Kurznachrichten - Rassismus
Die SPÖ und der Rassismus
12.000 Deportationen aus
Österreich
Hungerstreik in Schubhaftgefängnissen
USA betreiben rassistische
Visavergabe
Spuckekontrolle in Deutschland
Deportation nach Algerien
Willkommene Flüchtlinge
Die SPÖ und der Rassismus
Wieder einmal beweist die SPÖ, daß Antirassismus nicht ihre
Sache ist. In einem Interview mit der Grazer Kleinen Zeitung gab Innenminister
Karl Schlögl auf die Frage, was seiner Meinung nach die Ursachen der
Wahlniederlage der SPÖ sind, von sich: "Die große Verunsicherung
in der Bevölkerung darüber, daß Graz ein Zentrum der Zuwanderung
geworden ist. (...) Wesentlich dazu beigetragen hat offensichtlich, daß
in Graz 1038 Schwarzafrikaner leben." Weiters spricht er sich für
eine "harmonische Verteilung" der ZuwandererInnen über "Österreich,
andererseits in den Großstädten auf die einzelnen Bezirke" aus.
Sonst komme es zu sozialen Spannungen, die auf andere Bezirke übergreifen
könnten. Bei der nächsten Wahlniederlage der SPÖ fordert
Schlögl dann vielleicht eine Ausgangssperre für NichtösterreicherInnen,
damit der rassistische Mob keine NichtösterreicherInnen mehr sehen
muß und dafür vielleicht wieder die SPÖ wählt. Schlögls
Rezept für den "guten Menschen" (Schlögl) Stingl, der sich nicht
dazu herabgelassen hat, seinen Wahlkampf mit rassistischen Parolen zu führen,
lautet: er soll Gespräche mit den Leuten führen, ihre Bedürfnisse
feststellen und danach die Prioritäten festlegen und die Politik neu
ordnen. Liest mensch sich die LeserInnenbriefe in den lokalen Zeitungen
durch, kann das nur schreckliches bedeuten. Sozialhilfe für AfrikanerInnen
läßt die BriefschreiberInnen beispielsweise fast durchdrehen,
auch wenn es dabei nur um 117 Menschen geht, die wöchentlich ganze
ATS 700 bekommen.
Der Skandal um Schlögls Aussagen, die wieder einmal die Rassismusopfer
für den Rassismus (Schlögls Euphemismus "große Verunsicherung")
verantwortlich machen, beschränkt sich aber nicht nur auf Schlögls
Aussagen, sondern manifestiert sich auch in dem fast völligen Ausbleiben
von kritischen Reaktionen von ParteifreundInnen. Die einzigen kritischen
Aussagen, die in den Medien zu lesen waren, kamen von der Grazer SP-Frauenvorsitzenden,
die eine "beschämende Fehlbeurteilung der Situation" an Schlögls
Analyse erkennt und von SP-Geschäftsführer Andreas Rudas, der
meinte, daß die Gewinne der KPÖ Schlögl widersprechen.
Der Geschäftsführer der Grazer SP, Karl Heinz Herper, erkennt
wenigstens so ungefähr, wo das Problem seine Wurzeln hat, wenn er
daraus auch wahrscheinlich die falschen Schlüsse zieht: "Dunkle Hautfarbe
ist den Leuten zuviel."
Ein eigenes Süppchen in der Angelegenheit kocht der steirische
SP-Vorsitzende Peter Schachner-Blazizek. Gerade in dem Moment, in dem Stingl
die Unterstützung der ÖVP braucht, um wieder Bürgermeister
zu werden, verkündet er, daß es auf Landesebene zwar mit der
FPÖ "niemals einen Pakt geben werde", das aber nicht für ihre
Stimmen gelte, was nichts anderes heißt, daß er sich vorstellen
kann sich von der FPÖ zum Landeshauptmann wählen zu lassen. Damit
erleichtert er es der ÖVP sich auf Grazer Ebene mit der FPÖ statt
mit der SPÖ zu einigen und fällt Stingl in der Rücken.
