TATblatt; LINK.*-FrauenRaum im Rondell, Bunte Bühne
1991 wurde von seiten des bundes erstmals die absicht erklärt,
aus dem rondell ein theater für freie gruppen zu machen. Es folgten
7 jahre ausschreibung, wettbewerb, intrigen, nachdenkpause. 7 jahre, in
denen monatlich ats 65.000,- an lokalmiete vom bund an die hausbesitzerin
- die anker-versicherung - bezahlt wurden.
Das konzept LINK.* kommt, zumindest nach meinung von dessen betreiberinnen, der ausschreibung des bundes und somit dem widmungszweck des lokals äußerst nahe. Es soll raum für kunst, kultur und politik - u.a. mit dem schwerpunkt geschlechterkonflikt - geboten werden. Rund 50 kunst- und kulturinitiativen und über 1.000 einzelpersonen unterstützen das projekt.
Um das rondell bewarb sich aber auch der jazzclub "Porgy and Bess".
Einen fairen wettbewerb hat es da laut LINK.* nie gegeben, denn: für
porgy and bess engagiert sich u.a. die bank~austria, die dem jazzclub jährlich
eine million schilling zuschießt. Darüber hinaus erhält
das porgy and bess jährlich drei millionen schilling von bund und
stadt. "Sollte LINK.* das Rondell bekommen, muß der Bund für
das international renommierte Porgy noch einmal 20 Millionen für ein
anderes Lokal auftreiben. Für LINK.* hingegen nicht.", so der für
die eigentlich-chefsache-kunst irgendwie schon auch zuständige staatssekretär
Wittmann, zitiert nach einem flugblatt von LINK.*.
Trotzdem schien anfänglich alles ganz gut zu laufen. Im dezember 1997 veranlasste nach einer projektpräsentation von LINK.* der chef, bundeskanzler Klima, höchstpersönlich ein treffen zwischen Wittmann, dem wiener kulturstadtrat Marboe, frauenministerin Prammer und LINK.*, das nach einigen verschiebungen im april 1998 tatsächlich stattgefunden hat. Marboe ließ sich dabei von einem beamten vertreten, der seine entscheidungskompetenz im auftrag Marboes ausdrücklich feststellte.
Bei diesem treffen kam es zu einem für das frauenraum-projekt höchst erfreulichen beschluss: Der umbau des derzeit einer ruine nicht unähnlichen lokals sollte durch 15 millionen vom bund, 3,5 millionen von der stadt wien und 1,5 millionen aus dem frauenministerium finanziert werden. Zum laufenden betrieb wollte die stadt wien 3,8 millionen im jahr zuschießen. 0,5 millionen pro jahr sollte es überdies vom bund geben, wenn die an dem projekt beteiligte "Bunte Bühne" 5 millionen schilling pro jahr eigendeckung auf zwei jahre nachweisen könne.
Bereits am 10. april wurde von der stadt wien die zusage aber wieder zurückgezogen. Es habe sich um ein missverständnis gehandelt, die stadt wien würde lediglich eine million schilling im jahr für den laufenden betrieb zahlen, wurde aus dem rathaus verlautet.
Trotzdem legte LINK.* am 30. april dem bundeskanzlerInnenamt die geforderten
unterlagen vor, die die erfüllung aller aufgetragener bedingungen
belegten.
Am 5. mai um 14 uhr erfuhren die LINK.*-frauen vom "abbruch der gespräche"
von seiten des bundeskanzlerInnenamts - ausschließlich aus APA und
presse. Um 15 uhr wurden von Wittmann verhandlungen mit porgy and bess
aufgenommen. Bereits um 16 uhr wurde der zuschlag für porgy and bess
bekanntgegeben.
Mit der am 20. mai begonnenen besetzung soll bundeskanzler Klima zur revidierung der wittmännischen entscheidung gebracht werden.
"Kunst ist Chefsache! Wir warten im Rondell auf den Chef!", schrieben
die besetzerInnen. Eine polarisierung zwischen porgy and bess und dem LINK.*
lehnten und lehnen sie allerdings ab. In wien muss platz für beide
sein, verlangen sie.
Die besetzung am nachmittag des 20. mai wurde anfänglich mit einem großen polizeiaufgebot beantwortet. Dieses zog allerdings bald wieder ab, da die derzeit nutzungsberechtigte der kino-ruine - die I.G. theater - politisch hinter den forderungen von LINK.* steht und sich in ihrem hausfrieden nicht gestört fühlte.
Über eine ganze woche lang konnte so im rondell das geboten werden, wofür es eigentlich gewidmet ist, nämlich freies theaterprogramm, musik, literatur und kabarett.
Am 28. mai begannen sich die ereignisse zu überstürzen. Zuerst
drohten die LINK-*-projektbetreiberInnen mit einer klage auf einhaltung
der subventionszusage. Dann signalisierte Wittmann erstmals wieder verhandlungsbereitschaft.
Daraufhin wurde wie klagsdrohung wieder zurückgezogen. Am abend wurde
schließlich die baupolizei aktiv, begehrte die räumung des rondells
und verlieh dieser forderung durch sicherheitswache-begleitung nachdruck.
Das rondell wurde schließlich verlassen - ohne widerstand, wie einige
anesende beklagten, aber auch nicht freiwillig, wie die LINK.*-betreiberInnen
betonen. Mit einer neuerlichen besetzung und mit weiteren aktionen ist
jederzeit zu rechnen. Also: augen und ohren offenhalten!
aus: TATblatt Nr. +99 (11/98) vom 4. Juni 1998
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