Argentinien: Flugblatt der MST vom 19.12.
Aufstand in Argentinien gegen die Regierungspolitik
--------------------------------------------------------------------------------
Dokumentation
--------------------------------------------------------------------------------
Der Aufstand in Argentinien gegen die Regierungspolitik macht ein weiteres
Mal die Notwendigkeit einer effektiven internationalen Solidaritätsarbeit
deutlich. Zur Information haben wir die deutsche Übersetzung eines Flublattes
unserer argentinischen Schwesterorganisation MST (Movimiento Socialista de los
Trabajadores, Sozialistische Bewegung der ArbeiterInnen) beigefügt, das noch
vor dem Rücktritt von Wirtschaftsminister Cavallo verbreitet wurde.
Die MST ist die größte Organisation der argentinischen Linken und Teil des
Wahlbündnisses Izquierda Unida, das bei den Wahlen im Oktober mit 600000
Stimmen über 5% der Stimmen landesweit erhalten hat.
Redaktion "wastun!"
(Flugblatt der MST vom 19.12., 15 Uhr)
Um mit De la Rua, Cavallo und ihrem Sparprogramm Schluß zu machen:
Generalstreik und Argentinazo!
Nach dem Streik vom 13.12. sahen sich am folgenden Wochenende hunderte
BewohnerInnen der ärmsten Stadtteile von Rosario, Mendoza und Entre Rios
gezwungen, Supermärkte zu plündern, um nicht vor Hunger zu sterben. Die Rebellion
dehnte sich auf Gran Buenos Aires und Capital Federal aus. Die Lage ist
unerträglich. Den Protesten der Händler schlossen sich binnen einer Stunde
Abertausende an, die mit dem Trommeln von Kochtöpfen (Cacerolazos), protestierten. Im
gesamten Land äußert sich die Wut in Streiks, Demonstrationen,
Straßenblockaden, Besetzungen von Gebäuden und Banken. Große Wut gegen eine kriecherische und zynische Regierung, die die Löhne der ArbeiterInnen enteignet, weder die
RentnerInnen noch Arbeitlosen bezahlt und die ärmsten Sektoren der Mittelklassen
in das Elend wirft. Die Welle der Proteste gegen die Spar- und Raubpläne von
De la Rua, Cavallo und den IWF ist ausgebrochen, weil dies niemand mehr
aushalten kann.
Sie wollen alles mit allen Mitteln
Sie haben die Löhne und Renten gekürzt. Sie klauten die Gehälter und
Sparkonten. Aber nun wollen sie auch noch den Rest. Der Haushalt 2002, den Cavallo
dem Kongreß vorgelegt hat, eliminiert den Lehrerzuschlag, kürzt die Löhne noch
mehr und erdrückt die Provinzen vollkommen. All das, um den Forderungen des
IWF nachzukommen, der auf die Bezahlung unbezahlbarer Schulden besteht, die
außerdem die Leiden der Bevölkerung extrem steigert. Und sollte das alles
nicht ausreichen planen sie bereits eine Abwertung und Dollarisierung. Die
Abwertung, um die Löhne noch mehr zu senken und die Dollarisierung, um den
Bankiers, den privatisierten Betrieben und den großen Wirtschaftsgruppen ein weiteres
Geschenk zu machen. Sie wollen alles mit allen Mitteln. Wir müssen sie
stoppen!
Erobern wir die Straßen im ganzen Land!
De la Rua und Cavallo glauben, daß sie so weitermachen können, weil sie die
Unterstützung der PJ (Peronisten) und der Gewerkschaftsführer haben. Der
Gipfel war die "Unterstützung" durch den gerade freigelassenen Delinquenten
Menem. Daer und Mayano riefen angesichts der Wut der Bevölkerung zu einem
24-stündigem Streik auf. Aber sie folgen den Befehlen von Ruckauf, Duhalde und De la
Sota, (peronistische Politiker) setzen die Stillhalteabkommen fort und wollen
weiter paktieren. Die Spitze der CTA statt zum Kampf aufzurufen, machte eine
"Volksbefragung" um über die Eliminierung der Armut abstimmen zu lassen.
Diese Führer müssen gezwungen werden, einen Generalstreik zu organisieren. Ein
Generalstreik mit einem großen Marsch zur Plaza de Mayo, bis diese Regierung
verschwindet und ihr Plan auf dem Müll landet.
Um uns zu verteidigen müssen wir fortfahren, die Straße zu erobern um die
Löhne, die Renten und das Recht zu essen zu verteidigen. Wir alle, die kämpfen,
müssen uns mit den Tausenden vereinigen, die im Minutentakt hinzukommen.
Versammlungen von Vertretern und Vertrauensleuten müssen sich mit denen in
anderen Gebäuden und nahegelegenen Niederlassungen koordinieren. Es sind
Veranstaltungen zu organisieren, die ArbeiterInnen müssen sich mit den kleinen
Händlern und Arbeitslosen versammeln, und jede Art von Maßnahmen sind zu ergreifen
und in einer großen landesweiten Rebellion zu vereinigen, mit einem
Generalstreik und täglichen Märschen zur Plaza de Mayo und allen Plätzen des Landes bis
zum Sturz der Regierung und ihrer Pläne.
