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zu Aktivitäten rund um den Nationalfeiertag siehe
[Artikel "Frieren gegen Militarismus"]
[BekennerInnenbrief zu Buttersäureanschlag]

Oh du mein Österreich...

Rund um den Nationalfeiertag hat sich wieder einmal der nationale Wahn gezeigt. Auf jene Gedanken, die Frau und Herrn ÖsterreicherIn rund um dieses historische Datum plagen, wollen wir kurz eingehen.

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Frühmorgens am 26. Oktober war Tagwache für jene Frauen, die es nicht lassen konnten, den Kriegsdienst zu verherrlichen und selbst ins Schlachfeld zu ziehen. So begann ihr Tag um sechs Uhr früh mit Morgensport. Den übrigen Tag über beschäftigten sie sich mit Tarnen, Exerzieren und Schulung an der Waffe, also den schönsten Seiten des Soltatinnentums. Die neuen Uniformen für diese Kriegerinnen wurden von der Modeschule Hetzendorf entworfen und präsentiert. Doch warum diese Inszenierung? Hat sich die Emanzipation der Frauen in Österreichs konservativen Reihen schon so weit durchgesetzt, daß diese vieleicht in Zukunft auf ihre "ureigenen" weiblichen Tätigkeiten verzichten wollen?

Die wahren Hintergründe dessen liegen ganz woanders: Das Verteidigungsministerium feierte das Märchen vom letzten Soldaten (hier sollen's nur Männer gewesen sein!), der unser gelobtes Land vor nunmehr 42 Jahren verlassen hatte. Damals, ja damals war ja noch alles anders, damals gehörte dieser Tag ja noch der Fahne. Und heute? Mensch teile die Bevölkerung in drei Klassen: Alle gemeinsam feierten sie den Nationalfeiertag: "Sportliche mit einem 'Fitlauf', weniger Sportliche mit einem 'Fitmarsch', gar nicht Sportliche, dafür aber Patriotische (Da schau Heer, die gibts auch noch, Anm. des Tip.), indem sie die rotweißrote Fahne hissen." (Kurier, 26.10.97) Daß dies nicht so einfach ist, ist klar, von den richtigen Bügelfalten bis zum geschriebenen Gesetz, alles muß beachtet werden. Daß die Aufgabe des Bügelns den emanzipierten Kämpferinnen mittlerweile abgenommen wurde, verdanken sie der Technik: Diese beschert ihnen "Bügelfreies in Rot weiß rot". Wie damit umzugehen ist, erleuterte ein "Kleiner Leitfaden für patriotische Flaggenhisser" in Kurier, von dem wir hier einige Auszüge bringen wollen: "Wer meint, die österreichische Fahne sei ein schlichtes Stück Stoff aus drei Streifen, ist ein staatspolitischer Banause. Regeln und Vorschriften bestimmen das Flattern." Denn: "Früher war alles anders. Da war die Fahne aus Baumwolle und hatte ihren Tag (der Fahne) - den 26. Oktober. Heute ist sie modern, pflegeleicht und aus Polyester. Und hat keinen Tag mehr." Und es fehlen die Vorschriften, was einigen Schwierigkeiten zu bereiten scheint: "Sogar das Bundesheer verzichtet auf die Flaggenparade." Denn es tun sich schwerwiegende Fragen auf: "Wie halte ich meine Fahne faltenfrei? Oder: Ist es mit meiner Würde vereinbar, sie in eine Waschmaschine zu stecken?" Ja, die Würde der Fahne beschäftigt auch die BeamtInnen des Innenministeriums, steht doch auf Herabwürdigung der Fahne eine saftige Gefängnisstrafe von einem Jahr! Ganz klar sind sich die Behörden darüber jedoch noch nicht: "Ob die Fahne auf Unterhosen Österreichs Ansehen schadet, ist Auslegungssache", so der zuständeger Ministerialrat Peter Fischer im Kurier.

Sicher dagengen sind sich die ÖsterreicherInnen. Nach einer rechtzeitig zum Nationalfeiertag veröffentlichten Umfrage des Linzer IMAS-Institutes ist die "Heimat" - wie sollte es anders sein? - das liebste Gut von Herr und Frau Österreicherin. Dicht gefolgt von den "sympatischen Wörtern" "Ordnung" und "Sicherheit". Mit etwas mehr Abstand folgen dann "Sparen", "Stabilität" und "Fernsehen". Die Spitze der "unsympathischen Wörter" bilden mit deutlichem Abstand "Kernenergie" und "Genforschung". Gefolgt (oder besser verfolgt) vom "Beamtentum", "Euro" und den "Ausländern". Auf jeden Fall analysiert der IMAS-Chef den "Signalcharakter dieser Schlüsselbegriffe": "Die Bewertung lasse Rückschlüsse auf repräsentative Denkmuster und Gefühlslagen zu. Heimat als Sieger reflektiere den starken Wunsch nach Vertrautem. Dies sei freilich kein Wertekonservatismus: Begriffe wie Modern, Technik, Flexibilität und Wettbewerb schnitten nämlich auch gut ab." (Presse, 26.10.97) Dann ist ja alles gut. Nur vor einem müssen wir warnen: der Begriff Familie schien in der Statistik nicht auf, was wohl einen Rückschluß auf die mittlerweile um sich greifende Zersetzung dieses alten Wertes zuläßt. Treffsicher und ohne aufwendige Umfrage erkannt hat dies zuvor schon Herr Oberst Egger, Kommandant vom Jägerregiment 3, als er vor der katastrophal niedrigen Geburtenrate in Österreich warnte. "Geht das so weiter, wird sich zumindest der christliche Teil der heimischen Bevölkerung in weniger als hundert Jahren halbiert haben. Das Fortschreiten der Emanzipation der Frauen und Homosexuellen - schon immer Begleiterscheinung des Niedergangs von Kulturen - wird die Auflösung der traditionellen Familienstruktur weiter fördern." Ähnlich wie die SPÖ fordert er, den "Nachwuchsverweigerern tief in die Tasche" zu greifen. Die SPÖ würde dies natürlich sozial staffeln.

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aus: TATblatt Nr. +86 (19/97) vom 6. November 1997
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