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Historischer
Regierungserfolg bei
Arbeitslosigkeit.
400 000 Mal ....und raus bist du!
Die Liste der historischen Leistungen der Bundesregierung ist seit 3.
Februar um ein Punkt länger: Im Jänner 2003 war die
höchste Zahl lohnarbeitsloser Menschen in der zweiten Republik zu
vermerken. 312.448 Menschen akzeptiert das AMS als "arbeitslos".
Weitere 80 000 sind zwar ebenfalls arbeitslos, fehlen aber in der
Statistik.
TATblatt.
Der Rekord war absehbar. "Traditionell" bringt der Jänner im
Jahresvergleich stets die höchsten Arbeitslosenzahlen. Das
Weihnachtsgeschäft ist vorbei und der Einzelhandel feuert
MitarbeiterInnen. Der Winter macht gemeinsame Sache mit
UmweltschützerInnen und behindert Bauarbeiten, und seit Jahren
rückläufige öffentliche Ausgaben setzen noch eins drauf:
Wenn es weniger Jobs gibt, dann werden auch weniger
"unternehmensbezogene Dienstleistungen" benötigt. Kaum wer kauft
in schwierigen Zeiten neue Betriebsobjekte, Aufträge an
ausgelagerte Buchhaltungsfirmen werden eingespart,
FinanzanlageberaterInnen drehen im besten Fall angesichts geringer
Anlagefreudigkeit die Daumen, und wo weniger gearbeitet wird, muss auch
weniger geputzt werden.
Doch halt, halt, halt.... Die Zahl der so genannten "unselbständig
Erwerbstätigen" hat doch um 2329 zugenommen im letzten Jahr,
freuen sich sie Presseverantwortlichen des Wirtschaftsministeriums. Und
da soll sich noch wer auskennen? Mehr Arbeitsplätze UND mehr
lohnarbeitslose Menschen gleichzeitig? Wer zaubert plötzlich all
diese Menschen herbei?
Wo kommen all die Menschen her?
Die Rechnung ist genau genommen recht einfach und scheint selbst in der
Statistik - wenn auch versteckt - auf: Im Vergleich mit Jänner
2003 sank die Zahl der beschäftigten Männer nämlich um
5400, während die Zahl der beschäftigten Frauen um 7729
stieg. Während jedoch verlorene "Männerjobs" in der Regel
Vollzeitjobs waren, sind neu geschaffene Frauenjobs
Teilzeitbeschäftigungen. Oder anders: Obwohl heute auf dem Papier
mehr Menschen als vor einem Jahr in Beschäftigung sind, wird
insgesamt weniger gearbeitet, wird weniger verdient und werden weniger
Beiträge bezahlt.
Berücksichtigt mensch auch noch die Tatsache, dass in den
Beschäftigtenzahlen auch BezieherInnen des Kinderbetreuungsgeldes
und Präsenzdiener inkludiert sind und deren Zahl im letzten Jahr
um fast 6900 zugenommen hat (weil Betreuungspersonen jetzt um ein
halbes Jahr länger als früher in Betreuungskarenz bleiben
können; die geschlechtsneutrale Bezeichnung berücksichtigt
übrigens die lächerlichen 2% aller Männer, die sich um
ihre Kinder kümmern), verbleibt ein dickes Minus von knapp 4600
verlorenen Beschäftigungsverhältnissen im letzten Jahr. Aber
so ungefähr wäre es ja auch zu erwarten gewesen, wenn eine
Wirtschaftspartei die Regierung anführt und ein
Großindustrieller für Beschäftigungspolitik
zuständig ist.
"Wahlfreiheit"...
Neben den BezieherInnen des Kinderbetreuungsgeldes (KBG) gibt es aber
auch noch eine ganze Reihe anderer statistischer Leichen in der
Rechnung des Wirtschaftsministeriums. Menschen also, die in der
Realität zwar Arbeit suchen, aber auf Grund bestimmter, von ihnen
selbst nicht oder kaum beeinflussbarer Umstände nicht in die Zahl
der arbeitssuchenden Menschen aufgenommen werden.