In Wien will die SPÖ im Herbst die ersten AusländerInnenbeiräte
wählen lassen. Dieser sollen auf Bezirks- und Landesebene beratend
tätig sein. Ein weiterer Versuch der SPÖ, sich vor einem Wahlrecht
für AusländerInnen zu drücken. (Kleine Zeitung, Wiener Zeitung,
Kurier, Standard)
12 000 Deportationen aus
Österreich
15 837 Menschen wurden letztes Jahr in Österreich in Schubhaft genommen.
1996 waren es 14 781. 12 037 davon wurden deportiert. Derzeit gibt es 900
Schubhaftplätze, ein bundesweiter Ausbauplan ist abgeschlossen. In
Eisenstadt soll das ehemalige WIFI-Haus um neun Millionen Schilling zu
einem Schubgefängnis umgebaut werden. Die FPÖ sammelt Unterschriften
gegen das Gefängnis, weil es in einem Wohngebiet und in der Nähe
einer Schule liegt. Martin Huber, der Sicherheitsbeauftragte der burgenländischen
Landesamtsdirektion beruhigt die erhitzten Gemüter und weist darauf
hin, daß das Gefängnis "mit sämtlichen Sicherheitsvorkehrungen
ausgerüstet" werden wird. In Dornbirn, Wien und in der Stadt Salzburg
werden die Bundespolizeidirektionen ausgebaut. Am Flughafen in Schwechat
soll um 100 Millionen ein Schubgefängnis für 100 Menschen gebaut
werden. (Standard)
Hungerstreik in Schubhaftgefängnissen
Über 100 Menschen in Schubhaft befinden sich derzeit (6.2.) im Hungerstreik.
Hungerstreik ist die einzige Möglichkeit aus der Schubhaft entlassen
zu werden. Zwischen Jänner 1996 und Oktober 1997 konnten so 1 682
Menschen ihre Freiheit wiedererlangen. Seit längerem plant das Innenministerium
eine Gesetzesänderung, die es ermöglicht, gegen Schubhäftlinge
im Hungerstreik vorzugehen, um sie nicht entlassen zu müssen. Seit
erstem Jänner werden SOS-Mitmensch und die Caritas offiziell in die
Betreuung von Schubhäftlingen eingebunden.
Zu größeren Diskussionen haben die Hungerstreiks in Bludenz
geführt. Der Sicherheitsdirektor Elmar Marent hat alles versucht,
um die Hungerstreikenden nicht entlassen zu müssen, weil er "sich
nicht erpressen lassen wolle". Selbst von einer (verbotenen) Zwangsernährung
war schon die Rede. Die Organisatoren des Hungerstreiks wurden als "Rädelsführer"
bezeichnet. Landeshauptmann Sausgruber unterstützte seinen Sicherheitsdirektor
und war sich nicht zu blöd in diesem Zusammenhang vom "hohen Gut"
der Rechtsordnung zu sprechen, daß aufrechterhalten werden müsse.
Die Vorarlberger FPÖ unterstützt selbstverständlich ebenfalls
die "harte Haltung" des Sicherheitsdirektors. Einige der Hungerstreikenden
wurden in andere Gefängnisse verlegt. Zwei Libanesen haben am 31.1.
versucht, sich die Pulsadern aufzuschneiden. Die meisten haben den Hungerstreik
gegen die Zusicherung einer raschen Entscheidung abgebrochen. Ein Serbe
aus dem Kosovo, der im Dezember 27 Tage im Hungerstreik war und daraufhin
entlassen wurde, erhielt von der Republik eine Rechnung - "Kosten der Vollziehung
der Schubhaft" - über ATS 24.000 (80 Tage zu jeweils ATS 300) präsentiert.
