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    inventARISIERT.
NS-Gegenwart in Österreichs Museen.

Die Nationalbibliothek legte im Dezember einen Bericht über 25.506 Erwerbungen aus der NS-Zeit vor, die als bedenklich gelten und nach dem geltenden Kunstrückgabegesetz restituiert werden könnten. Zwar müssten nach Weisung der zuständigen Ministerin Gehrer aus dem Jahr 1998 alle Museen und Bibliotheken im Bundesbesitz ihr Inventar nach bedenklichem Kulturgut durchsuchen. Dies geschieht jedoch in den meisten Fällen nur sehr widerstrebend.

Beispiel 1: Nationalbibliothek.

Exemplarisch dafür ist das Vorgehen der Nationalbibliothek, die im April 2002 das dürftige Ergebnis der Nachforschungen präsentierte. Kontrolliert wurden bis dahin schließlich nur Druckwerke, an die Prüfung der umfassenden Sammlung von Musikhandschriften und Autografen, die ebenfalls unter das Gesetz fallen, wurde von sich aus erst gar nicht gedacht. Erst über eineinhalb Jahre später liegt nun ein umfassender Provenienzbericht zur Nationalbibliothek vor.

Dieser geht nicht nur auf bedenkliche Objekte in der Bibliothek ein, sondern auch auf die Geschichte des Hauses während der NS-Zeit, die stark an deren MitarbeiterInnen gebunden ist. Paul Heigl, der das Haus von 16. März 1938 bis zu seinem Selbstmord im April 1945 leitete, war selbst überzeugter Nationalsozialist der ersten Stunde und SS-Mitglied höheren Ranges. Seine guten Beziehungen zur Gestapo waren seiner aggressiven Erwerbungspolitik jüdischen Eigentums im hohen Maße dienlich.

Nach dem Krieg restituierte die ÖNB lediglich etwa 5420 Druckschriften. Denn die Rückgabe war "auf Geschädigte beschränkt, die aktiv ihren Anspruch geltend machten". Von sich aus wurden Bibliotheken und Museen niemals tätig. Erst aufgrund des Kunstrückgabegesetzes 1998 kam es zu Restitutionen äußerst wertvoller Bestände.

Nicht viel anders stellt sich die Lage in anderen Bibliotheken des Bundes dar. Doch ein Problembewusstsein dafür scheint es beispielsweise in der Universitätsbibliothek Wien nicht zu geben, wo das Thema noch völlig unbearbeitet ist.

Beispiel 2: Sammlung Leopold.

Neben dem mangelnden Problembewusstsein in vielen Institutionen der Republik, gibt es aber auch diejenigen, die sich dem Problem sehr wohl bewusst sind, jedoch durch Gesetzeslücken verhindern wollen, dass arisiertes Gut in öffentlichen Besitz, rückerstattet werden muss. Dazu gehört beispielsweise die Sammlung Leopold im Museumsquartier.

Die Sammlung Leopold, benannt nach deren Gründer, Rudolf Leopold, umfasst insgesamt 5270 Arbeiten, darunter zahlreiche Werke von Klimt, Schiele oder Kokoschka. Rudolf Leopold begann nach dem Krieg diese damals billig zu erstehenden Künstler zu sammeln. Einerseits waren Bilder der Expressionisten am nationalsozialistisch geprägten österreichischen Kunstmarkt sowieso noch nicht sonderlich viel wert, andererseits waren es gerade die aufgeschlossenen, oftmals jüdischen, SammlerInnen der Vorkriegszeit vertrieben worden und deren Sammlungen zerschlagen worden. Dadurch kam es eben wieder zu einer Übersättigung des Kunstmarktes.
1994 gründete Leopold schließlich zusammen mit der Nationalbank und der Republik Österreich eine nach ihm benannte (formalrechtlich private) Stiftung, um seine Sammlung für die Allgemeinheit zu öffnen. Die Übermachung der Werke aus der, inzwischen Milliarden schweren, Privatsammlung Leopold an die Stiftung, war an den Bau eines Museums gekoppelt. Dafür sollte die Republik Österreich die Mehrheit der Stiftungsräte stellen dürfen, was einem defakto Geschenk an die Republik gleichkommt. Die Leopold Museum-Privatstiftung ist ein eigenes Rechtssubjekt, das nicht dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur untersteht, wiewohl dieses Stiftungsräte stellt und - wie alle Einrichtung des Bundes - vom Rechnungshof geprüft wird.

Durch diese zwiespältige juristische Konstruktion und vor allem mangelnden Willen seitens der Republik, der unterstellt werden darf, dass sie diese aus Bedacht gegenüber mögliche Rückstellungsforderungen gewählt, muss sich das Museum heute auch nicht dem hatte Kunstrückstellungsgesetz unterwerfen, sondern darf sich auf der eigenen Website als dem "wichtigsten Beitrag Österreichs zur Weltkunst" loben.

     

aus TATblatt Nr. +206, Jänner 2004.

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