemark 7,5 Prozent, vernachlässigt man Angehörige anderer skandinavischer Staaten sinkt der Anteil auf fünf Prozent.
Protestaktionen gegen die Gesetzesänderungen waren bzw. sind so es sie gab oder gibt so unauffällig, dass sie in den Nachrichtenagenturen keinen Widerhall fanden. In einigen Meldungen wird sogar mit Verwunderung festgestellt, dass es keinerlei Demonstrationen gibt. Von den ebenfalls angekündigten Integrationsmaßnahmen der Regierung ist übrigens nicht viel zu sehen, was aber vielleicht (mit Blick auf Österreich) ohnedies besser ist.
Die Chronologie "Rassistische Vorfälle in der Schweiz" registriert für 2001 vorläufig 117 Vorfälle. Die von der Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz und von der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus jährlich herausgegebene Chronologie befasst sich in der Ausgabe 2001 schwerpunktmäßig mit dem Thema Einbürgerungen. In diesem Punkt ist die Gefahr dort besonders groß, wo die Bevölkerung an der Urne oder bei Versammlungen über Einbürgerungen entscheidet. Auch die geltenden Einbürgerungsordnung beeinträchtigen oft die Grundrechte der Antragstellenden. Erfasst werden unter anderem verbale Angriffe, rassistische Schriften, rechtsextreme Aufmärsche, Sachbeschädigungen, Angriffe auf die körperliche Integrität, oder Einbürgerungsverweigerungen.
Die Wiener-SPÖ hat sich nun endlich entschlossen im Rahmen einer Wahlrechtsänderung in Wien u. a. auch das Wahlrecht für Menschen, die keine StaatsbürgerInnenschaft eines EU-Staates haben, einführen. Ein Recht, das in vielen europäischen Großstädten seit Jahrzehnten existiert. Die Wiener ÖVP, die den Ruf hat, zum liberalen Flügel der Partei zu gehören, lehnt diese Forderung entschieden ab und droht "heftigen Widerstand" an. Sie fürchtet "Stellvertreterwahlkämpfe ausländischer Gruppierungen" und sieht ebenso wie die FPÖ die Gefahr einer "Aushöhlung der Staatsbürgerschaft".
T., ein Kurde aus der Türkei, kam 1991 mit einem Visum nach Österreich. Er kehrte nicht mehr zurück, nachdem er erfahren hatte, dass er in der Türkei vom türkischen Militär gesucht wurde. T. hatte in der Türkei an Versammlungen einer linken Organisation teilgenommen. 1992 kamen Ts. Frau und vier seiner fünf Kinder nach Österreich und stellte einen Asylantrag. Frau T. war in der Türkei wegen ihres Mannes verhört und geschlagen worden. Herr T. stellte 1993 einen Asylantrag nachdem sein Visum abgelaufen war. Sein Antrag wurde in zweiter Instanz abgelehnt, weil er laut Bescheid als "Sympathisant einer politischen und dem bewaffneten Kampf verschriebenen Gruppierung" verfolgt werde - dies sei "eine legitime strafrechtliche Verfolgung". Zwei abgelehnten Anträgen folgte zwei vom Verwaltungsgerichtshof aufgehobene Bescheide. 1995 musste Herr T. sogar kurzfristig in Schubhaft. 1999 meinte der Bundesasylsenat die Verfolgung wegen der Teilnahme an den politischen Veranstaltungen sein nicht mehr aktuell. "Asyl in Not" machte daraufhin die Gruppenverfolgung der KurdInnen in der Türkei geltend. Die daraufhin folgende Untersuchung dauerte wiederum zwei Jahre und bestätigte die Verfolgung der KurdInnen in Ts. Herkunftsregion. Für eine Asylgewährung sei das aber nicht ausreichend. (Was so nebenbei die Frage aufwirft, welchen Sinn die Untersuchung hatte.) Bei einer weiteren Verhandlung vor dem UBAS bestätigte eine Zeuge, dass die türkische Botschaft über die andauernde politische Betätigung Ts informiert ist und ein Sachverständiger sagte aus, dass Herrn T. bei seiner Rückkehr in die Türkei Verhaftung und Folter drohe. Daraufhin gab es den positiven Bescheid. Das Herrn T. gewährte Asyl wird auf Frau T. und die noch minderjährigen Kinder zu erstrecken sein. (Asyl in Not)
Das Innenministerium hat die Asylstatistik 2001 vorgelegt. Danach soll die Anerkennungsquote 23,4 Prozent betragen: 1114 positive Bescheide stehen 3642 negativen gegenüber. Insgesamt wurden jedoch laut Statistik 25.997 Fälle "rechtskräftig erledigt". Außer den positiv und negativ "erledigten" Fällen gibt es also "sonstige" Erledigungen. 193 Anträge wurden wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und gehören also eigentlich zu den negativen "Erledigungen". 1459 Asylanträge wurden zurückgezogen. Das sind Flüchtlinge, die ihren Aufenthalt anders regeln konnten, meist durch Heirat mit einem Österreicher oder einer Österreicherin; manchen Auserwählten wurde auch (vorausgesetzt, sie hatten während einem jahrelangen Asylverfahren das seltene Glück, legale Arbeit zu finden) der ministerielle Gnadenakt einer "humanitären Aufenthaltserlaubnis" zuteil. 14.436 Verfahren wurden eingestellt. Die AntragstellerInnen sind nicht mehr da. Sie haben es nicht ausgehalten in unserem gastfreundlichen Land. zermürbt durch behördliche Schikanen, ohne Bundesbetreuung, ohne Versicherung, ohne Arbeit, ohne Sozialleistungen, oft nach monatelanger Schubhaft auf die Straße gestellt, sind sie weitergezogen. 5.153 Asylanträge wurden als "gegenstandslos abgelegt". Das sind die Afghanen im Iran und in Pakistan, auf der Flucht vor dem Krieg und dem Terror der Taliban; sie hatten versucht, den legalen Weg zu gehen, hatten Asylanträge gestellt bei den österreichischen Botschaften in Teheran und Islamabad - vergebliche Mühe!