(Vorarlberger Nachrichten, Neue Vorarlberger Tageszeitung, Standard)
USA betreiben rassistische
Visavergabe
Durch die Entlassung eines Angestellten des US-Konsulats in Sao Paolo und
den darauffolgenden Prozeß wurde bekannt, daß es in US-Konsulaten
interne Vergaberichtlinien für TouristInnen-Visa gibt, die Menschen
aufgrund ihres Aussehens oder ihres Wohnortes von vornherein von der Visaerteilung
ausschließen. Die Antragsformulare werden mit Kürzeln versehen,
die über die Visavergabe entscheiden. Kein Visa gibt es im Normalfall
für LP (looks poor), TP (talks poor), LR (looks rough), TC (take care).
Ziemlich sicher mit einem Visa können hingegen RKs (Rich Kid) rechnen.
Besonders streng werden auch AntragsstellerInnen mit chinesischem oder
arabischem Namen oder BewohnerInnen bestimmter Städte (meist
solche mit einem hohen Anteil Schwarzer Bevölkerung) geprüft.
Der Angestellte des Konsulats in Sao Paolo wurde entlassen, weil er sich
weigerte, diese illegalen Richtlinien zu befolgen. (International Herald
Tribune)
Spuckekontrolle in Deutschland
Kein Aufwand scheint den deutschen Behörden zu hoch, um Einwanderungswilligen
das Leben schwer zu machen. Zur Überprüfung von Verwandschaftsverhältnissen
bei Einreisewilligen die eine Familienzusammenführungen beantragen,
lassen die deutschen Behörden das Institut für Rechtsmedizin
der Uni Münster mittels DNA-Analyse den Speichel der BewerberInnen
mit dem der in Deutschland lebenden Verwandten vergleichen. Das Verfahren
ist angeblich zu 99% sicher, was aber immer noch heißt, daß
etliche BewerberInnen zu Unrecht abgelehnt werden werden, dauert mehrere
Wochen und ist wahrscheinlich auch ziemlich teuer.
Ein neues Gesetz soll abgelehnte AsylwerberInnen von Sach- und Geldunterstützungen
ausschließen. Nur die Unterkunft in einer Sammelunterkunft soll ihnen
zustehen. (Standard)
Deportation nach Algerien
Weder der deutsche noch der österreichische Innenminister haben grundsätzlich
ein Problem damit, geflüchtete AlgerierInnen nach Algerien zu deportieren.
Die Forderung mehrerer SPD-regierter Bundesländer nach einem Deportationsstopp
wurde von Manfred Kanther zurückgewiesen. Eine verstärkte Einzelfallprüfung
reiche aus, meint der deutsche Innenminister. Eine Ansicht der sich sein
österreichischer Amtskollege anschloß. Gegen 3000 AlgerierInnen
läuft in Deutschland derzeit ein Ausweisungsverfahren. Letztes Jahr
wurden 495 deportiert. (Kurier)
Willkommene Flüchtlinge
Über 200 Flüchtlinge in einem Ort mit 600 EinwohnerInnen, und
der Bürgermeister organisiert keine Demonstrationen, sondern sagt
"Wir sind glücklich ... Sie sind unsere letzte Chance." Sowas passiert
natürlich nicht in Österreich, ist aber auch nicht aus einem
utopischen Roman. Das Dorf heißt Badolato und liegt in Kalabrien,
Italien. Von den ehemals 4 000 EinwohnerInnen leben nach etlichen Erdbeben
und Überschwemmungen nur noch 600 in dem Dorf. Der kommunistische
Bürgermeister bietet seit eineinhalb Jahren Flüchtlingen die
leerstehenden Häuser und Wohnungen (für immer) an und hofft so,
wieder etwas Leben in das verwaiste Dorf zu bringen und ein Zeichen für
die Möglichkeit des Zusammenlebens von Menschen unterschiedlichster
Herkunft zu setzen. Die Dorfgemeinschaft unterstützt das Projekt und
hilft den Flüchtlingen aus der Türkei, Bangladesch, Ägypten,
Kenia etc. mit Lebensmitteln, Haushaltswaren, dem Erlernen der Sprache
etc. (Standard)
aus: TATblatt Nr. +91 (3/98) vom 12. Februar 1998
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