tatblatt.net __

 

     
     
   

LADYFEST WIEN 10. - 13. Juni 2004

Das Ladyfest ist eine Plattform für feministische, queere und Transgenderkultur und hat sich aus der Do-It-Yourself Kultur der Riotgirrrlbewegung entwickelt. Das Musikfestival, das auch Workshops, Filme, Ausstellungen, Fanzines, Performances und einen Dyke-march beinhaltet, wird von Frauen, Lesben und Transgenders organisiert und richtet sich an alle, d. h. an ein (bunt) gemischtes Publikum. Es wird darum gehen, Räume selbst zu bestimmen und zu gestalten und mit feministischen-, politischen Inhalten zu besetzen.

Die Riotgirrrlbewegung entstand Anfang der 90er Jahre in den USA aus der weiß und männlich konnotierten Punkbewegung. Die Grrrls hatten die Schnauze voll, wollten nicht mehr nur die Freundin des Gitarristen sondern die Gitarristin sein und brachen aus den ihnen zugewiesenen Nebenrollen aus. Schon bald wurden die riot grrrls von der Modeindustrie vereinnahmt und entpolitisiert. Also eigneten sie sich den Begriff „Lady“ an, um die Kontinuität feministischer Forderungen im symbolischen Reifungsprozess des girrrls zur Lady zu verdeutlichen, nicht aber, ohne den Begriff der „feinen Dame“ zu konterkarieren.

Das erste Ladyfest fand 2000 in Olympia (USA) statt. Von dort ausgehend entstanden Ladyfeste in verschiedenen Städten der ganzen Welt. Dabei funktioniert die Idee des Ladyfestes eher wie ein Label, die konkrete Ausgestaltung und inhaltliche Orientierung liegt ganz bei den jeweiligen Organisatorinnen und richtet sich nach dem jeweiligen lokalen Kontext.

Das Ladyfest Wien beinhaltet Musik, Workshops, Filme, Ausstellungen, Fanzines, Performances, einen Dyke- march und Interventionen im öffentlichen Raum.

Die wichtigsten Veranstaltungsorte werden das Ernst Kirchweger Haus (EKH) im 10. Bezirk und die KünstlerInnenhauspassage am Karlsplatz sein. In letzterem wird während des gesamten Ladyfests ein Info-café eingerichtet, das als Anlaufstelle dienen soll.

 

Programm:

Bands:

Donnerstag, Freitag und Samstag abend wird es jeweils im EKH und zum Teil in der KünstlerInnenhauspassage Konzerte und Djane-Lines geben. Eine Auswahl an Bands:

Amtrak (D), First Fatal Kiss (A), Kevin Blechdom (USA/D), Masskotki (PL), Mieze Medusa & Tenderboy (A), Motorama (I), Räuberhöhle (D), Tribad (F), Yumi Yumi (JAP/UK) uvm...

Comics und Zines werden während der gesamten Dauer des Ladyfestes in der Schleifmühlgasse 17 zu sehen sein. Am Mittwoch, 9.Juni findet abends die Vernissage statt.

Ebenfalls im EKH und in der KünstlerInnenhauspassage werden täglich Filme gezeigt. Insgesamt werden über 40 Kurz- und Experimentalfilme, Dokumentationen und Musikvideos zu sehen sein. Das Material ist von den unterschiedlichsten Filmemacherinnen nach einem breiten Aufruf, feministische, queere, ladymade Filme zu senden, geschickt worden.

Ladyfest ist "Do it Yourself!" - und das heißt selber machen, uns selber neu erfinden! Dazu gibt's von Donnerstag bis Sonntag Workshops (für FrauenLesbenTransgender): Konstruktion von Whiteness, Feministische Selbstverteidigung, Transgender-Performancen, Fanzines, Sexualitätspolitiken im S/M-Kontext, Elektronische Musik, Computer-Security, Performative Praktiken zwischen Kunst und Politik, Poetry Slam, Tanzperformance u.v.m....

