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    Dem globalen Migrationsmanagement die Kontrolle entziehen.
     
   

no-racism.net, bearbeitet.

     
Anmerkungen zum Open Forum "Arbeitskräfte gesucht: Migration und ihre Folgen" anlässlich der Jahrestagung 2003 des WEF (World Economic Forum) in Davos.   Stichworte wie "Festung Europa" dominierten in den letzten Jahren die Kritik an der europäischen Zuwanderungspolitik. Aktuelle migrationspolitische Tendenzen einzig im Lichte einer Abwehrhaltung zu betrachten, wäre allerdings verkürzt. "Globales Migrationsmanagement" heisst das vermeintlich neue Zauberwort. Dahinter versteckt sich der Versuch, Migration im Zuge der Globalisierung weltweit (wieder) in den Griff zu bekommen. Den Ruf der Wirtschaft nach einem maßgeschneiderten Zugriff auf die globalen Arbeitsmärkte, gilt es mit dem "Schutz" der Wohlstandsinseln vor den Ansturm der "Unnützen" in Einklang zu bringen. So zeichnen sich vielfältige Bestrebungen ab, Migration global zu kontrollieren und entlang wirtschaftlicher und bevölkerungspolitischer Interessen zu managen.
Im Rahmen des "Open Forum Davos" trafen sich unter dem bezeichnenden Titel "Arbeitskräfte gesucht: Migration und ihre Folgen" einige prominente AkteurInnen und Think tanks dieser Bestrebungen. Angesichts der "wechselnden demografischen Trends" und dem Ruf der Wirtschaft nach einem erleichterten Zugriff auf die globalen Arbeitsmärkte werde der Umgang mit Migration zu einer großen Herausforderung für alle Regierungen dieser Welt, hieß es unter anderem im Veranstaltungshinweis.

Migrationspolitik reorganisieren.

Im Zuge der Globalisierung gilt es nun auch die Migrationspolitik global zu reorganisieren. Um die Kontrolle über die weltweiten Wanderungsbewegungen
(wieder) zu erlangen, braucht es mehr als ein technisch hochgerüstetes Grenzregime gegen "irreguläre Migration" - wenngleich auch in diesem Bereich weiterhin nichts unversucht gelassen wird, wie beispielsweise das im Jänner neu eingeführte Gesichtserkennungssystem am Flughafen in Zürich-Kloten zeigt. Eine Ausdehnung der Migrationspolitik auf die Herkunfts- und Transitländer von MigrantInnen wird auf verschiedenen Ebenen angestrebt, um Migration präventiv vor Ort bekämpfen zu können. So geht es vor allem darum, Migrations- und Flüchtlingsbewegungen bereits in der Herkunftsregion zurückzuhalten und am Weiterwandern Richtung Wohlstandsinseln zu hindern. Ein Beispiel dieser Politik ist die Errichtung von stacheldrahtumzäunten Lagern nahe des Kriegsgeschehens während des Krieges in Jugoslawien.

"Migrationspolitik ist nicht allein Migrationsabwehr, sondern Migrationssteuerung, sie sucht jene MigrantInnen abzuwehren, die nicht gewollt sind, und jene anzuwerben, die gebraucht werden."  

Eine Abschiebemaschinerie, die das "Gebot rechtsstaatlicher Mäßigung der staatlichen Strafgewalt" (Marc Spescha) längst hinter sich gelassen hat, nimmt sich andererseits MigrantInnen und Flüchtlingen an, die es trotz allem lebendig nach Europa geschafft haben, hier aber unerwünscht sind. Angestrebt werden umfassende Rückführungsprogramme für Ausschaffungen im großen Stil. Indem beispielsweise Entwicklungshilfe oder Abschlüsse von Handelsabkommen an die Kooperation bei der Rückführung von MigrantInnen und Flüchtlingen geknüpft werden, wird massiv Druck auf die Länder des Südens ausgeübt. So schickt die Schweizer Regierung neuerdings Migrationsattachés durch die halbe Welt, um mit verschiedenen Ländern Transit- und Rücknahmeabkommen auszuhandeln und schnelle Rückführungen - wenn nötig auch in Sammellagern in "sicheren Transitländern" wie zum Beispiel dem Senegal - zu gewährleisten. Das Schweizer Rote Kreuz, Co-Organisatorin des Open Forum zu Migration in Davos und mit ihrem Präsidenten René Rhinow auf dem Podium vertreten, spielt bei solchen Rückführungsprogrammen, wenn es darum geht, Flüchtlinge von einer "freiwilligen Rückkehr" zu überzeugen, allzu oft eine zwiespältige Rolle.
Im Zusammenhang mit dem globalen Migrationsregime haben weltweit agierende Institutionen und Agenturen - wie beispielsweise die International Organisation for Migration (IOM) - eine wichtige Rolle zugespielt bekommen. Nicht von ungefähr nahm der Generaldirektor der IOM, Brunson Mc Kinley, am Open Forum teil. Auf Initiative der USA zu Zeiten des Kalten Krieges 1951 gegründet, versteht sich die IOM inzwischen selbst als Dienstleistungsanbieterin und Politikentwicklerin in Sachen Migrationsmanagement, Kontrolle und Rückführungen im Dienste der 91 Mitgliedstaaten und der 31 Länder mit Beobachtungsstatus. Die IOM basiert weder auf internationalem Recht, noch ist sie humanitären Prinzipien verpflichtet. Die Organisation brüstet sich damit in die Geschicke von 11 Millionen MigrantInnen und Flüchtlingen eingegriffen zu haben. Legitimation und Geld erhält die IOM von den Mitgliedstaaten, die die Arbeit der IOM kontrollieren.

Globaler Arbeitsmarkt.

Um gewisse SpezialistInnen und ExpertInnen ist auf dem weltweiten Arbeitsmarkt ein harter Konkurrenzkampf entbrannt. Gesuchte Fachkräfte anwerben zu können, wird als ein wichtiger "Schlüssel des Standortvorteils" angesehen. Die neuen GastarbeiterInnen, die unter prekärsten Bedingungen als Sans-papiers zu hunderttausenden in der Schweiz und weiteren europäischen Ländern leben und arbeiten, stellen die andere Seite dieser Politik dar, die sich dem Nützlichkeitsprinzip verschrieben hat. Ohne Zugang zu sozialen und politischen Rechten sind die Kosten dieser beliebig manövrier- und ausbeutbaren Arbeitskraft so niedrig wie nie.
Es ist absehbar, dass das Management der Migration einhergehen wird mit der verschärften Bekämpfung heimlicher Migration und der weiteren Aushöhlung des Asylrechts und des Flüchtlingsstatus. Doch Migrationspolitik - auch als globales Management im Dienste des Marktes - ist und bleibt ein Terrain sozialer Auseinandersetzungen.


Weitere Informationen:

>>>www.noborder.org/iom
>>>www.no-racism.net/migration
>>>www.materialien.org

     

 

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