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    Horch und Guck, UK-style.

Auf Anfrage der USA hat der britische Geheimdienst UNO-Generalsekretär Annan vor der Abstimmung über die Irak-Resolution mit Wanzen abgehört. Abgesehen von den allgemeinen Hintergründen, die ausführlich in den Medien debattiert werden, hier eine kurze Zusammenfassung des Skandals, der sich laufend um weitere Abhöropfer ausweitet.

Berichte von BBC, u.a.

Das Ersuchen zur Abhörung von Kofi Annan stammte von Frank Koza von der National Security Agency (NSA) der USA und war an die Global Surveillance Head Quarter (CSHQ) Großbritanniens gerichtet. Seit 1994 ist in Großbritannien das Abhören in dieser Form erlaubt, nicht jedoch nach der international gültigen "Wiener Konvention". Die NSA verlangte zudem nach detaillierten Informationen über die damaligen Sicherheitsratsmitglieder Angola, Kamerun, Guinea, Pakistan, Mexiko und Chile bzw. die Abhörung von deren UNO-Botschaften.
Aufgeflogen ist die Angelegenheit durch eine ehemalige Mitarbeiterin des britischen Geheimdienstes, Katherine Gun, durch deren Hände das Schreiben gegangen war. Gun hat das auch öffentlich zugegeben, woraufhin die Staatsanwaltschaft abrupt das eingeleitete Verfahren einstellen ließ. Die glaubwürdigste Vermutung über diese Strategie der Staatsanwaltschaft ist, daß damit vermieden werden sollte, daß weiter Details vor Gericht besprochen werden.
Die Affäre hat zu den bereits schwelenden Konflikten um abgehörte Botschaften noch weitere hinzugefügt. Seit 2001 sind die Beziehungen zwischen Großbritannien und Pakistan etwas belastet, weil ein als Handwerker getarnter Agent des Geheimdienstes MI5 während des Umbaus der Botschaft in London versucht hatte, Wanzen einzubauen.
Ein Sprecher der chilenischen Regierung hat bestätigt, daß im Frühjahr 2003 Wanzen in den Telefonen der chilenischen UNO-Vetretung gefunden wurden. Die mexikanische Regierung hat diplomatische Noten an die USA und Großbritannien gesandt, in denen Aufklärung verlangt wird.
Auch der oberste Waffeninspektor der UNO für den Irak, Richard Butler, wurde zwischen 1997 und 1999 abgehört. Butler sagt, dass er auf jeden Fall von den Geheimdiensten von Großbritannien, Frankreich, USA und Rußland abgehört wurde. "Sicherlich wurde ich mit Wanzen abgehört. Das war mir sehr bewußt. Wie wußte ich das? Weil die, die das machten, zu mir kamen und mir Aufzeichnungen, die sie von anderen gemacht hatten, zeigten, um mir dabei zu helfen meinen Job zu tun".  Wenn Butler vertrauliche Gespräche führen mußte, ging er stets entweder auf einen Spaziergang in den Central Park oder in ein belebtes Cafe.
Ein australischer Radiojournalist nun hat auch die Bestätigung vom australischen Geheimdienst erhalten, daß der letzte Waffeninspektor  für den Irak, Hans Blix, ebenfalls abgehört wurde. Die Protokolle erhielten die Geheimdienste von den USA, Australien, Kanada, UK  und Neuseeland.

Das Zentrum des Übels, Tony Blair, hat die Veröffentlichung der Fakten über die Abhörung Annans durch Clare Short  als "deeply irresponsible" bezeichnet. Außerdem sei das legal. Shorts Aussagen würden die Sicherheit Großbritanniens gefährden. Short gab ihm zur Antwort, er würde "pompöse Ablenkungstaktiken" verwenden. Es ist nun gut möglich, daß Blair weitere Untersuchungsausschüsse am Hals haben wird, die seine Lügen über die Notwendigkeit eines Irak-Krieges neuerlich beleuchten werden.

     

aus TATblatt Nr. +208, März 2004.

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