Es gibt einen Ausweg aus der Krise!
Die Straße erobern, einen Generalstreik und großen landesweiten Aufstand
organisieren, um den Sparhaushalt, Nulldefizitplan und Haushalt 2002 zu kippen.
Versammlungen, Mobilisierungen, Cacerolazos, Straßenblockaden, Besetzungen
von Fabriken, Schulen oder Universitäten, Streiks sind der Ausgangspunkt für
einen weiteren aktiven nationalen Streik, für den von den CGTs und der CTA
verlangt werden muß, das Stillhalteabkommen zu beenden und einen Generalstreik
zu organisieren, der die Straßen und Plätze in allen Städten und Dörfern
besetzt und in einer großen Mobilisierung zur Plaza de Mayo mündet, als Teil eines
Plans landesweiten Kampfes für fortschrittliche Maßnahmen.
Weder Dollarisierung noch Abwertung noch Einfrieren der Sparguthaben.
Sofortige Einstellung der Zahlung der Auslandsschulden!
Vollständige Nationalisierung der Banken, die verantwortlich sind für das
finanzielle Ausbluten des Landes, sowie des Außenhandels unter Kontrolle der
ArbeiterInnen, um die Kapitalflucht zu stoppen. Wiederverstaatlichung der AFJP
und aller privatisierten Unternehmen. Plan öffentlicher Arbeiten mit dem Bau
von Wohnungen, Wiederaufbau der Industrie, Eisenbahn, Hospitäler, Schulen,
wodurch Millionen Arbeitslose wieder arbeiten können. Internationaler Aufruf an
alle Länder Lateinamerikas für die Einheit in einer gemeinsamen
wirtschaftlichen und politischen Front für die Nichtzahlung der Außenschuld.
Weg mit de la Rua- Cavallo und dem IWF!
Für eine Regierung der ArbeiterInnen und der Linken!
De la Rua und Cavallo sind Diener des IWF, der Oligarchen und Bankiers, die
die nationale Zerstörungspolitik der Regierung Menem fortsetzen. Das Volk hat
sie mit den Stimmzetteln und auf der Straße abgelehnt. Die PJ von Ruckauf,
De la Sota und Duhalde sind auch keine Lösung, im Gegenteil sie sind das
gleiche. Sie müssen gehen.
Schluß mit den korrupten Regierungen, die die Oligarchen und ausländischen
Bankiers verteidigen. Für eine provisorische Regierung der Arbeiter und der
Linken, die die dringenden Maßnahmen zugunsten der Bevölkerungsmehrheit
ergreift.
Demokratische und souveräne Verfassungsgebende Versammlung!
Verhindern wir daß eine Handvoll korrupter Politiker und ihre Herren von
Banken und IWF hinter dem Rücken des Volkes beschließen. Für eine souveräne
Verfassungsgebende Versammlung mit allen Befugnissen, um die Auslandsschulden zu
annullieren und Maßnahmen für die Reorganisierung und den Wiederaufbau des
Landes zu ergreifen. Demokratisch gewählt mit einer breiten proportionalen
Vertretung der abgegebenen Stimmen auf der Grundlage eines landesweiten
Stimmbezirkes. Nicht nur Parteien sollen teilnehmen dürfen sondern auch alle
Organisationen der Arbeiter, sonstigen Bevölkerung, Arbeitslosen, Studierenden, und
ihre eigenen Repräsentanten postulieren und zur Wahl aufstellen. Vor den Wahlen
muß es zu einer breiten öffentlichen Debatte kommen, die im Fernsehen
übertragen wird, aber auch während der Versammlung, wo die Parteien und
Organisationen der arbeitenden Bevölkerung über die grundlegenden zu ergreifenden
Maßnahmen debattieren.
Für ein Nationales Treffen der ArbeiterInnen - mit oder ohne Arbeit - der KämpferInnen und der Linken!
Wir rufen alle Organisationen, die der Landesversammlung der Streikposten
(Piqueteros) vorstehen auf, den Beschluß der 2. Streikpostenversammlung nicht
länger aufzuschieben und eine offene Versammlung aller Arbeiter- und
Volksorganisationen , die gegen die Kürzungspolitik kämpfen und der Linken
einzuberufen, um einen Plan landesweiten Kampfes sowie von Notmaßnahmen im Interesse der arbeitenden Bevölkerung zu beschließen. Zugleich müssen regionale
Versammlungen, Koordinationen und Konferenzen aller Kämpfenden vorangebracht werden.
Für die Einheit der Organisationen und Persönlichkeiten der Linken, um
wichtiger Teil dieses Aufrufs zu werden.
Für die Einheit der Linken
Von Izquierda Unida (Vereinigte Linke) aus glauben wir weiterhin, daß die
Einheit der Linken notwendig ist, um eine neue gewerkschaftliche und politische
Alternative für die arbeitende Bevölkerung aufzubauen. Deshalb halten wir es
für positiv, daß wir mit den anderen Organisationen bei zahlreichen
Gelegenheiten in den letzten Monaten uns gemeinsam mobilisieren konnten. Wir rufen
auf, zu Izquierda Unida zu kommen, um für die Einheit der Arbeiter und der
Linken zu kämpfen.
|