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Interview mit zwei Wurzener Antifaschisten. [3] |
Wurzen-Broschüre. |
Wenn von der Polizei also keine Unterstützung zu erwarten war, habt ihr die wenigstens von anderen für die Villa erfahren?
Und bezüglich Antifa?
Teilt ihr den Eindruck, daß die Eltern ihren Fascho-Kindern Rückhalt geben?
Und wie sieht es mit euren Eltern aus?
Wie ist der Einfluß der regionalen Presse?
(5) Das Wurzner Tageblatt und die Leipziger Volkszeitung (LVZ) fusionierten zur LVZ mit einer Lokalbeilage und -redaktion in Wurzen namens Muldentalzeitung. |
Auch die Faschos mögen die Presse nicht. An dem besetzten
Haus steht: Jürgen, vielen Dank für Deinen kleinen Dienst.
Lügenpresse halt die Fresse. Für uns ist es schwierig einzuschätzen, was
es an Antifa-Aktivitäten gab, bevor Leipzig ins Spiel kam. Warum habt ihr - aus unserer Sicht relativ spät - Kontakt mit Leipzig
gesucht? Was habt ihr von Leipzig erwartet? Was waren die Ergebnisse der Antifaaktivitäten? Schweißte die zur Schau gestellte Militanz die Faschos zusammen? Was waren so die Konflikte, Probleme mit Leipzig? Fühltet ihr euch nicht manchmal übergangen? Anderes Thema: Was bedeutet Punk in Wurzen? Was sind eure Perspektiven, Treffpunkte in Wurzen? Und bei den Faschos? Was folgt daraus für die Antifa-Arbeit?
(Jürgen Kleindienst ist ein Journalist der MTZ)
Wir sind ja auch rumgefahren, um zu beobachten, um rauszukriegen, wo sie
wohnen, das wußte wir bei vielen nicht.
Und je härter die Gangart von den Faschos war, desto mehr wurde dann
natürlich auch zurückgeschlagen. Es hat aber an fähigen Leuten
gemangelt, ein paar haben wir zwar zusammengekriegt...
Auf die Punks konnte man sich nicht verlassen. Wenn in der Stadt nichts
los war, keine Faschos, dann war eben nichts. Wenn die Faschos mal wieder
zugeschlagen haben, sind auch ein paar Punker mit aufgestanden.
Damals war's noch nicht so schlimm wie heute. Es gab Gespräche, zu
Anfangszeiten der Villa: Scheiße, was machen wir heute, wenn keine
Faschos kommen.
Recherche von uns aus lief auch. Bei dem Wurzner Volksturm erst, das war
ja was Wurzenkonkretes. Der hatte sich schnell gegessen gehabt. Später kam
die Wiking Jugend dazu, das war was bundesweites, da wurden wir schon stutzig,
wie das geklappt hat. Versucht wurde schon, da eine Struktur reinzubringen. Wir
haben mal zusammengesessen, um Aufgaben zu verteilen, Strukturen zu
durchleuchten. Das ist leider wieder eingeschlafen. Das lag an uns.
Wir hatten da draußen vor allem eine Punker-Szene und ein paar
fähige Leute. Wie das so üblich ist: Punks gehen in die
Stö. (6) Da hat die Antifa ihren Ruf: Antifa? Ahh nee. Wir waren uns
trotzdem einig, daß wir irgendwann nach Leipzig wollten. Es war ziemlich
spät. Wir haben aber auch mehrere Anläufe gemacht.
(6) Stockart-Straße - Straßenzug mit vielen ehemals besetzten Häusern in Leipzig-Connewitz.
So wie ich das in Erinnerung habe, gab es bei uns die Diskussion um die
Einverleibung. Die Antifa war außerdem verschrien als Laberverein.
Dann gab es auch Einwände wie: Wenn ihr die jetzt holt, dann kommen die
in die Stadt, machen was, hauen ein paar Faschos zusammen und wir haben die
dann auf dem Hals, uns zerren sie dann aus dem Bett, die fahren heim und
schlafen. Das war so der O-Ton. Der ist heute noch da, genau so. Und das ewige
Gelabere der Antifa, das hörst du überall: das Gequatsche...
Ganz am Anfang dachten wir, daß wir das alleine schaffen, dann fing es
an, uns über den Kopf zu wachsen. Es war ja wirklich das Bestreben, eine
Antifa-Gruppe aufzubauen. Es ist natürlich klar, daß man dann mit
anderen in Kontakt treten will. Erstmal hatten wir zu tun mit unseren Leuten da
draußen - in der Provinz.
Ist zwar irgendwie logisch, aber es kann natürlich sein, daß
uns das irgendwelche Leute nur einreden wollen. Ich habe da auch dran geglaubt,
daß die Faschoszene durch die erste Demo zusammengeschweißt wurde.
Daß sie mal wieder einen richtigen Gegner hätten. Der Müller
hat nach der Demo abgelassen: Für eine bundesweite war's tüchtig
dünne. (allgemeine Zustimmung)
Ich hatte immer Probleme mit der Herangehensweise: Was macht man
dagegen? Eine Demo. Dieser Mangel an Kreativität. Manchmal fällt
einem wirklich nichts Besseres ein.
Für die anderen Linken sind Punks - so steht es in der Zeitung - die,
die [Minimal] plündern, Müll auf die Straße schmeißen,
sowieso verrückt aussehen. In einer so konservativen Stadt so rumzurennen,
ist ja schon krank. Die Villa war einfach nicht attraktiv für andere
Linke. Davon hätte es bestimmt noch 10 bis 15 auf der Penne gegeben. Und
aus den Dörfern. Auch von den auswärtigen Punks kam nichts. Nur
Publikum beim Konzert.
Aber genau das ist es, was du in Wurzen nicht kannst, wo dich keiner
ranläßt. Du kriegst keinen Fuß mehr rein. Mit dem Begriff
Antifa brauchst du in Wurzen gar nicht zu kommen, schön wär's.
Es fängt schon bei dem Begriff an: Faschisten sind wir auch nicht, sagen
sie dir so ins Gesicht. Ich bin doch kein Faschist. Ich bin stolz auf meine
Heimat und ich will, daß ich hier als Deutscher unter Deutschen leben
kann.
Normalerweise mußt du ja solche Leute mit Aufnäher oder Eisernem
Kreuz ausgrenzen und sagen, du kommst hier nicht rein. Das funktioniert aber
nur, wenn die in der Minderheit sind. Das ist hier aber nicht gegeben. Faschos
sind stinknormal in der Stadt. Mit Mode hat das nichts mehr zu tun.
Gesunde Natur - gesunde Deutsche. (Dieses Foto erschien in der MTZ zum Thema Schulgartenunterricht. Das Exotische
ist nicht der Fascho (r.), sondern der Gingkobaum (li.).)
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Ende des Interviews.
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