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UK:
Zwangsweise Identitätsausweise erneut geplant.

Im November 2003 begrub die Regierung Blair vorläufig ihre Pläne zur Einführung einer Verpflichtung für Identitätsausweise, die Fingerabdrücke und Irismerkmale gespeichert zu haben. Doch Blair hielt sich genau fünf Monate an den Beschluß auf einen Verzicht auf diese Ausweise, und nun ist die Debatte wieder auf dem Tisch.

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Dies soll sich konkret auf drei Arten von Ausweisen beziehen: Reisepässe, Führerscheine und Personalausweise. Ursprünglich war geplant, daß als Teil eines "nationalen Ausweisplanes" der Regierung innerhalb der nächsten vier Jahre eingeführt werden sollte, daß für Reisepässe die Fingerabdrücke und die Struktur der Iris der Augen erfaßt werden sollen. Innenminister Blunkett hatte auch angekündigt, daß neben den Pässen auch FührerInnenscheine und Personalausweise auf das neue "Schema" umgerüstet werden sollen. FührerInnenscheine und Personalausweise sollten überhaupt schon in zwei Jahren nur mehr mit biometrischen Daten versehen ausgestellt werden. Ab 2013 wären nur noch biometrische Ausweise gültig und allgemein verpflichtend.
Gegen diese Pläne gab es auch im Kabinett Blairs heftige Gegenwehr, sowohl aus prinzipiellen Gründen durch Außenminister Jack Straw, der auch ein Gegner von Blairs Kriegsplänen im Irak war, und aus pragmatischen Gründen (zu teuer, unpopulär etc) durch Handels- und Industrieministerin Patricia Hewitt und Finanzminister Gordon Brown. Zu Fall gebracht wurden die Pläne jedoch durch den schottischen Minister in der britischen Regierung, Jack McConnell. Dieser kündigte an, daß es für staatliche Leistungen, die Schottland autonom verwaltet, keine Pflicht für biometrische Ausweise geben wird, worauf hin Blair und Blunkett tobten. McConnell hatte allerdings von Schottland aus keine anderen Optionen, denn Schottland wird seit jeher vom linken Labour Flügel regiert, dem noch dazu die ebenfalls linke Scottish National Party (SNP) im Genick sitzt. Die SNP richtete McConnell während der Debatte aus, daß er öffentlich zugeben sollte, daß wenn England und Wales diese Ausweise einführen und Schottland nicht, es zu "Vergeltungsmaßnahmen" kommen wird. Darüber wollten Blair, Blunkett und McConnell aber eindeutig nicht in der Öffentlichkeit diskutieren, und so wurden die Pläne offiziell abgesagt.

Fünf Monate später...

hat nun die britische Polizei angebliche Attentäter festgenommen. Diese sollen geplant haben, in Großbritannien Anschläge zu verüben. Und schon ging der Wendehals Blair wieder an die Öffentlichkeit. "Es gibt keine Einwände wegen der bürgerlichen Freiheiten mehr. Die Logistik ist die einzige Zeitverzögerung", so Blair wörtlich. Außerdem sollen die Anti-Terror-Gesetze gleich nochmals verschärft werden. Jetzt gelten wieder die ursprünglichen Pläne. Die GegnerInnen kündigten postwendend "eine Kabinettsschlacht" an. Blunkett hat die Strategie bereits im Ärmel: Es soll einfach mit der Ausgabe begonnen werden, und wenn genug biometrische Ausweise ausgegeben sind, dann sollen sie für alle verpflichtend gemacht werden. Nach den neuen Plänen sollen diese Ausweise nicht erst 2013, sondern schon 2010 verpflichtend sein.
Derzeit ist aber nicht absehbar, wie sich der Konflikt entwickeln wird. Die Opposition im Kabinett, also Hewitt und Straw, argumentieren knieweich, daß solche Ausweise ja durchaus ihren Sinn hätten, daß aber vor der Verpflichtung erst die Vorzüge ausreichend deutlich gemacht werden müßten. Aus Schottland ist noch keine offizielle Stellungnahme bekannt.
Die Ausweise müssen erst per Gesetz beschlossen werden. Während an einem Beschluß im Oberhaus kein Zweifel besteht, ist im Unterhaus noch nichts sicher. Bei jeder Abstimmung, die um so grundsätzliche Dingen geht, wird die Zahl der RebellInnen aus der eigenen Partei gegen Blair größer. Zuletzt versagten schon ein Drittel der Abgeordneten Blair die Zustimmung und die Tendenz ist steigend. In Wirklichkeit wäre Blair schon längst politische Vergangenheit, wenn sich die konservativen Tories endlich aus ihrem politischen Koma, das nun schon über 10 Jahre andauert, zurückmelden würden. Dafür gibt es jedoch keine Anzeichen.
     

aus TATblatt Nr. +209, April 2004.

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