Welche Umstände dies sein können, zeigt auch das Beispiel der
Kinderbetreuungsgeld-BezieherInnen. In qualitativen Interviews des
Instituts für Familienforschung waren KBG-Bezieherinnen ein halbes
Jahr nach in Kraft treten des neuen Gesetzes nach dem Datum ihrer
beabsichtigten Rückkehr ins Berufsleben befragt worden. Mehr als
neunzig Prozent der befragten Frauen hatten angegeben, spätestens
nach zwei Jahren in den Beruf zurückkehren zu wollen. Als die
Interviews ein Jahr später wiederholt wurden, wollten zwar noch
immer mehr als neunzig Prozent ins Berufsleben zurückkehren, der
Zeitpunkt der Rückkehr verlagerte sich aber nach hinten;
heißt: in Richtung zweieinhalb Jahren und somit in Richtung
Höchstdauer des Bezugs des KBG oder sogar darüber hinaus.
Innerhalb eines Jahres hatten also eine Mehrzahl der KBG-BezieherInnen
emotional auf ihr gesetzlich fixiertes Rückkehrrecht in den
Beruf (das nur 24 Monate gilt) verzichtet. Angesichts der Tatsache,
dass auch bisher nur 29% aller Frauen nach einer Phase der
Kinderbetreuung tatsächlich auf ihren Arbeitsplatz
zurückkehren konnten, ein wahrhaft katastrophales Ergebnis: Die
Zahl der unselbständig Beschäftigten versteckt knappe 92% der
KBG-beziehenden Frauen, die zwar grundsätzlich arbeiten wollen,
aber gegenwärtig keine Möglichkeiten vorfinden, ihren Wunsch
umzusetzen.
...und andere statistische Leichen.
Der Zahlenakrobatik aber nicht genug, finden sich bei der Bezifferung
von arbeitslosen Menschen noch weitere statistische Abstellkammerln.
Bereits allgemein als Versteck anerkannt ist die Kategorie der
SchulungsbesucherInnen. Ihrer gab es im Jänner 2004 etwas mehr als
39.300. Das sind zwar um gute 2000 KursteilnehmerInnen weniger als im
Jänner 2003, aber - und das verdeutlicht das Ausmaß der
Statistikverschönerung - gleich doppelt so viele wie in den
Jännermonaten 1997 und 1998, den bisherigen Rekordmonaten in
Sachen Arbeitslosigkeit.
Als probates Versteck für unerwünschte Lohnarbeitslose
erweist sich auch der so genannte "Pensionsvorschuss". Diesen erhalten
lohnarbeitslose Menschen, die einen Pensionsantrag gestellt haben,
deren Verfahren aber noch nicht abgeschlossen ist. Da sie ja formell
auf ihre Pension warten (sei es aus Altersgründen oder auf Grund
von Arbeitsunfähigkeit), werden sie vom AMS als nicht dem
Arbeitsmarkt zur Verfügung stehend anerkannt und nicht als
arbeitslos bewertet.
Die Zahl der BezieherInnen eines Pensionsvorschusses hat sich
gegenüber 2003 von ca. 17.000 Menschen auf knappe 30.000 Menschen
erhöht. Im Jänner 1997 hatten überhaupt nur etwas mehr
als 6.000 Menschen einen Pensionsvorschuss erhalten.
Der enorme Anstieg an PensionsvorschussbezieherInnen resultiert nicht
aus dem Umstand, dass Österreich ausstirbt, sondern aus
"Empfehlungen" des AMS, ältere oder öfters kranke Menschen
mögen sich doch in die Früh- bzw. Invaliditätspension
verabschieden. Das AMS profitiert doppelt: Die Betroffenen verschwinden
aus der Statistik und erhalten zudem um 20% weniger Geld. Eine
vorübergehende Einkommensreduktion, die nachbezahlt wird, sobald
der Pensionsantrag positiv im Sinne der AntragsstellerInnen erledigt
ist. Eine vorübergehende Einkommensreduktion, die jedoch NICHT
nachbezahlt wird, wenn dem Pensionsantrag nicht stattgegeben wird. Und
Letzteres ist bei knapp 80% aller VorschussbezieherInnen der Fall.
Versteckspiel.
Der Verstecke nicht genug: Nicht in den aktuellen Arbeitslosenzahlen
enthalten sind etwa auch jene Menschen, die vorübergehend im
Krankenstand sind und daher zwar grundsätzlich Arbeit suchen, zum
Stichtag aber eben Krankengeld von den Gebietskrankenkassen erhalten,
somit also formell "krank" und nicht "arbeitslos" sind. Im Jänner
2004 waren das etwa 7000 Menschen. In der Statistik fehlen weiters jene
Menschen, denen der Arbeitslosengeld- oder Notstandshilfebezug
vorübergehend gesperrt wurde. Außerdem jene (vor allem)
Frauen, bei den das AMS auf Grund der Einberechnung eines
PartnerInneneinkommens zum Schluss gelangt, dass keine Notlage
vorhanden sei und daher auch keine Notstandshilfe auszubezahlen sei.
