TATblatt


Interaktives Straßentheater

Grenzschutztag in Wien

"Kommt als GrenzschützerInnen, PolizistInnen, SoldatInnen, Uniformierte, NATO- oder UNO-Personal, Integrationsbeauftragte, RückführerInnen, SchreibtischtäterInnen oder SozialarbeiterInnen, kurz als echte WEU-BürgerInnen!" - hieß es im Aufruf. Und sie kamen, und zwar am Samstag, den 26.4. in die Wiener Innenstadt, zu einer politischen Manifestation der besonderen Art.

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Kurz nach 14 Uhr verwandelte sich der Bereich rund um den Stock im Eisen Platz für einige Stunden in österreichisches Grenzgebiet. Der Platz wurde abgesperrt, uniformierte Personen aller Gattungen der inneren und äußeren Sicherheit patrouillierten rund um den Platz. Ein Durchkommen gab es nur an der Grenzstation, mit von den Behörden akzeptierten Papieren. Auf alles Fremde und Unerwünschte wurde gnadenlos Jagd gemacht - und nachdem sich das vermeintlich Unerwünschte in Metropolen stets besonders zahlreich präsentiert, wurde auch gleich ein Gefängniskäfig auf der Platzmitte aufgestellt.

Wer atmet wird abgeschoben

Die vermeintlichen Behörden trieben die Inhalte des neuen Integrationspaketes auf die Spitze und präsentierten diese lauthals mittels Megaphon. Die Feindbilder wurden benannt und ihnen wurde folgendermaßen der Kampf angesagt:"Drogenhändler, Kommunisten, Chinesen, Mafiabosse, Wirtschaftsflüchtlinge, Schlepper, Kinderverzahrer, kurz: Albaner aller Gattungen scharren in ihren Löchern vor den Grenzen Europas um über uns herzufallen und uns zu überfluten!

Deshalb: Errichten wir überall Kontrollstellen! Machen wir das ganze Land zum Zollgrenzbezirk! Rigorose Aufenthaltsberechtigungsüberprüfungen! Scharfe Ausweiskontrollen auch bei (Kriminal-?) Touristen und Einkaufssamstags-"Öserreichern"! CO2 Messgeräte für alle! Wer atmet wird abgeschoben!"

Mittels modernster Überwachungsgeräte und durch massiven Personaleinsatz konnte eine derartige Überflutung der Wiener Innenstadt an jenem Nachmittag gerade noch verhindert werden. Selbst ein mitgebrachter Wachturm war vonnöten um die ansässige Bevölkerung vor multikultureller Überflutung zu schützen.

Gesindel demonstriert

Doch wie immer bei derart staatstragenden Aktionen - auch diesmal gab es ein Grüppchen von Wirrköpfen,das glaubte, auch diese Form des nationalen Selbstschutzes kritisieren zu müssen. In Form einer Demonstration sollte Verwirrung geschaffen werden, um es staatsfremden Individuen zu ermöglichen, möglichst unerkannt über den Stock im Eisen Platz zu huschen. Doch unsere unentwegten GrenzschützerInnen bereiteten diesem pseudodemokratischem Spuk rasch ein Ende. Durch entschlossenes Eingreifen - die DemonstrantInnen wurden sogleich in den Gefängniskäfig abtransportiert - konnte die Ruhe an der innerstädtischen Grenze binnen kürzester Zeit wieder hergestellt werden.

Destruktive Polizei

Alles wäre nach Plan verlaufen, die innere Stadt wäre ausländerInnenfrei geblieben, wäre da nicht die reale Wiener Polizei äußerst kontraproduktiv aufgetreten. Sie verlangte eine sofortige Öffnung der innerstädtischen Grenze, mit dem Hinweis, daß derartige Maßnahmen nur an der regulären Grenze zu tolerieren seien. Wieder einmal zeigte es sich, daß es nach wie vor nicht so weit ist, daß sich alle BeamtInnen ihrer nationalen Pflicht besinnen. Trotz dieser Erschwernis, gingen die selbsternannten GrenzschützerInnen auch danach noch äußerst engagiert an ihre Aufgabe heran. Eine Wiederholung derartiger Aktionen betrachten auch wir als äußerst erstrebenswert, denn nur so wird es uns bewußt werden, was es heißt, im harten Grenzeinsatz gegen die Überflutung anzukämpfen.

P.S.: Einige BeobachterInnen des Geschehens konnte fürwahr nicht geholfen werden. Sie zeigten sich zwar begeistert über diese Aktion, glaubten aber, daß es sich um eine Aktion gegen die sog. "Schlepperbanden" handelte.

(in der Papierausgabe gibts einige hübsche Fotos dazu)


aus: TATblatt Nr. plus 76 (9/97) vom 7. Mai 1997
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