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    Streik - Streik - Streik - Streik.

Alle Züge standen still.

Fast drei Tage standen im November 2003 alle Züge auf den Strecken der Österreichischen Bundesbahnen sowie die BahnBusse still. Einen Tag lang auch die Postbusse.

TATblatt.

Die Auswirkungen vor allem des Stillstands im Güterverkehr auf die Wirtschaft legte den EisenbahnerInnen einen Hebel in die Hand, der eine Machtposition verlieh, gegen die die Regierung nur schwer ankam. Nicht zuletzt weil in weiten Teilen der Industrie Lagerhaltung bereits durch Just-in-Time-Anlieferung von Rohstoffen und -Abtransport der Fertigprodukte ersetzt oder in oft von den ÖBB betriebene Logistik-Center ausgegliedert worden war. Die Stahlindustrie stand kurz davor, ihre Hochöfen abschalten zu müssen. Der Druck der Wirtschaftskapitäne auf die Regierung, dem Streik ein Ende zu bereiten, war unübersehbar. Dies wäre in dieser Situation praktisch nur durch wenig wahrscheinlich erschienene spektakuläre Repressionsmaßnahmen oder ein Einlenken der Regierung zu erreichen gewesen, hätte sich die Gewerkschaftsführung nicht vorschnell über den Tisch ziehen lassen.
Es war nicht nur ein kleiner Stein, der das Fass des Unmuts zum Überlaufen gebracht hatte, als die EisenbahnerInnengewerkschaft nach einem halbtägigen Warnstreik am 4. November am 12. November einen unbefristeten Streik begann. Das bislang integrierte Verkehrs- und Transportunternehmen ÖBB sollte in elf Unternehmen aufgeteilt werden. Neben den vom Rechnungshof kritisierten Mehrkosten zieht diese Maßnahme auch eine Zerschlagung der starken einheitlichen Personalvertretung in mehrere kleine Betriebsratsstrukturen nach sich.
Die geplanten Änderung des Dienstrechts hätten u.a. die bislang in den Dienstverträgen verankerten Unkündbarkeits- oder Kündigungsschutz-Regelungen ausgehebelt, die bislang alle zwei Jahre erfolgten Vorrückungen in bessere Gehaltsstufen eingefroren, Nebengebühren für besondere dienstliche Belastungen abgeschafft und Entlassungen vorgeschrieben, wenn die Zustimmung zu Änderungen im Dienstvertrag verweigert wird.
Die Dienstverhältnisse werden bei den ÖBB in Einzelverträgen zwischen dem Unternehmen und den einzelnen Bediensteten geregelt. Die Regierungsvorlage sah somit einen Eingriff in einen zwischen zwei Partner abgeschlossenen Vertrag durch Dritte (der Republik Österreich) vor. Damit wurde nicht nur mit immer noch in der politischen Kultur Österreichs tief verwurzelten sozialpartnerschaftlichen Traditionen gebrochen, sondern auch ein arbeitsrechtlicher Präzedenzfall vorbereitet, der obendrein nach Meinung von ExpertInnen auch verfassungsrechtlich nicht haltbar gewesen wäre.
Das einzige Zugeständnis der Regierung am dritten Streiktag war es, auf diese gesetzwidrigen Eingriffe in gültige Einzelverträge zu verzichten. Stattdessen wurde die Ausverhandlung eines neuen Dienstrechts dem Unternehmen ÖBB und der Personalvertretung übertragen. Sollte diese Einigung nicht bis April 2004 zur Zufriedenheit der Regierung erfolgen, werde die Reform allerdings doch wieder per Gesetz vorgeschrieben.
Die Gewerkschaft verkauft dieses minimale Zugeständnis samt Hintertürln heute als großartigen Erfolg. Dies stärkt nicht sonderlich die Erwartung, dass gegen die von der Regierung verlangten Eckpunkte des neuen Dienstrechts großer Widerstand vonseiten der Gewerkschaft zu erwarten ist. Die Zerschlagung der ÖBB in mehrere Einzelgesellschaften, die das zentrale Thema der Öffentlichkeitsarbeit der Gewerkschaft und deren Solidaritätskampagnen in der Öffentlichkeit war, blieb aus dem Verhandlungskompromiss vollends ausgespart. Nicht nur zahlreiche EisenbahnerInnen, sondern auch solidarische Nicht-EisenbahnerInnen fühlen sich daher nach dem Streikende von der Gewerkschaft verkauft. Auch wenn das frühe Ende des Streiks je nach politischer Einstellung nicht nur auf Ablehnung sondern auch auf Zustimmung gestoßen ist, die Begründungen für das Aufgeben der Gewerkschaft waren für die Wenigsten nachvollziehbar.
     

aus TATblatt Nr. +205 Dezember 2003.

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