Herr Taucher, der Leiter des Bundesasylamts, der vorher schon als Chefjurist der Caritas die Selektion der Flüchtlinge in "gute" und "schlechte" Fälle verantwortet hatte, entschied - in völliger Missachtung der gesetzlichen Bestimmungen über Drittlandsicherheit: Iran und Pakistan seien "sichere Drittstaaten" - obwohl es dort keinerlei rechtsstaatliche Asylverfahren gibt und obwohl UNHCR über fortdauernde Abschiebungen afghanischer Flüchtlinge aus diesen Ländern berichtete. Österreichs Botschafter Howadt ließ die verzweifelten Flüchtlinge vor der Botschaft in Islamabad von der pakistanischen Polizei wegprügeln. Wie viele von ihnen gar keine Asylanträge stellen konnten - und daher auch nicht einmal unter den 5.153 als "gegenstandslos abgelegten" Verfahren aufscheinen - wissen wir nicht. Die eigentliche Bilanz sieht also folgendermaßen aus. Von 25.997 Erledigungen waren 1114 positiv, also: eine Anerkennungsquote von 4,2 Prozent. Von den 1114 positiven Bescheiden waren 411 inhaltliche Anerkennungen und 703 Erstreckungen auf EhepartnerInnen und minderjährige Kinder. 411 Flüchtlinge (davon 172 in erster, 239 in zweiter Instanz), deren Gründe inhaltlich geprüft und für ausreichend befunden wurden - in einem ganzen Jahr! Bei 25.997 "Erledigungen". (Asyl in Not)
Fast drei Jahre nach dem Erstickungstod des nigerianischen Schubhäftlings Marcus Omofuma liegt nun der erste amtliche Entscheid vor: Die fremdenpolizeilichen Maßnahmen wie Mundverkleben und Fesseln waren "rechtswidrig". Diese Feststellung traf der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) in Wien. Der UVS hatte sich zunächst für den Antrag, den ein Anwalt im Namen der Angehörigen einbrachte, unzuständig erklärt: Nur Betroffene selbst könnten ein derartiges Anliegen vorbringen. Doch der Verfassungsgerichtshof sprach Omofumas Angehörigen Parteienstellung zu, der UVS musste den Fall behandeln. In der Entscheidung wird ausgeführt, dass alle Zwangsmaßnahmen rechtswidrig gewesen seien. Omofuma war. Der Strafprozess gegen die Beamten beginnt am 4. März am Landesgericht Korneuburg. Vorwurf: Quälen eines Gefangenen mit Todesfolge. Höchststrafe: zehn Jahre Gefängnis.
Aus dem Berner Amtshaus-Sicherheitsgefängnis ist ein Sans Papier befreit worden. Er war am Nachmittag beim Besuch der Parlaments-Debatte verhaftet worden. Um 21.30 Uhr versammelten sich rund 300 Sympathisierende vor dem Amtshaus, in das Sherif A. nach seiner Verhaftung gebracht wurde.
In einer gewaltfreien, direkten Aktion wurde er kollektiv befreit. Die Scheibe aus Sicherheitsglas wurde entfernt und die Stäbe seiner Zelle durchgesägt. Die Gruppe die handwerklich tätig war, nennt sich "Menschenrechte - jetzt sofort". Die Aktion wurde von einem Live-Konzert begleitet. Die Befreiung bewahrt den verfolgten Kurden vor seiner Ausschaffung durch die Schweizer Fremdenpolizei. Sherif A. hätte am folgenden Tag verlegt werden sollen. Von dort hätte seine Ausschaffung erfolgen sollen. Sherif reiste vor 13 Jahren erstmals in die Schweiz ein. Die Mitgliedschaft in einer legalen Oppositionspartei, sowie die Tatsache, dass er Kurde ist, führten zu mehreren Verhaftungen und Folter durch die Polizei, sowie Morddrohungen. In der Folge verließ er die Türkei und kam in die Schweiz. Nach vier Jahren wurde sein Asylgesuch abgelehnt. Daraufhin kehrte er in seine Heimat zurück. Vor ungefähr 1 1/2 Jahren reiste er ein zweites Mal in die Schweiz ein und stellte ein zweites Gesuch, auf das gar nicht erst eingegangen wurde, weil er nur über einen kopierten Führerausweis und nicht über einen gültigen Pass verfügte.
Diese Verhaftung aus einer Parlamentsdebatte zeugt von einem erbärmlichen Demokratieverständnis der Behörden. Sherif bereitete bereits seinen Antrag auf Härtefallprüfung vor. Seine Erfahrungen in der Türkei zeigen, dass Sherif nur unter akuter Gefährdung seiner Sicherheit auszuschaffen ist und dies demzufolge einem illegalen Willkürakt gleichkommt.
aus TATblatt Nr. +181 vom 2.Februar 2002
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