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Mon Jun 11 11:33:35 2001
 

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Der Hunger (I)


GENGE: Eines Tages brachten uns zwei oder drei bis an die Zähne bewaffnete Araber, Libanesen, die bei uns dabei waren, darauf, gegrillten Hund zu essen, Affen zu essen, was soll's.


VIDEAUX: Hier kämpfen alle ums Überleben, das fing schon beim alltäglichen Leben an, dem Lastenschleppen, der Arbeit, den Krankheiten, dem Essen, der letzten Anstrengung, dem Hunger, dem Durst. Der ständige Hunger, mit dem du zu leben lernst, weil du jeden Tag mehr Energie verbrauchst, als du konsumierst. Dein Körper verbrennt mehr, als du aufnimmst. Der Mensch wird zum Wolf, er sieht irgendeinen Gegenstand und überlegt, ob er ihn essen könnte. Es gibt den Hunger, wenn man zwei Tage nichts gegessen hat, und den Hunger Tag für Tag. Schickten sie uns ein bißchen Reis, hatten wir einen Tag, zwei Tage lang zu essen, und dann, was immer man finden konnte, einen Affen ...

Vicente war derjenige, der sich am schnellsten damit abfand. Ungefähr fünfhundert Meter vom Lager fanden wir eine Äffin, die auf einem Ast saß, und sagten uns: »Die ist fällig«, legten an und feuerten. Im Sturz blieb sie mit einer Pfote an einem Ast hängen. Die Wahrheit ist, daß mich das ein bißchen erschütterte, da sie sich wie ein Mensch verhielt, eine Pfote in die andere nahm und klagte. Vicente blieb stehen und sah sie an, dann sagte er: »Sie sieht wie ein Mensch aus.« Wir standen eine Weile da und überlegten. Aber wir konnten nicht mit leeren Händen zurückkehren, weil die Gruppe nichts zu essen hatte. »Also gut, vielleicht sieht sie aus wie ein Mensch, aber wir geben ihr jetzt den Gnadenschuß.« Wir schnitten ihr den Kopf ab, dann gingen wir zurück ins Lager und besorgten den Rest.

Am nächsten Tag ein Stück Elefantenfleisch. Die Einheimischen waren auf die Jagd gegangen und mit einem Stück Elefant zurückgekommen, daraufhin wurde eine Gruppe losgeschickt, um den Rest zu holen. Sie gaben uns ein Stück, und ich sagte: »Laßt es uns kochen«, wir fachten ein Feuer an und gaben die Fleischstücke in einen Topf, doch als die Flamme heiß wurde und das Wasser zu kochen begann, kamen aus dem Fleisch Würmer hervor. Da verging uns der Appetit. An diesem Tag aßen wir gar nichts.

Im Rucksack hatten wir immer unsere eiserne Reserve, daran sieht man, was für eine strenge Disziplin uns Tatu einschärfte. Tatu war Chef der Verpflegung, er notierte alles, was er dir gab, persönlich in sein Notizbuch: eine Dose Milch, eine Handvoll Salz, eine Dose Fleisch. Das war die eiserne Reserve, und niemand rührte sie an.

Wir lockten auch die Nilpferde am Flußufer in Hinterhalte. Unter solchen Bedingungen schmeckt das Fleisch in seinem eigenen Fett fritiert nicht schlecht. Entsprechend zubereitet soll es exquisit sein. Wäre uns ein Löwe vor die Flinte gelaufen, hätten wir auch den gegessen.



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