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Wendo-Gruppe
zum sexistischen und lesbenfeindlichen Übergiff auf ASF.
Auf Indymedia.at
; labournet.austria und in gedruckter Version in der Context XXI erschien
vor rund einem Monat ein Artikel zu einen sexistischen, lesbenfeindlichen
Übergriff während des Austrian Social Forum (31.5. 1.6.)
in Hallein (ASF). Obwohl der Text, verfasst von der Donnerstags-Wendo-Gruppe,
also relativ weit verbreitet wurde, gab es in der Folge praktisch keine
weiteren Diskussionsbeiträge oder Stellungnahmen zum Thema.
Sexismus
wird von der Linken all zu oft als Problem gesehen, das zwar
die Anderen also die Mehrheitsbevölkerung - haben,
das es aber in den eigenen Reihen nicht gibt, also war auch diesmal die
Ratlosigkeit groß. Auch wir liefern keine großen Beiträge,
wollen aber dazu beitragen, dass dieser Vorfall nicht einfach unter den
Teppich gekehrt wird.
Von Donnerstags-Wendo-Gruppe.
In der aktuellen
Nummer von Context XXI und auf Labournet-Austria erschien ein Beitrag
der Donnerstags-Wendo-Gruppe über einen sexistischen und lesbenfeindlichen
Übergriff auf dem letzten ASF
Selber Schuld! Über den Umgang mit einem sexistischen, lesbenfeindlichenÜbergriff
am ASF
Es gab einen
lesbenfeindlichen sexistischen Übergriff am ASF (Austrian Social
Forum), das von 31.05. bis 01.06 2003 in Hallein auf der Perner Insel
stattfand. Was gerade in diesem Rahmen politisch problematisch ist, ist
dennoch passiert.
Wir als Wendo-Gruppe greifen nun Aspekte auf, die uns klassisch im Umgang
mit sexistischen Übergriffen erscheinen und über diesen einzelnen
Fall hinausgehen. Wir wollen dazu Stellung beziehen und aufzeigen, was
uns daran und an der Rezeption bemerkenswert erscheint sowie schließlich
Forderungen für ein nächstes ASF formulieren.
Definitionsmacht
liegt bei der Frau..
Von verschiedenen
Seiten wurde der Vorfall in Frage gestellt, mit dem Prädikat angeblich
vorgefallen versehen und so diskutiert. Dass die Benennung als sexistisch
und/oder lesbenfeindlich der Frau obliegt, ist ein immer wiederkehrendes
von Feministinnen eingefordertes Thema.
Unterdrückungsverhältnisse, wie auch sexuelle Unterdrückungsverhältnisse,
erfordern eine Kontextualisierung und eine Einbeziehung gesellschaftlicher
Machtkonstellationen. Jede patriarchal strukturierte Gesellschaft setzt
Frauen und Männer in spezifischer Weise miteinander in Beziehung,
legt dem Mann den Subjekt- der Frau den Objektstatus nahe. Die vielfache
Objektivierung von Frauen in Gewaltverhältnissen erschwert auch das
generelle Setzen von Grenzen und das Benennen von sexistischen Übergriffen.
Die herrschende Norm ist die Identifikation mit dem Blick des Täters,
die Grenzziehung der betroffenen Frau dadurch nicht einfach. Wie in Selbstverteidigungsgruppen
vielfach diskutiert und erkannt wurde,
reagieren Frauen in Übergriffsituationen mit folgenden Strategien:
Nicht wahrnehmen, Relativieren, Verharmlosen, Negieren, sich selbst die
Schuld zuweisen, etc. Der Prozess der Gegensteuerung Wahrnehmen
und Benennen ist ein langwieriger und niemals abgeschlossener.
Die Auseinandersetzungen in der zweiten Frauenbewegung haben zur Einsicht
geführt, dass die Entscheidung über die eigenen Grenzen und
deren Überschreitung von den Frauen selbst getroffen werden soll
- die Definitionsmacht von sexuellen Übergriffen liegt demgemäß
bei den Betroffenen. Das bedeutet auch, dass es keine objektiven Maßstäbe
im Sinne des bürgerlichen Rechts gibt, wenn über konkrete Fälle
von sexistischen Übergriffen gesprochen wird. Forderungen nach einer
objektiven Messlatte sind in einem spezifischen Herrschaftskontext zu
lesen und das Ergebnis solcher Forderungen kann daher nur als Scheinobjektivität
bezeichnet werden. Auch in gemischtgeschlechtlichen politischen Kontexten
haben Frauen ihre Definitionsmacht vielfach eingefordert; dass dies immer
noch nicht Konsens ist, zeigte ein weiteres Mal der Übergriff am
ASF.
Lesbenfeindlichkeit.
Im konkreten
Fall hat der sexistische Übergriff auch noch eine weitere Komponente.
Da es sich um ein lesbisches Paar handelte, ist der Übergriff also
auch als eine Rückeroberung von abhanden gekommen Sexualobjekten
zu deuten eine weitere Variante der Objektivierung von Frauen.
Das lesbische Begehren von Frauen wird nicht ernst genommen, ignoriert
oder normativ als heterosexuell interpretiert. Der Mann bleibt Subjekt
des Begehrens und kann sich als genießender Rezipient einer Perfomance
á la Hetero-Softpornos angesprochen fühlen.
Was bisher
geschah.
