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»Arbeit und Ausdauer«

Die von Knoops zählen zu den mächtigsten der deutschstämmigen Familien in Chiapas. Ein Besuch bei Seniorchefin Bettina von Knoop bringt Aufschluß über die Familiengeschichte: »Alle Mexikaner, die ein bißchen Köpfchen haben, werden Ihnen sagen, daß der Soconusco nur dank der Deutschen reich ist«, sagt sie. Und außerdem: »Die Deutschen haben gezeigt, daß man mit Arbeit und Ausdauer zu etwas kommt.« Die von Knoops sind Besitzer der Kaffee-Finca Prusia, zu deutsch »Preus-sen«, der nach Liquidambar zweitgrößten Plantage im Distrikt Angel Albino Corzo. Bettina von Knoop war nicht nur Zeit ihres Lebens Plantagenherrin, sondern einige Jahre auch Honorarkonsulin der Bundesrepublik Deutschland in Tapachula, der Kaffee-Hauptstadt des Soconusco. Hier besitzen alle deutschen Großgrundbesitzer eine Stadtvilla und in der Innenstadt ein Büro.

Mit der Familie Schimpf-Hudler verbindet Bettina von Knoop eine besondere Nähe, schließlich sind sie gewissermaßen Nachbarn: Ihre Plantage Prusia liegt gleich neben Liquidambar. Wer Bettina von Knoop besuchen will, muß sich allerdings in das standesgemäße Anwesen der Familie in einem noblen Vorort von Tapachula bequemen. Es grenzt direkt an den Gartenzaun des Herrenhauses von Patrocinio González Garrido, dem ehemaligen Gouverneur von Chiapas. Der Gartenzaun sieht freilich eher aus wie ein gelungenes Imitat der Berliner Mauer. Nach seiner Amtszeit in Chiapas wurde Garrido vom Präsidenten Carlos Salinas de Gortari zum mexikanischen Innenminister ernannt. Er ist daher ein nicht überall beliebter Mann, vor allem nicht in Chiapas.

An der ausladenden Pforte zum Park um die Villa der von Knoops spazieren zwei muskulöse Pittbull-Terrier herum. »Keine Angst, die beißen nicht«, beruhigt ein Hausdiener, der den Vierbeinern eilig hinterhertrabt, und die Toreinfahrt öffnet. »Das Taxi kann bis direkt vor das Haus fahren«, versichert er zuvorkommend. Im sorgfältig angelegten Tropengarten rund um die Villa flattern krächzende Papageien durch Bananenstauden und Palmen.

Bettina von Knoop erzählt über die Ansiedlung ihrer Familie im unwirtlichen Soconusco. Aus Guatemala kam ihr Großvater Guillermo (Wilhelm) Kahle zunächst als Angestellter des Handelshauses Lüttmann nach Chiapas. Doch schon bald gründete er eigene Kaffeeplantagen. Die Besitztümer nannte er »Hannover«, wie seine Heimatstadt, »Germania« in Erinnerung an das Vaterland und »Prusia«. Das Leben der Kolonisten sei hart gewesen, erzählt Frau von Knoop. Dennoch haben die Plantagen bald zumindest soviel abgeworfen, daß Großvater Kahle sich regelmäßige Safariausflüge nach Afrika leisten konnte. Noch heute zieren die Jagdtrophäen das rustikale Herrenhaus an der Pazifikküste.

Abbildung 4.4: Kaffeesäcke der Ernte 1996 auf Liquidambar
Kaffeesäcke der Ernte 1996 auf Liquidambar, 18.20k

Walter Kahle, der Sohn Guillermos, tat sich in den 30er Jahren bei der Repression gegen landfordernde Bauern besonders hervor. So zerstörte beispielsweise eine von ihm geführte paramilitärische Gruppe zusammen mit Soldaten 1933 das Ejido Joaquín Miguel Gutiérrez bei Tapachula. Ein Jahr später machte die neu gegründete Cámera del Trabajo de Chiapas, ein Zusammenschluß unabhängiger Campesino-Organisationen, in einem Manifest Walter Kahle persönlich verantwortlich für zahlreiche bewaffnete Überfälle auf Gruppen von Gewerkschaftsmitgliedern. Von all dem redet Frau von Knoop aber lieber nicht.

