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    21. März 2004: Wöllersdorf an einem Sonntag im März.

Etwa 30 AktivistInnen haben sich heute gegen 11 Uhr am Hauptplatz in Wöllersdorf eingefunden, um an einer "Kundgebung gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit" teilzunehmen.

In, dem nahe Wiener Neustadt gelegenen, Wöllersdorf hatte sich in den letzten Tagen eine breite „Bürgerinitiative“ gegen die geplante Verwendung einer ehemaligen Kaserne als Flüchtlingslager gegründet. Nicht etwa das Vorhaben von Rotem Kreuz und Innenministerium Flüchtlinge einfach zu kasernieren, statt für Unterkünfte zu sorgen, die eine soziale Isolation und Marginalisierung von Flüchtlingen verstärken, erregte dabei den Unmut der Bevölkerung. Im Gegenteil, unterstützt vom SP-Bürgermeister Schneider wurde im Namen der „Sicherheit“ und des „Wirtschaftsstandortes“ gegen MigrantInnen Stimmung gemacht. Binnen weniger Tage waren 2.400 Unterschriften gesammelt worden, für Sonntag, den 21. März waren in den drei Ortsteilen gar „Schweigemärsche“ geplant, eine Blockade der Autobahn wurde von der BürgerInneninitiative nicht ausgeschlossen.

Auch wenn diese Schweigemärsche Mitte letzter Woche abgesagt worden waren, war dies doch Grund genug für einige kritischen AktivistInnen aus der Umgebung sowie aus Wien nach Wöllersdorf zu reisen. Die aus Wien angereisten wurden schon beim Umsteigen am Bahnhof Wr. Neustadt von Gendarmen argwöhnisch beäugt. Ihre Überforderung mit der Situation entsprechend, reagierten diese auf auf ein Foto, das ein Aktivist von einem am Bahnsteig stehenden Uniformierten zu machen wagte, recht nervös und mit Einschüchterungen. Nachdem die Personalien des Fotografen aufgenommen worden waren, das Löschen des Fotos war zuvor verweigert worden, konnte es auch für diese Gruppe mit dem Regionalzug weiter nach Wöllersdorf gehen.

Dort angekommen, wurden Anreisende wiederum von uniformierten Beamten und etwa zehn besorgten BürgerInnen, die mit Fotoapparaten und Digitalkameras bestückt, alle am Bahnhof Ankommenden abfilmten. Vom Bahnhof ging es nun, unter Polizeischutz, sowie unter den Augen unangenehm berührter EinwohnerInnen, weiter entlang der Hauptstraße zum Hauptplatz, wo die Kundgebung stattfinden sollte.

Trotz einer, zumindest zeitweisen Überzahl an EinwohnerInnen, die den bunt zusammengewürfelten Häufchen DemonstrantInnen auf einer anderen Seiten des Hauptplatzes gegenüberstanden, blieb die Situation während der gesamten Kundgebung entspannt. Zur guten Laune der KundgebungsteilnehmerInnen dürfte aber nicht nur das Wetter beigetragen haben, sondern, dass auch durchwegs interessante Redebeiträge, die an der lokalen Situation in Wöllersdorf orientiert waren und einmal nicht die "Welt erklären" wollten, dominierten, was alles andere als selbstverständlich ist. Das dürfte wohl auch ein Grund dafür gewesen sein, dass die anwesenden WöllersdorferInnen zeitweise sehr aufmerksam verfolgten, was denn da gesagt wurde.

Alles in allem war die Kundgebung in Wöllersdorf also insofern gelungen, als sie die lokale Bevölkerung merklich verstörte und das rassistische Selbstbild der WöllersdorferInnen nicht nur oberflächlich ankratzte.

Ach ja, auch in anderen Orten in Österreich wurde versucht aufgelassene Kasernen zur Unterbringung von Flüchtlingen zu benützen, auch in anderen Gemeinden werden in dem Zusammenhang rassistische Vorurteile gepflegt und von der SPÖ maßgeblich mitgetragen. In Stockerau wurde erst in den letzten Tagen im Gemeinderat eine Resolution verabschiedet, mit der sich alle Fraktionen gegen ein Flüchtlingsquartier in der Prinz Eugen-Kaserne aussprachen.


Zur Dokumentation:
Der Aufruf:

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RASSISMUS: WIR SCHWEIGEN NICHT!