Dieser
Vorfall wurde von den beiden betroffenen Frauen unmittelbar danach am
ASF öffentlich gemacht. Folgendes passierte: Die Volxtheaterkarawane,
in deren Projekt A.nanas S.ozial F.abrik der Täter involviert war,
wurde informiert und thematisierte dies im nächsten Plenum. Im Tagebuch
der Karawanen-Homepage wird vermerkt, der Verlauf der Diskussionen,
die u. a. durch eine Äusserung einer an der A.nanas S.ozial F.abrik
beteiligten Person zwei Frauen gegenüber ausgelöst wurde, veranlasste
mindestens eine Person aus dem Umfeld der A.nanas S.ozial F.abrik selbiges
zu verlassen was auch immer das bedeuten soll. Des weiteren
fanden viele informelle Erzählungen auf dem ASF statt, der Vorfall
wurde am gleichen Abend ins Frauenplenum getragen, das dann beschloss,
auf dem Abschlussplenum des ASF Forderungen zu formulieren. Dort wurde
der Übergriff diskutiert, ohne die Namen der beteiligten Personen
zu nennen und auch ohne konkreten Output.
Zurück in Wien wurde auf dem Plenum der Plattform für eine Welt
ohne Rassismus der Täter mit dem Vorfall konfrontiert. Welche Auswirkungen
die Debatte hatte, ist nicht bekannt. Wochen später kocht die Gerüchteküche
noch immer, der Vorfall wird mittlerweile auch so tradiert: es gab am
ASF einen sexistischen Vorfall, die betroffene Frau hatte extrem
wenig an.
Skurrilerweise erfährt dies genau eine der beteiligten Frauen. Auch
an diesem Gerücht lässt sich die patriarchale Logik sie
ist doch selbst schuld als Opfer-Täter-Umkehr ausmachen. Als
eine Auswirkung der Debatten gibt es die Einladung zu einem Seminar ohne
Fixtermin mit dem kryptischen Titel Die enthemmte Gesellschaft im
Schatten des Sexismus- und Rassismusdiskurses, die sich vor allem
an ausgesuchte AntirassismusaktivistInnen richtet. Gleich im ersten Satz
dieser Aussendung wird die Existenz eines sexistischen und lesbenfeindlichen
Übergriffs am ASF mit der Formulierung angeblich in Frage
gestellt. Im Gesamten ist dies ein kümmerlicher Output.
Rassismus-Sexismus-Debatte.
Nun stellt
sich die Frage, wieso Rassismus in der Einladung zu diesem Seminar vorkommt,
und mit dem sexistischen und lesbenfeindlichen Vorfall in Verbindung gebracht
wird. Ist dies darauf zurückzuführen, dass der Täter dunkler
Hautfarbe ist? Oder ist dies darauf zurückzuführen, dass die
Betroffenen weiße Mehrheitsösterreicherinnen sind? Wie interagieren
Rassismus und Sexismus? Diese Fragen sprechen komplexe Sachverhalte an,
die an dieser Stelle nur angerissen bleiben können. Was wir jedoch
ansprechen wollen, sind die Erfahrungen die die zwei betroffenen Frauen
machten, als sie in verschiedenen Kontexten von dem Vorfall erzählten.
Deutlich wurde hierbei, dass rassistische Stereotype und Phantasien auftauchen
bei der Erzählung schwarzer Mann und weiße Frau.
Die Typologisierung sexistischer schwarzer Männer sowie
der jeweils eigene Rassismus muss in diesem Zusammenhang immer mitbedacht
werden, es gilt ganz einfach sensibel mit dem Thema umzugehen. Mit der
Erwähnung dieses Sachverhaltes geht es uns darum aufzuzeigen, dass
nur über die konkrete Benennung ein differenzierter Umgang möglich
werden kann.
Worum es
geht.
Was wir
mit diesem Text nicht wollen ist, dass eine einzelne Person zum Paradesexisten
abgestempelt wird: Es geht nicht um das Abwälzen des Themas auf einen
Mann, weil damit ein strukturelles Problem individualisiert werden würde.
Weiters greift eine ausschließliche Beurteilung der konkreten Situation
in Hinblick auf Sexismus und Lesbenfeindlichkeit zu kurz und tappt wiederum
in die besagte Objektivitätsfalle. Vielmehr geht es um eine generelle
Diskussion, wie in der Linken und in antirassistischen Kontexten mit den
Themen umgegangen wird bzw. um eine persönliche Sensibilisierung
für die Materie.
Unsere Forderungen.
Gegenüber
einem nächsten in Österreich stattfindenden Social Forum verlangen
wir, dass bereits im Vorfeld Überlegungen angestellt werden, wie
Sexismus in diesem Kontext zu begegnen ist; dass entsprechende Strukturen
mit Entscheidungskompetenzen geschaffen werden, wie auch dass Workshops
für Männer, die sich speziell mit Männergewalt beschäftigen,
stattfinden.
Kurz gesagt, es geht darum, zukünftige Strukturen zu entwickeln,
aber auch im Sinne einer Nachbereitung und Reflexion Position zu beziehen.
Es geht nicht, dass das ASF als offizielles Forum zum vorgefallenen Übergriff
keine Stellungnahme abgibt!
Weiters
fordern wir von folgenden Kontexten, in denen sich der Mann, der den Übergriff
begangen hat, bewegt, Stellungnahmen zu dem am ASF erfolgten Vorfall:
ANAR, Die Bunten, Volxtheaterkarawane, Plattform für Welt ohne Rassismus,
Bunte Demokratie für Alle.
Das Einfordern
dieser Stellungnahme sehen wir als eine Notwendigkeit, um eine breitere
Diskussion über Sexismus in linkspolitischen Kontexten zu initiieren
und eine Grundlage zu schaffen, auf der eine weitere Auseinandersetzung
erst folgen kann!
Donnerstags-Wendo-Gruppe,
7.8.2003
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