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Meinung oder Tatsache?

Gestört hatte sich die FPÖ - und für sie stellvertretend vor Gericht Jörg Haider - insbesondere von der Nennung der Adressen in Verbindung mit der Aufforderung, "kleine Aufmerksamkeiten" zu schicken, sowie vom Vorwurf der rassistischen Hetze gefühlt. Ersteres, so Klagsvertreter Böhmdorfer, sei ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen, das Zweitere eine unwahre Tatsachenbehauptung, die geeignet sei, das Fortkommen der genannten PolitikerInnen zu gefährden.

Die VertreterInnen des TATblatt hielten dem entgegen, dass die Adressen eines nicht geringen Teils der genannten FPÖ-FunktionärInnen nur wenige Wochen vor der Dokumentation der Wandzeitung "Querformat" im TATblatt in einer großen Wochenzeitung veröffentlicht worden waren; und zwar ebenfalls verbunden mit der Aufforderung, den PolitikerInnen die Meinung, allerdings in Sachen Tierschutzgesetzgebung, zu sagen.

Hinsichtlich des Vorwurfs der rassistischen Hetze - er war in der Wandzeitung nicht einmal explizit gegen Haider erhoben worden - wurden umfangreiche Beweise und Literatur vorgelegt, mit der einerseits der Begriff des Rassismus, andererseits aber auch die Handlungen und Aussagen Haiders expliziert wurden.

Doch das Gericht wollte es anders: Es schloss sich der Meinung Böhmdorfers an. Der Vorwurf der "rassistischen Hetze" sei keine Wertung, sondern eine Tatsachenbehauptung; und angesichts der Tatsache, dass Haider niemals wegen eines Vergehens nach § 283 StGB ("Verhetzung") angeklagt oder verurteilt worden war, auch noch eine falsche... Daraus resultiert, dass die Nennung der Namen in Zusammenhang mit der falschen Tatsachenbehauptung tatsächlich die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen verletze (die Aufforderung, "kleine Aufmerksamkeiten" zu schicken, war vom Gericht nur zusätzlich angeführt worden; möglicherweise deshalb, weil ein darauf abstellendes, substanzielles Urteil ein umfangreiches Beweisverfahren nötig gemacht hätte, das hinsichtlich des Vorwurfs der "rassistischen Hetze" aber auch ein anderes Ergebnis in der Hauptfrage ermöglicht hätte).

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil der ersten Instanz: "Da aber - wie bereits bei der Behandlung der Tatsachenrüge ausgeführt wurde - der Aussageinhalt der Äußerung ‘rassistische Hetze’ schon nach der allgemeinen Erfahrung ermittelt werden konnte, es aber an konkreten Behauptungen der Beklagten fehlt, wonach der Kläger ein den allgemein geläufigen Begriffsbestimmungen von ‘Rassismus’ und ‘Hetze’ entsprechendes Verhalten gesetzt hätte, ist das Erstgericht ohne Rechtsirrtum zum Ergebnis gelangt, dass der Beklagten der Wahrheitsbeweis nicht gelingen konnte. ...

 

aus TATblatt Nr. +183 vom 14. März 2002

 
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