Ein zweites Genua wurde im Vorfeld der NATO-Sicherheitskonferenz in München Anfang Februar beschworen, und Tausende gewaltbereite ChaotInnen erwartet. Deshalb wurde schon Tage zuvor der Infoladen München polizeilich durchsucht, vom Oberverwaltungsgericht ein Versammlungsverbot über das gesamte Stadtgebiet verhängt, und diese Entscheidung von einem enormen Polizeiaufgebot unterstrichen. Dennoch sah sich der Oberbürgermeister der Stadt genötigt, die Tagung vom Alten Rathaus in die "Tagungsfestung Bayrischer Hof" zu verlegen.
Bei diversen Aktionen im Vorfeld der Konferenz wurde bereits das Ausmaß der Repression spürbar. Bei einer "Demonstration der Sprachlosigkeit" wurden selbst leere Transparente beschlagnahmt, am Freitag wurde nach einer Pressekonferenz von NATO-GegnerInnen am Marienplatz eine 70jährige Friedensaktivistin von einem USK-Beamten lebensgefährlich verletzt. Die Frau liegt seitdem nach Gehirnblutung im Koma (Stand: 7.2.2002).
Trotz des Demonstrationsverbotes versammelten sich dann am Samstag, den 2. Februar, um die 2.000 Menschen zu einer unangemeldeten Demonstration am Marienplatz. Obwohl Busse z.B. aus Wien und aus anderen Städten abgewiesen wurden, haben selbst nach Polizeiangaben bis zu 7.000 Menschen an diesem Tag gegen die NATO-Sicherheitskonferenz demonstriert.
Dabei mussten mehrfach Polizeisperren in der Innenstadt umgangen oder durchbrochen werden, ehe am späten Nachmittag doch an die tausend DemonstrationsteilnehmerInnen eingekesselt werden konnten. Nachdem sich später neuerlich ein Demonstrationszug in der Innenstadt formiert hatte, kam es noch zu einer Massenverhaftung von 200 Personen durch bayrisches USK.
Insgesamt waren nach den vielfältigen Aktionen gegen die NATO-Tagung in München fast 900 Festnahmen zu beklagen. Die Pressegruppe spricht dennoch von einem Erfolg, indem es gelungen sei, das Demonstrationsverbot zu durchbrechen und die Sicherheitskonferenz politisch nicht ungestört über die Bühne gehen konnte.
Ebenfalls am Samstag, den 2. Februar, haben in Bielefeld zwischen acht und zehntausend Menschen gegen einen Aufmarsch der NPD anlässlich der neu konzipierten Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht im Vernichtungskrieg demonstriert.
Ein breites antifaschistisches Bündnis hatte zur Demonstrations gegen den Naziaufmarsch aufgerufen. Starke Polizeieinheiten sorgten dafür, dass die beiden Kundgebungen streng von einander getrennt blieben. Der NPD-Aufmarsch war zuvor mit Auflagen (Verbot von Springerstiefeln und Bomberjacken) belegt und in ein hermetisch abgeriegeltes Wohngebiet jenseits einer Bahnlinie verwiesen worden.
Für den 2. März ist jedoch ein weiterer Aufmarsch von Rechtsextremen in Bielefeld geplant.
Der Journalist Grigory Pasko, der das Versenken von Atommüll im Pazifik durch die russische Marine aufgedeckt hatte, worüber er für das japanische Fernsehen eine Dokumentation drehte, wurde am 24. Dez. 2001 wegen "Hochverrat" zu vier Jahren Haft in einem Hochsicherheitsgefängnis verurteilt. Pasko hat seit Jahren Probleme mit dem Geheimdienst FSB, der bekanntlich den neostalinistischen Diktator Putin als Staatsoberhaupt stellt, und erhielt laufend Drohungen bis hin zu Morddrohungen. Mehrere Prozesse wurden gegen ihn in der Ära Jelzin angestrengt, die mit geringeren Verurteilungen endeten. Mit Putin sind die guten alten Zeiten wieder eingekehrt und der Oberste Gerichtshof entschied nun endgültig. Außerdem verlangt das Oberste Gericht nun, dass ein weiteres Verfahren wegen Spionage eingeleitet wird.
aus TATblatt Nr. +182 vom 21.Februar 2002
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