Das Ladyfest soll eine unkommerzielle, antikapitalistische Veranstaltung sein., d. h. die Eintrittspreise werden möglichst niedrig gehalten, damit auch Menschen mit geringem Einkommen nicht von der Teilnahme ausgeschlossen sind. Die gesamte Veranstaltung ist nicht gewinnorientiert, d.h. dass wir mit den Einnahmen lediglich unsere Kosten decken werden, wie etwa Aufwandsentschädigungen, Fahrtkosten und Verpflegung von MusikerInnen und KünstlerInnen. Die dennoch benötigten Gelder werden durch verschiedene Solidaritätsaktionen (sogenannte Solis) aufgestellt.

Organisiert wird das Fest unentgeltlich von einem Kollektiv von FrauenLesbenTransgenders (kurz FLTs), wobei es sich nicht um eine geschlossene Gruppe handelt, sondern jede FLT kann das Ladyfest sein und das Fest wird genau das werden, was jede einzelne daraus macht. Das Ladyfest kann und soll nicht mit der Idee einer „corporate identity“ gleichgesetzt werden, denn wir arbeiten in einem Organisationsteam das von Heterogenität geprägt ist, da alle Mitwirkenden aus verschiedenen Zusammenhängen kommen und bis jetzt unterschiedliche Erfahrungen sammeln konnten. Wir versuchen jedoch alle Vorstellungen und Ideen ein möglichst vielfältiges Festival zu gestalten in unseren Arbeitsprozess miteinzubeziehen, unsere Erfahrungen auszutauschen und gegenseitig voneinander zu lernen, was stark an das Bilden von Netzwerken anknüpft, wie es bereits die Riot Grrrls praktizierten. Dabei ist Professionalität kein entscheidendes Kriterium ebenso wenig bei der Auswahl der KünstlerInnen, da wir v. a. das Ziel verfolgen, kreatives Potential abseits des Mainstreams zu fördern. Das ganze Festival ist dem Do-It-Yourself - Prinzip verpflichtet, d. h. professionalisierte, kapitalistische Strukturen zu vermeiden und die Gestaltung selbst in die Hand zu nehmen. Unser Anliegen ist es möglichst viele FLTs zur Eigeninitiative und Vernetzung zu ermutigen.

Das soll keinesfalls auf so genannte weibliche Selbstausbeutung hinaus laufen, sondern wir wollen alternative Strukturen entwickeln und etablieren, zeigen wie kulturelle Repräsentation anders funktionieren kann. Das beinhaltet auch das Verhältnis derer, die auf der Bühne stehen, zum “Publikum” zu problematisieren. Auch Zusehende/-hörende haben die Verantwortung, selbst kritisch zu agieren.

Die Grenzen zwischen aktiver Gestaltung und passivem „Konsum“ sollen auch dadurch aufgelöst werden, dass alle aufgerufen sind, jederzeit am Festival mitzuarbeiten, auch während der Veranstaltung spontan aktiv zu werden. Räume sollen eingenommen, gestaltet und umgedeutet werden. Damit wollen wir einerseits aufzeigen, dass es in Wien zu wenig autonome Räume gibt, bzw. solche, in denen oben genannte Inhalte konsequent umgesetzt werden können. Andererseits wollen wir unseren politischen Vorstellungen Raum geben und Strukturen entwickeln, die eigenständige, selbstbestimmte und selbstbewusste Gestaltung ermöglichen und keinen Platz für Alltagsrassismen, Homophobie und Sexismus bieten.

Weitere Informationen auf: www.ladyfestwien.org

     

aus TATblatt Nr. +210, Mai 2004.

>>TATblatt-Homepage  

©TATblatt, 2004
Alle Rechte vorbehalten

Nachdruck, auch auszugsweise, nur in linken alternativen Medien ohne weiteres gestattet (Quellenangabe und Belegexemplar erbeten)!

In allen anderen Fällen Nachdruck nur mit Genehmigung der Medieninhaberin (siehe Impressum).