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    Liebe Lesy!
Revolutionäre Massen!


Wie immer, wenn es uns an Plan und Ziel mangelt, suchen wir Rat und Trost bei unserem Leitstern, Kim Il Sung: „Da es auch bei anderen Positives und Negatives gibt, kann man selbstverständlich von ihnen das Beste lernen.“ So weit, so gut.
Wir dachten uns, vielleicht von den Brits was zu lernen. Die britischen Gruppen haben sich mittlerweile so gut wie alle aus der Geiselhaft der Post befreit, indem sie den Postversand eingestellt haben und die Zeitungen lieber gleich gratis ins Netz stellen und weitere einfach so verteilen, bevor sie ihr Geld für Porto verpulvern. Deshalb diese brüske Befragung im letzten Heft, ob Ihr Euch vielleicht in eine Verkaufsstelle bequemen würdet, um das TATblatt dort abzuholen, oder es akzeptiert, es als pdf-Datei zu erhalten. Doch was mußten wir feststellen? Ihr wollt nichts lernen. Ihr wollt so weiter machen - im alten Trott. Keinesfalls „zu einer Verkaufsstelle hatschen müssen“. Im schlimmsten Fall gerade noch als pdf, aber eigentlich nicht wirklich.

Was heißt das für uns? Für die nächsten Monate machen wir einfach weiter wie bisher. Andererseits, Kim: „Anstatt ihrer Nation, ihrem Volk zu dienen, glaubten sie, daß alles Ausländische für uns brauchbar ist und es in Ordnung sei, wenn man es wahllos übernimmt - und eben das war ein großes Übel“. Das dürfte Eure Meinung sein.

Doch letztlich scheuen wir vor dem nordkoreanischen Weg etwas zurück, auch wenn Ihr uns dazu zwingen wollt. Wir wollen mehr als eine kleine Schüssel Reis am Tag, auch wenn das ein Arbeiterparadies ist. Wir sind keine ArbeiterInnen, sondern (klein)bürgerlich bis in die Knochen. Deshalb, Kim: „Wie sie sehen, kam seinerzeit in unserem Land die Liebdienerei in verschiedenen Bereichen stark zum Ausdruck, und ihre Überwindung war ein sehr schwieriges Problem. Gegen diese Erscheinung haben wir einen langen Kampf geführt.“

Wir werden nicht liebdienen, auch wenn Ihr ein schwieriges Problem darstellt. Wollt Ihr wirklich, daß wir Druckfarbe, die im Wartungsvertrag enthalten ist, essen statt Nahrungsmittel?

Mit der Bildung beginnt die Arbeit mit den Menschen, bestärkt uns Kim. Es gibt ein finanzielles Problem, und wir werden das lösen. Die deutschen Alternativmedien sind reihenweise eingegangen, die britischen haben das auf die pdf- und Direktvertriebsmethode gelöst und leben munter  weiter. Für internetangeschlossene Lesies empfehlen wir zur Ansicht www.schnews.org.uk, um sich zu bilden.

Ansonsten wurde uns vermittelt, daß längere inhaltlich ausgearbeitete Artikel interessanter sind als kurze, aber viele Meldungen, die nur Vergangenes zusammenfassen. Das ist eine alte Debatte in der Redaktion, die nie entschieden wurde. Dieses Mal gibt es wieder mehrere sehr lange Artikel, tendenziell als Automatismus sozusagen mit Schachtelsätzen gespickt. Wir warten schon auf die Rückmeldungen, daß kürzere und dafür prägnante Artikel eigentlich spannender wären, um die Debatte wieder neu anzufachen.

Kim warnt uns vorsorglich, daß es nicht im Sinne des Aufbaus des Sozialismus ist, wenn das Leben der Bevölkerung durch mangelhafte Versorgung mit  Gemüse, Fisch und Speiseöl unnötig erschwert wird. Hoffentlich leuchtet das ein. Mit fehlender Heizung im Büro haben wir uns bereits abgefunden.

Euer TATblatt.

     

aus TATblatt Nr. +206, Jänner 2004.

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