Am 27. und 28. Oktober gab es nicht zum ersten Mal eine Großrazzia der Polizei zur "Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität und Überprüfung nach den Bestimmungen des Fremdengesetzes." Ort des Geschehens waren die Wiener U-Bahnlinien U3, U4 und U6.
TATblatt
An etlichen U-Bahnstationen wurden alle Ein- und Ausgänge wie die Bahnsteige kontrolliert. Neben den SicherheitswachebeamtInnen war auch eine große Zahl von Kriminalbeamten im Einsatz. Laut Zeitungsangaben wurden 750 Personen perlustriert. Dutzende Menschen wurden festgenommen. Die Aktion lief an beiden Tagen bis in die Abendstunden. Wie üblich wurden auch diesmal laut ZeugInnenaussagen hauptsächlich Schwarze kontrolliert. Die FPÖ ist von der Razzia so begeistert, daß Sicherheitssprecher Hilmar Kabas gleich die Einrichtung einer 150 köpfigen U-Bahnpolizei fordert.
Großrazzien zur Kontrolle von Menschen ohne österreichischen Paß häufen sich in letzter Zeit auffällig. In Kärnten wurden im Sommer in einer Nacht- und Nebelaktion 2000 "GastarbeiterInnen" kontrolliert. Während des Sommers war die Donauinsel der Ort regelmäßiger Razzien, bei der in erster Linie Schwarze (darunter z.B. auch der Rapid-Spieler Samuel Ipoua - in diesem Fall medienwirksam) kontrolliert wurden.
Das Bild vom schwarzen Drogendealer wurde letztes Jahr massiv von der Kronen-Zeitung verbreitet. Als im Sommer inhändler" zu betiteln. Zudem wurde der FPÖ-Vorschlag einen "Arrestanten-Jet für Afrikaner" zu kaufen, aufgegriffen. Weitere Krone-Zitate "Machtlos gegen 1000 Nigerianer", die als Drogenhändler "frech in U-Bahn-Stationen und Parks auftauchen, um ihre Drogengeschäfte aufzunehmen." Die Polizeistatistik verzeichnete damals ganze 22 Festnahmen von NigerianerInnen für das erste Halbjahr 1996. Die Gleichsetzung NigerianerIn bzw. SchwarzafrikanerIn und DrogendealerIn setzte sich trotzdem zumindest bei der Polizei durch. In Wien sind 1600 Menschen mit dunkler Hautfarbe aus Afrika gemeldet. 450 wurden von der Polizei in Zusammenhang mit Drogen, oft auf bloßen Verdacht hin, verhaftet. Weniger als die Hälfte der Fälle wurde dann an die Staatsanwalt weitergeleitet.
Bei einer Diskussionsveranstaltung des Wiener Afro-Asiatischen-Instituts zu diesem Thema berichteten AfrikanerInnen reihenweise über völlig ungerechtfertigte Festnahmen, Übergriffe und unerträgliche Zustände, was sogar den anwesenden Sicherheitsbürochef Max Edelbacher zu der Aussage "Ich bin erschüttert" veranlate. Am Vorgehen der Polizei hat die Erschütterung jedoch offensichtlich wenig geändert. Ein Lehrer aus Togo erzählte, daß er alle zwei Wochen kontrolliert und nach Drogen durchsucht wird. Der UNIDO-Botschafter aus Tansania berichtete, daß auch sein 13jähriger Sohn bereits beamtshandelt wurde.
Die Polizeiaktionen sind die Umsetzung der AusländerInnenpolitik der Regierung, die vorsieht, die Zahl der in Österreich lebenden Menschen ohne österreichischen Paß möglichst gering zu halten. Die Polizeiaktionen führen zu einer Erhöhung der Zahl der Deportationen. 6729 waren es im ersten Halbjahr. Die Regierung plant außerdem sowohl eine Senkung der Familienquote und eine Senkung der Niederlassungsquote von 18.400 auf 8660 Plätze, darin nicht berücksichtigt sind 2500 Saisoniers. In den letzten Jahren wurden 23.000 Jobs für Nicht-EU-AusländerInnen abgebaut. Neu nach Österreich gekommene Nicht-EU-BürgerInnen haben, wenn sie nicht eine sogenannte Schlüsselarbeitskraft sind, schon seit Jahren keine Chance mehr auf einen Arbeitsplatz.
Die für 1998 geplante Familienquote reicht nicht einmal aus, um die jetzige Warteliste zu halbieren. Im Rahmen des Familiennachzugs sollen nur 4600 Personen nach Österreich kommen dürfen. Selbst die Bundesländer, deren Warteliste am längsten sind (Niederösterreich, Oberösterreich, Wien und Vorarlberg), reduzieren ihre Quoten fürs nächste Jahr neuerlich. Die Quoten gelten selbstverständlich nur für Normalsterbliche. Familienangehörige von Führungskräften und selbständig Erwerbstätigen dürfen sofort einreisen.
aus: TATblatt Nr. +86 (19/97) vom 6. November 1997
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