In Wöllersdorf (Bezirk Wiener Neustadt, NÖ) hat sich eine „Bürgerinitiative“ gegen die geplante Verwendung einer ehemaligen Kaserne als Flüchtlingslager gegründet. Unterstützt vom SP-Bürgermeister Schneider wird im Namen der „Sicherheit“ und des „Wirtschaftsstandortes“ gegen MigrantInnen gehetzt. Für kommenden Sonntag sind in den drei Ortsteilen gar „Schweigemärsche“ geplant. Lt. Niederösterreichischen Nachrichten sind auch „härtere Maßnamen, wie eine Blockade der Autobahn“ nicht ausgeschlossen.

Bereits im vergangenen November wurden unmittelbar nach Bekanntgabe der Pläne des Innen¬ministeriums - seitens aller Gemeinderatsfraktionen - binnen weniger Tage über 2400 Unterschriften gegen die Unterbringung von AsylwerberInnen in der ehemaligen Kaserne gesammelt. Dabei wurde unter anderem das Argument ins Treffen geführt, dass eine massenhafte Unterbringung von AsylwerberInnen nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die AsylwerberInnen selbst ein untragbarer Zustand wäre. Abgesehen von der dennoch rassistischen Tendenz hätte diese Sichtweise aber zumindest zu einer Beschäftigung der GemeindevertreterInnen mit der Problematik von Migration, Asylpolitik, etc. führen können. Weit gefehlt! Zum jetzigen Zeitpunkt, wo lediglich die Unterbringung von 200 bis allerhöchstens 300 AsylwerberInnen geplant ist, hat sich die Vorgehensweise der Gemeindeführung und der „Bürgerinitiative“ sogar noch verschärft. Selbst bei „wohlwollender“ Betrachtung der Entwicklung der Problematik ist die Intention der Aktivitäten in Wöllersdorf unverkennbar: „Wir wollen hier keine Ausländer!“ Und diese Politik muss als das benannt werden, was es ist: Fremdenfeindlichkeit und Rassismus.

Es gilt also, gemeinsam Widerstand zu leisten gegen rassistische Hetze, egal ob auf europäischer, nationaler oder lokaler Ebene. Hinter dem Ignorieren von Migration als weltweitem Phänomen des neoliberalen Kapitalismus versteckt sich ein verängstigter Nationalismus, der alles „Andere“ immer nur als Bedrohung sehen kann. Wenn dann eine sich „sozialdemokratisch“ schimpfende Gemeinde zu nichts anderem im Stande ist als zum populistischen Ausnützen rassistischer Ressentiments, dann ist es wieder einmal an der Zeit, aktiv Widerstand zu leisten.

Laut einer Auskunft des Wöllersdorfer Bürgermeisters, Hubert Schneider, wurden seitens der „Bürgerinitiative“ am 17. März die Pläne, am kommenden Sonntag einen Schweigemarsch abzuhalten, fallengelassen. Keineswegs jedoch, weil sie zu irgendeiner Art von Einsicht gekommen wären, nein, erst die Zusage durch Landeshauptmann, Rotes Kreuz und Innenministerium, dass KEINE Flüchtlinge nach Wöllersdorf kämen, hat zu dem Entschluss geführt. Ein Grund mehr, am Sonntag in Wöllersdorf zu sein, um europäischen, nationalen und lokalen, um jede Art von Rassismus zu bekämpfen.


KUNDGEBUNG gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit

Sonntag, 21.3.04, 11 Uhr Hauptplatz Wöllersdorf


Anfahrt: Wien-Süd: 9:57 (Eurocity nach Graz), Wien Meidling ab: 10:04, Wr. Neustadt an: 10:28, Um¬steigen i.d. Regionalzug nach Gutenstein, Bahnsteig 8a (ganz hinten): ab 10:38, Wöllersdorf an: 10:54.
Wer Interesse an ÖBB-Gruppentickets hat: Treffpunkt 9:30 in der Halle am Südbahnhof. Als dann, strömt zu hauf, die Verbindung ist gut, ein Ausflug ins Grüne lässt sich prima anschließen...


Impressum: MHIV Initiative Solidarität statt Rassismus, Lindengasse 40, 1070 Wien. Druck: Eigenvervielfältigung

     

aus TATblatt Nr. +209, April 2004.

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