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    Revitalisierte Atome.

Tschernobyl scheint schon wieder recht lange her zu sein. Anders ist die erneuerte Atomeuphorie hier und dort nicht zu erklären. Allerdings haben sich in einigen Ländern auch die regional Betroffenen wieder einmal erfolgreich gewehrt.

TATblatt.

Zu den großartigen Erfolgen gehört die Verhinderung eines Endlagers für Atommüll in Sizilien. Die Regierung Berlusconi beschloß per Geheimdekret am 13.11.2003 die Errichtung eines Endlagers auf Sizilien, aber nicht für lange. Innerhalb weniger Tage konnte eine vollständige Verkehrsblockade Siziliens organisiert werden. Am 23. Nov. fand schließlich eine Demonstration mit über 100.000 TeilnehmerInnen statt. Die Planungen wurden schon am 27. Nov. für beendet erklärt.
Dann gab es im November die von den Teilnehmenden als erfolgreich verlaufend bezeichnete Blockierung des Transports von Castor-Atommüllbehältern nach Gorleben in Deutschland. Etwa 6.000 BlockiererInnen wurden durch ein erneutes Riesenaufgebot von 18.000 PolizistInnen in Schach gehalten, wobei es durch Sitzblockaden und Ankettungsaktionen an die Schienen zu zahlreichen Verzögerungen des Transports kam. Auch in Frankreich, woher der Transport kam, gab es erstmals Aktionen, besonders in Nancy in Lorraine (Lothringen). In Frankreich war über die Termine und Route durch Präsidialerlaß von Präsident Chirac persönlich die Geheimhaltungspflicht erlassen worden. Trotz drohender Gefängnisstrafen für Veröffentlichungen wurde fleißig veröffentlicht.
Am 17. Dez. blockierten AtomgegnerInnen den Eingang zum Atommülllager in Ahaus.(südöstlich von Hamburg) 2004 soll aus dem ehemaligen DDR-Forschungsreaktor Rossendorf bei Dresden hochaktiver Müll nach Ahaus gefahren werden.
Letztlich nur durch militärische Besetzung scheint es der südkoreanischen Regierung zu gelingen, einen Standort für ein Atommüllendlager zu errichten. Nachdem bisherige Versuche gescheitert sind, hat die Regierung die mit nur 70.000 EinwohnerInnen besiedelte Region Buan auserkoren und dort 8.000 Anti-Aufruhr-PolizistInnen permanent stationiert.

Atompolitik.

Doch die Bösen ruhen nicht. Da ist zunächst die französische Regierung, die eine neue Generation von Reaktoren plant und heftig mit Japan darüber streitet, ob der erste Reaktor der neuen Generation in Frankreich oder in Japan stehen wird. Finanziert wird diese neue Generation von den meisten Industrieländern, der EU ohnehin. Wie das bei Einstimmigkeitsprinzip in der EU und einer offiziell atomverweigernden Haltung von Österreich, Irland oder Dänemark zustande kommt, konnte der einfachen Bevölkerung bisher noch nicht klar gemacht werden..
Die Finanzierung ist überhaupt der Kern des Problems. Die rot-grüne Regierung Deutschlands pumpt laufend große Summen in die polizeiliche Durchsetzung von Atomtransporten, den Ausbau von Atommülllagern, aber auch in die Weiterentwicklung der Kernenergie und den Export von Atomtechnologie. Da ist zunächst der geplante fünfte Reaktorblock in Finnland, der mit deutscher Finanzierung zum Wohle von Siemens gebaut werden soll. Die Planungen sind weit fortgeschritten und sollte die Finanzierung gesichert sein, wird die finnische Regierung auf jeden Fall einen Bauversuch unternehmen.
In den Bereich Atompolitik durch Export fällt ebenso der beabsichtigte Verkauf der stillgelegten Plutoniumfabrik in Hanau, Hessen, nach China, finanziert mit Exportgarantien des Bundes. Damit wird nicht nur die zivile Kernenergienutzung angekurbelt, sondern auch die Nutzung atomwaffenfähigen Plutoniums. Aber auch das wollen die Grünen und die SPD durchziehen.
In Tschechien ist jede Regierung gleich welcher politischen Richtung gewillt, Temelin oder Dukovany (andere Standorte wird es nicht geben) mit weiteren Blöcken auszustatten, um Höchstmengen an Strom zu exportieren. Absichtserklärungen dazu werden auch nicht mehr dementiert.
     

aus TATblatt Nr. +206, Jänner 2004.

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