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Schwache
Gene. Die Genindustrie torkelt weiterhin von Niederlage zu Niederlage. In Großbritannien wurden alle Zulassungsversuche erfolgreich abgewehrt. Von den ursprünglich 58 Anträgen für diverse Sorten waren bis vorige Woche nur noch drei Anträge übrig, wovon zwei abgelehnt wurden. Allerdings ist nun auch die Regierung Blair trotz formeller Zulassung einer Sorte gescheitert, denn Wales und Schottland haben jede Zulassung verboten und damit ist im ganzen United Kingdom (UK) bis 2008 keine Aussaat möglich. TATblatt. Als wichtigster Betreiber von Anträgen in Europa bleibt nach dem Rückzug von Monsanto noch Bayer übrig. Doch Bayer steckt selbst in einem Milliardendebakel mit zahlreichen Ursachen, das dazu geführt hat, daß nicht nur in zwei aufeinanderfolgenden Jahren massive Wertberichtigungen vorgenommen werden mußten, sondern auch binnen kurzer Zeit den Abstieg von einem der einstmals führenden Konzerne im Bereich Pharma und Chemie zur unteren Mittelklasse herbeiführte. Da konnte nicht einmal helfen, daß Aventis (früher Höechst) freiwillig einen Teil des Kaufpreises für seine an Bayer abgestoßene Gentechniksparte an Bayer wieder zurückzahlte. Aventis wird ohnehin in kürze nicht mehr existieren, da entweder der französische Konzern Sanofi Aventis schlucken und auflösen wird, oder Novartis zulangt. Mittlerweile ist die Finanzwelt in Sorge, welche Milliardengräber noch in den Bilanzen von Bayer schlummern. Daß die Gentechniksparte Bayer CropScience kein Geschäft mehr wird, ist für alle außer dem Bayer-Management einsichtig. Am ehesten könnte noch Gentechmais von Bayer als Viehfutter in Großbritannien zugelassen werden. Jedenfalls gibt es in Großbritannien Importe von Genfuttermitteln. Kurz vor der Entscheidung über eine Zulassung hatte die Regierung angekündigt, daß es bei Freigabe von Gensorten ein Gesetz geben wird, daß die Firmen voll haftbar für Schäden, etwa durch Verunreinigung von biologischen Produkten durch Gentechnik, gemacht werden können. Zweitens taten 3.000 Personen öffentlich kund, daß sie Genfelder verwüsten werden. Blair erteilte die Zulassung trotz einer negativen Stellungnahme des Umweltausschusses des britischen Parlaments. Gleichzeitig wurden die Freisetzungsanträge für Raps und Zuckerrüben abgelehnt. Doch dann kam die Entscheidung des walisischen Umweltministers Jones, daß Genmais von Bayer in Wales keine Zulassung bekommt. Auch Schottland lehnte eine Zulassung ab. Gemäß den Verträgen innerhalb des UK ist damit im gesamten UK keine Zulassung möglich. Als unmittelbare Folge wurde der Chef von Bayer BioScience in Großbritannien, Rylott, sofort entlassen. Hintergrund dürfte sein, daß kurz vor der Entscheidung Blairs ein internes Protokoll von LobbyistInnen an die Öffentlichkeit gelangt war, wonach als Strategie die GentechnikgegnerInnen "zermürbt werden" sollen. Acht Quadratmeter. Während es in Großbritannien also nicht so gut aussieht, gelang der Genindustrie in der Schweiz vor kurzem die Inbetriebnahme des ersten Versuchfeldes, obwohl das vielleicht etwas übertrieben formuliert ist. In Wirklichkeit hat die ETH Zürich, also die dortige Universität, acht Quadratmeter mit Pflanzen bestückt, die durch Stacheldrahtzäune, Kameras und Polizei beschützt werden. Es gab zahlreiche Proteste, Demonstrationen und behördliche Verfahren, die noch immer nicht alle abgeschlossen sind. Zu Recht beklagte sich die ETH Zürich darüber, daß es unter der rot-grünen Regierung in Deutschland erheblich einfacher ist Freisetzungsversuche zu machen als in der Schweiz. Von einem Sieg der Genindustrie zu sprechen ist wohl etwas übertrieben. Hier ging es eindeutig nur um Symbolik, denn schließlich haben in der Schweiz viele Konzerne ihre Zentralen, die fast überall außer in der Schweiz erfolgreich mit Freisetzungsversuchen sind. Auch bei dem Versuchsteam der ETH Zürich ist es so, daß die reale Forschung nicht erst seit heute auf den acht Quadratmetern durchgeführt wird, sondern daß sie regelmäßig nach Frankreich in die Bretagne fahren. Anders als in Süd- und Ostfrankreich gibt es im Westen und in Mittelfrankreich nämlich bisher kaum Widerstandsaktionen gegen Gentechaussaaten. Dafür hat im Februar Belgien im Alleingang die Zulassung von Genraps in der EU abgeblockt. Der Antrag auf EU-weite Zulassung durch Bayer wurde verweigert, weil bei Feldversuchen in Großbritannien nachgewiesen worden war, daß durch Genraps die Fauna, hauptsächlich Schmetterlinge, geschädigt wird. Den nächsten Anlauf nimmt Bayer derzeit mit einem Antrag auf Zulassung von Importen für genmanipulierten Reis in die EU und einigen Freisetzungsanträgen in Deutschland, wo vor allem die Landesregierung von Sachsen-Anhalt kräftig Stimmung macht. Infos: http://www.cbgnetwork.org http://www.genewatch.org |
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TATblatt Nr. +209, April 2004.
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