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    Erste Stattgabe bei Anträgen auf Naturalrestitution.
AMS-Gebäude restituiert.

Im Entscheid mit der Nummer 3/2003 hat die Schiedsinstanz beim Allgemeinen Entschädigungsfonds im November erstmals einem Antrag auf Naturalrestitution stattgegeben "und die Rückstellung der Liegenschaft Weihburggasse 30, ... Innere Stadt dem zuständigen Bundesminister empfohlen."

Besonders beachtlich ist die Entscheidung, da dieser die Bewertung eines Rückstellungsvergleiches aus den 50er Jahren zu der Liegenschaft - die bis heute im Besitz des Arbeitsmarktservices (AMS), als Nachfolgerin der „Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung“, ist - als "extrem ungerecht" zu Grunde liegt.

Hintergrund zum Fall Weihburggasse.

Die AntragstellerInnen führten im Schiedsverfahren aus, dass die Liegenschaft 1938 im Eigentum von Flora und Heinrich S. gestanden sei. Mit Kaufvertrag vom 13. Juni 1938
haben Flora S. und die Verlassenschaft nach Heinrich S., der am 28. Juli 1936 verstorben sei, die Liegenschaft um RM 250.000,-- verkaufen müssen. Käufer sei das Deutsche Reich, Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, Berlin, gewesen. Der Verkauf dieser Liegenschaft sei gezwungenermaßen erfolgt. Der Kaufpreis von RM 250.000,-- sei extrem gering gewesen und auch nur zum Teil ausbezahlt worden.

1948 sei ein Rückstellungsverfahren durch die Erben nach Heinrich und Flora S. eingeleitet worden, welches mittels erzwungenem Vergleich 1957 beendet worden sei. Mit diesem Vergleich haben die ErbInnen nach Heinrich und Flora S. ATS 618.000,-- erhalten und somit seien lediglich 10% des Werts der Liegenschaft entschädigt worden.

Das Entschädigungsfondsgesetz.

Zweieinhalb Jahre nach Einsetzung des Entschädigungsfonds ging Ende November auch die inoffizielle Nachfrist für die Einreichung von Entschädigungsanträgen zu Ende. Die relativ kurze Antragsfrist, die mangelnde Information zum Gesetz in vielen Teilen der Welt, sowie das extrem komplizierte Antragsverfahren bei der zu erwarteten Abgeltung lediglich eines Bruchteils der ursprünglichen Schadenssumme reihen den Entschädigungsfonds jedoch schon jetzt in eine Reihe mit dem unwürdigen Umgang der 2. Republik mit NS-Opfern.

Der Allgemeine Entschädigungsfonds wurde 2001 von der blauschwarzen Regierung mit der Intention gegründet, all die noch niemals zuvor in irgend einer Form abgegoltenen Vermögens- und Ausbildungs-bezogenen Schäden von NS-Opfern zu entschädigen. Lediglich durch die Verhandlungen mit Opfer-VertreterInnen konnte das Gesetz dahin aufgeweicht werden, als nun auch „extrem ungerechte“ Entscheidungen der Rückstellungsjustiz in der 2. Republik beeinsprucht werden können. Was jedoch unter „extrem ungerecht“ zu verstehen ist, wird im Gesetz genauso wenig geregelt, wie es überhaupt für NS-Opfer einen Rechtsanspruch auf Entschädigung durch den Fonds gibt, da dieser mit den Vorstellungen Österreichs als „Erstes Opfer“ nicht vereinbar wäre.

Ein spezieller Passus lässt es auch zu, „arisierte“ Gebäude oder Immobilien, die heute im Besitz der Republik sind, zurückgestellt zu bekommen. Dies allerdings auch nur in den Fällen in denen eine „extreme Ungerechtigkeit“ vorliegt, oder deren Status noch nie zuvor von einem österreichischen Gericht beurteilt worden ist.

Dementsprechend unerwartet, und für die Bundesregierung wohl alles andere als erfreulich, ist die Entscheidung im Fall Weihburggasse nun. Der faktischen Aufhebung der Gerichtsentscheidung kommt dabei eine wichtige Präzedenzwirkung zu, wenngleich die Schiedsinstanz auch im Zuge der Entscheidung keine allgemeineren Beurteilungskriterien für „extreme Ungerechtigkeit“ erlassen hat, sowie die detaillierteren Entscheidungsgrundlagen unter Verschluss bleiben.

Rahmenbedingungen der Schiedsinstanz.

Zur Prüfung von Anträgen auf Naturalrestitution von öffentlichem Vermögen wurde durch das Entschädigungsfondsgesetz die Einrichtung einer Schiedsinstanz beim Allgemeinen Entschädigungsfonds vorgesehen. Die unabhängige Schiedsinstanz hat den gesetzlichen Auftrag, Anträge auf Naturalrestitution zu prüfen und gegebenenfalls Empfehlungen über die Naturalrestitution (eventuell auch den Zuspruch von vergleichbaren Vermögenswerten) an den zuständigen Bundesminister abzugeben oder den Antrag abzulehnen.

Bisher wurden drei Entscheidungen getroffen, zwei davon vielen negativ für die AntragstellerInnen aus. Die Begründungen der einzelnen Entscheidungen der Schiedsinstanz können über die Website des Allgemeinen Entschädigungsfonds abgerufen werden.

Quellen: http://www.nationalfonds.org, http://www.restitution.or.at

     

aus TATblatt Nr. +205 Dezember 2003.

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