Genausowenig von der Afrika-Leidenschaft Folke von Knoops, dem Sohn Bettinas und heutigen Chef von Prusia. Im Garten seiner Residenz an der Straße von Tapachula nach Huixtla hat der Plantagenbaron einen großen Käfig errichten lassen. Hinter den Gitterstäben wandelte bis vor einigen Jahren der einzige Löwe von Chiapas hin und her. Das Raubtier hatte sich Folke von Knoop eigens aus Afrika bringen lassen. Fünf Hühner wurden dem König der Tiere täglich zum Fraß vorgeworfen, der Hausdiener und seine Familie durften sich gleichzeitig mit Tortillas und Bohnen begnügen.

Folke von Knoop ist nicht der einzige erfolgreiche Unternehmer, den die Familiendynastie hervorgebracht hat. Bereits Mitte des 19. Jahrunderts etablierte Ludwig von Knoop die Textilindustrie in Rußland. »Als Unternehmer zeichnete sich von Knoop durch enge Verbindung von strategisch planender Gründermentalität und taktisch-händlerischer Begabung aus«, heißt es über den Unternehmer-Vorfahren der erst im 19. Jahrhundert (finanz-) geadelten Familie in einem biographischen Lexikon. Die Tugenden der Familie scheinen von Generation zu Generation weitergegeben worden zu sein. Andrea von Knoop vertritt die Familie noch heute in Rußland. Sie arbeitet für deutsche Großbanken in Moskau. Die Dresdner Bank AG, die Commerzbank AG und die Deutsche Bank überwiesen Gehälter auf ihr Konto. 1993 wurde sie vom Deutschen Industrie und Handelstag (DIHT) gar zur »Delegierten der deutschen Wirtschaft« in Moskau erhoben.

Abbildung 4.5: Schwerbewaffnete Privatpolizei auf Prusia
Schwerbewaffnete Privatpolizei auf Prusia, 15.45k

Einem gewissen Theodor von Knoop hatte es hingegen Asien angetan. Er fungierte jahrelang als Leiter der Wirtschaftsabteilung der deutschen Botschaft in Tokio. Während des Nationalsozialismus hatte er es immerhin zum Offizier der deutschen Marine gebracht. Ein Zweig der Familie von Knoop ließ sich nach dem Krieg in Mexiko nieder. Ihr Begründer trägt den Namen Hubertus Ludwig Albert von Knoop. Ihn nahmen die Alliierten in Nordafrika als Wehrmachtsangehörigen gefangen und internierten ihn anschließend in den USA. Seine zukünftige Frau lernte er kennen, weil die deutschen Kolonisten aus Chiapas ihren notleidenden Landsleuten aus der Wehrmacht Lebensmittelpakete in die USA schickten. Eine der Paket-Absenderinnen hieß Bettina Kahle, geboren auf der Kaffeeplantage Germania am 15. Januar 1926 und Tochter eines der deutschen Kolonisten. Leutnant von Knoop heiratete die hilfsbereite Deutsche aus Chiapas, sobald er freigekommen war, um auf den Kaffeeplantagen ein neues Leben anzufangen. Die fünf Kinder der Familie Gabriela, Brigid, Katja, Folke und Valeska von Knoop wurden in Südmexiko geboren und führen die Familientradition weiter. Folke von Knoop hat seinerseits eine gute Partie gemacht und in die Familie von Manuel Bracamontes Gris, dem wohl einflußreichsten mexikanische Kaffeepflanzer in Chiapas eingeheiratet.



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