TATblatt


Erfolgreich?

2xVolksbegehren - ein Kommentar

(siehe auch Artikel über das Frauenvolksbegehren in TATblatt Nr. plus 74)

(einer vom TATblatt)

Erfolgreich waren sie beide, die Ergebnisse können im Artikel über das Frauenvolksbegehren in TATblatt plus 74 und auf der homepage der Grünen nachgelesen werden. Die ProponentInnen des Gentechnik-Volksbegehrens - Kurt Falk und Hans Dichand - konnten mit medialer Unterstützung von Global 2000 und Greenpeace wieder einmal beweisen, was systemkonforme Mobilisierung ist.

Entgegen den Unkenrufen von Wirtschaftskammer und Konsorten zeigte sich der Chef des größten Gentechnik-Betriebes in Österreich, Novartis (ein Unternehmen von Sandoz und Ciba Geigy), völlig unbeeindruckt und bekundete offen, daß sich für sein Unternehmen nichts ändern wird.

Interessant ist im Zusammenhang mit dem Gentechnik-Volksbegehren die mittlerweile offene Auseinandersetzung innerhalb von Gruppen, die Gentechnik ablehnen, bezüglich der Methoden von Greenpeace und Global 2000. Zum einen sind das die Grünen, die politisch in dieser Frage völlig untergegangen sind, und es den beiden Grünkonzernen nun übel nehmen, daß ihre parlamentarische Arbeit nicht gewürdigt wird. Das Ökologie-Institut mosert über die Methoden, weil es selbst gerne ein bißchen bezahlte Vermittlungsarbeit zwischen Industrie und Gentechnik-GegnerInnen spielen würde (wie immer Stichwort: Versachlichung).

Besonders bemerkenswert ist auch, daß die - vor allem bei Mochovce verfolgte - Strategie von Global, das Reservoir an F-lerInnen auszuschöpfen, diesmal vollkommen danebengegangen ist. Falls die Wahlanalysen ausnahmsweise mal annähernd ein Abbild der Verhältnisse geben, dann sind mit 4% der WählerInnenschaft die Mobilisierungserfolge bei den F-lern bei allen Parteien am schlechtesten. Interessant ist weiters, daß von Meinungsforscher Karmasin im letzten "Falter" die Ansicht geäußert wurde, daß den Gentechnik-GegnerInnen in Form von Global und Greenpeace die Utopien fehlen und sie "als kongeniale Partner der Industrie systemstabilisierend geworden sind". Nun mag Herr Karmasin, der sich seine Brötchen u.a. mit EU-Propaganda verdient, von beschränkter Glaubwürdigkeit sein, aber in diesem Punkt stimmt die Aussage. Nicht nur, daß Gentechnik-Campaigner Matthias Schickhofer unmittelbar darauf antwortete, daß in einem Land mit einer solchen Medienlandschaft für Utopien kein Platz wäre. Als weiteres Indiz dazu kann gewertet werden, daß der ehemalige Geschäftsführer von Global 2000, der zwischenzeitlich für die von Wirtschaftskammer und Bank Austria finanzierte ÖGUT (Österr. Gesellschaft für Umwelt und Technik) arbeitete, nunmehr seit einigen Monaten die Öffentlichkeitsarbeit als Angestellter bei Greenpeace leitet (neidlose Gratulation! vom TATblatt). Wie die Öffentlichkeitsarbeit bei Greenpeace aussieht, erklärt sich schon dadurch, daß das von dem Grünkonzern herausgegebene Magazin von der Firma "Cicero Medien Consult" gedichtet wird. Cicero Consult erstellte auch die EU-Propaganda "Kurz & Klar" und hat als weitere Kunden die Industriellenvereinigungen von Wien und Tirol. Daß diese Propaganda erfolgreich und mit dem gewünschten Effekt produzieren können, hat die EU-Abstimmung gezeigt.

Trotzdem sollte wahrscheinlich der Mobilisierungseffekt nicht unterschätzt werden, vor allem in Hinblick auf zukünftige direkte Aktionen gegen Freisetzungsversuche und ähnliche Sauereien. Ein freundliches Umfeld ist für nächtens auf Äckern herumtrampelnde AktivistInnen stets eine große Erleichterung.

Gerade angesichts des Fehlens einer Propagandamaschinerie ist das Frauenvolksbegehren eindeutig von größerem Erfolg. Mit geringen Mitteln - ein vergleichbarer Werbeaufwand wäre nie und nimmer finanzierbar gewesen - und gerade von Forderungen, die den offenen Widerstand von Machtgruppen herausgefordert haben, wurde eine teilweise Mobilisierung an der Basis erreicht, auf die sicher bei zukünftigen Aktivitäten zurückgegriffen werden kann, um weitere Forderungen durchzusetzen.

Ein weiteres Argument, warum das Frauenvolksbegehren wesentlich systemunverträglicher ausgerichtet und damit radikaler ist, ist das Faktum, daß 21% der UnterzeichnerInnen sich aus Nicht-WählerInnen der letzten Nationalratswahl (bei Gen 10%) rekrutierten. Dies stößt gleich mehrere sonst verbreitete "Tatsachen" über den Haufen, nämlich, daß Nicht-WählerInnen apolitische AussteigerInnen sind und dies nicht als gewollten politischen Akt verstehen, und daß die SPÖ immer nach der F hin WählerInnen verliert und deshalb gleichsam zu AusländerInnenfeindlichkeit, aber auch zu Frauenfeindlichkeit gezwungen ist, um nicht noch mehr zu verlieren. Gerade bei diesem Volksbegehren hat sich dank der frauenspezifischen Forderungen ein linkes Potential von 200.000 Leuten aufgetan, das dezidiert die Liebäugeleien von Grünen, LIF und SPÖ mit dem rechten Sumpf und machtvollen Lobbies (wozu auch Häuserspekulanten gehören) ablehnt und die Unterstützung verweigert.


Vorabdruck aus: TATblatt Nr. plus 75 (8/97) vom 24. April 1997
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