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Die Reise nach Fizi


Um den 17. September herum willigt der Kommandant ein, von den Bergen herabzusteigen, aber ohne Befehle Lamberts will er nicht angreifen; Che beschließt, diesen in Fizi aufzusuchen. Herzlicher Empfang von seiten der Bauern. Ein Lastwagen dient ihnen zum Transport.


CHE: Unterwegs gab es in jedem Dörfchen, durch das wir kamen, eine Menge bewaffneter Männer; in jedem von ihnen gab es einen Chef, der zu Hause oder bei Freunden wohnte, gepflegt und im allgemeinen mit genügend zu essen und zu trinken. (...)

Die Soldaten schienen große Freiheiten zu genießen und mit dieser Situation sehr zufrieden zu sein; zwar liefen sie immerzu mit der Waffe über der Schulter umher, doch nicht das geringste Anzeichen von Disziplin, von Kampfbereitschaft oder von Organisation war zu bemerken. [Es herrschte] eine große Distanz zwischen den Männern Lamberts und denen Maulanas, die einander wie Hunde und Katzen beäugten; Charles, den Inspektor Masengos, erkannten sie sofort und behandelten ihn mit größter Kälte.


Später beschrieb Che den Ort Fizi wie folgt:

CHE: Es ist eine kleine Siedlung, aber insgesamt noch die größte, die ich im Kongo kennengelernt habe, es besteht aus zwei sorgfältig voneinander abgegrenzten Vierteln; einem kleinen mit gemauerten Häusern, einige davon sehr modern, und dem afrikanischen Viertel mit den üblichen Hütten, viel Elend und weder Wasser noch Hygiene.

Sie befinden sich auf dem Gebiet des Generals Maulana, der sie wegen seiner Diskrepanzen mit Lambert äußerst kühl empfängt, Che gerät mitten in den Stammeskonflikt und das gespannte Verhältnis zwischen den beiden Kongolesen. Die beiden laden ihn zum Essen ein. Lambert nimmt vor dem General »vorschriftsmäßig« Haltung an. Ohne sehr präzise zu werden, berichtet Che Teile seines Gesprächs mit Lambert über den Angriff auf Lulimba.

Über seine Assistenten läßt Maulana Botschaften an Che Guevara überbringen: diese Boten waren [ebenso wie der Oberst der Gegend von Kasongo] Veteranen der Kämpfe aus der Zeit Lumumbas, während Masengo und Kabila später hinzugestoßen waren und die Bewaffnung in den Stammesgebieten, in denen sie Einfluß hatten, verbessert hatten. Maulanas Leute bitten um kubanische Berater, und Che erklärt ihnen, daß er seine Kräfte zu konzentrieren versucht und nicht über eine breite Front verstreuen will, daß ein oder zwei Kubaner nichts an der Situation ändern würden; im Gegenzug lud er sie ein, an den See zu kommen, um dort an Kanonen und Mörsern ausgebildet zu werden, denn in Fizi hing die Bedienung dieser Geschütze ganz von einem gefangengenomenen griechischen Söldner ab.


CHE: Diese Argumente überzeugten sie nicht im geringsten. (...) Der General lud mich nach Baraka und in sein Dorf Mbole ein. Diplomatisch nahm ich die Einladung an, aber noch am selben Tag sollten wir in die Gegend von Lulimba zurückkehren. Bevor wir aufbrachen, nahmen sie mich auf einen Rundgang durch Fizi mit, und ich hatte Gelegenheit, einen Verwundeten zu untersuchen, der aus Kasongo kam. Die Kugel war ihm durch den Schenkel gedrungen und die unbehandelte Wunde hatte sich entzündet und verbreitete einen scheußlichen Gestank. Ich empfahl, ihn augenblicklich nach Kibamba zu bringen (der Verletzte befand sich bereits zwei Wochen in diesem Zustand), damit ihn die Ärzte behandelten, und schlug vor, daß man ihn zusammen mit uns nach Baraka bringen könnte. Sie hielten es aber für wichtiger, den Lastwagen mit einer umfangreichen Eskorte zu beladen, und ließen den Verletzten in Fizi zurück; ich hörte nichts weiter von ihm, aber ich kann mir vorstellen, daß es ihm sehr schlecht ergangen ist. Das wichtigste war jetzt, die »Show« zu organisieren; der General Maulana legte seine Kampfausrüstung an, einen mit Leopardenfell verkleideten Motorradhelm, der seiner Erscheinung etwas recht Lächerliches gab und Tumaini dazu verleitete, ihn »den Kosmonauten« zu taufen. (...) In Mbolo gab es einen Personalwechsel; die Soldaten, die als Eskorte auf dem Lastwagen mitgefahren waren, ersetzten andere, die auf Urlaub nach Fizi zurückkehren würden; es gab eine Militärparade, die in einer Ansprache des Generals Maulana gipfelte. Die Lächerlichkeit erreichte nun chaplineske Ausmaße; ich hatte das Gefühl, hungrig und gelangweilt einen schlechten Slapstickfilm anschauen zu müssen, während die Chefs unter Gebrüll und Getrampel bedeutungsvolle halbe Drehungen vollführten und die armen Soldaten kamen und gingen, auftauchten und wieder verschwanden und ihre Marschübungen machten. (...) In der gleichen Nacht kehrten wir nach Fizi zurück und sprachen mit Lambert, um sofort aufzubrechen.



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