Pech gehabt....
Und schließlich fehlen auch noch jene Personen, die bei einer
Leiharbeitsfirma zwischengeparkt wurden: Die Leiharbeitsfirma
erhält Förderungen aus AMS-Mitteln, die Leute sind aus der
Statistik,.. und haben dennoch keinen Job. Zumindest keinen, der
erträglich ist.
"Ihr werdet nächstes Jahr ganz, ganz schlimm sein..."
Wie flexibel das AMS dabei zu Lasten der Versicherten vorgeht, beweist
die Tatsache, dass in Relation gesehen in Oberösterreich (wo das
AMS seit mehreren Jahren noch weit menschenverachtender agiert als in
den anderen Bundesländern) weit mehr Frauen wegen "Fehlens einer
Notlage" aus Bezug und Betreuung geschmissen werden als in allen
anderen Bundesländern. Dies, obwohl mensch meinen möchte,
dass für alle Betroffenen gleiche gesetzliche Voraussetzungen
gelten würden. Tun sie auch. Bloß legt das
AMS-Oberösterreich das Gesetz weit restriktiver aus und riskiert
Verurteilungen vor dem Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof. Alles
in allem bleibt dennoch die Ersparnis aus jenen "Fällen", in denen
sich die Betroffenen nicht wehren können oder wollen.
Ähnlich auch bei den Sperren: In Oberösterreich werden etwa
dreimal so viel Sperren ausgesprochen wie im weitaus
größeren Wien, weshalb das AMS-Wien auch als Laschi-Verein
diffamiert wurde (die Oberösterreichischen Nachrichten jubelt des
öfteren über die hervorragenden Leistungen des dortigen AMS
in Abgrenzung zu Wien). Mit Wirkung, übrigens: In einer
Verwaltungsratssitzung des AMS-Wien wurde Mitte November 2003
beschlossen, die Zahl der Sperren im Jahr 2004 zu verdoppeln. Dies ist
jedoch nicht Prophetie, sondern eine schlichte Feststellung: Wir werden
nächstes Jahr doppelt so viel Menschen mit Sperren disziplinieren,
egal, was sie "angestellt" oder "gelassen" haben. Üblicherweise
würde so etwas Gesetzesbruch, Aufforderung zum Amtsmissbrauch oder
Ähnliches genannt werden. Beim AMS ist es möglich...
Gestaltungsmöglichkeiten.
Welche Gestaltungsmöglichkeiten sich dem AMS bieten und wie sie
funktionieren, beweist das Beispiel Kärnten: Dort, wo in wenigen
Wochen gewählt wird, sind seit einem Jahr sinkende
Arbeitslosenzahlen zu vermelden. Kein Monat vergeht, in dem der
Landeshauptmann den Erfolg seiner Beschäftigungspolitik lobt. Der
Clou dabei: Der Nettozuwachs an Betroffenen in den Versteckkategorien
(also Pensionsvorschuss, Schulungen, Sperren, etc.) übersteigt im
Jahresvergleich die Abnahme der Arbeitslosenzahlen um zum Teil 300
Prozent. Oder anders: Das AMS-Kärnten versteckt Monat für
Monat kurz vor dem Stichtag (der Tag, an dem gezählt wird; i.d.R
der 28. eines Monats) gerade so viele Menschen vor der Statistik, dass
sich ein geringes, angesichts der allgemein stark steigenden
Arbeitslosenzahlen aber dennoch auffälliges Minus in den
Arbeitslosenzahlen ausgeht.
Oder ganz anders gesagt: In Österreich sind gegenwärtig fast
400.000 Menschen arbeitslos. Ein echter Rekord, der seit den Zeiten der
seligen Vorbilder von Schüssel, Bartenstein und Khol nicht mehr
erreicht wurde. Ein Vergleich, vor dem mensch dennoch
zurückschrecken sollte: Schüssel ist zwar nicht besonders
groß und mit Sicherheit schmierig, aber als Arbeitermörder
hat er sich unseres Wissens nach noch nicht betätigt...
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