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Mitoudidis Tod


Am 7. Juni brach Che zur Basis von Luluaburg auf, nachdem er sich von Mitoudidi verabschiedet hatte. Dieser glaubte, daß Kabila nicht von Tansania herüberkommen würde, weil er sich zu Gesprächen mit Chou En Lai in Daressalam aufhielt. Mitoudidi sollte wenig später mit zwei Kubanern per Schiff nach Ruandasi aufbrechen, wo der Generalstab in einem etwa vier Kilometer entfernten Gebiet sein neues Hauptquartier aufschlagen wollte.


ILANGA: Als wir aufs neue mit Tatu den Berg hinaufsteigen, kommt uns ein kongolesischer Bote hinterher und sagt: »Mitoudidi Leonard ist gestorben. Im See ertrunken.«

DOGNA: An jenem Tag hatte uns Tatu zu Ahiri geschickt, mich, um am Seeufer eine Verteidigungsstellung für die Flugabwehr einzurichten. Wir mußten die Reise zu Wasser durchführen, hatten aber kein richtiges Schiff, sondern bloß einem Kutter. Auf diesem befand sich auch Mitoudidi, der Chef des Generalstabs der kongolesischen Guerilla ... Wir gingen an Bord. An jenem Tag waren die Wellen besonders hoch. Mitoudidi war, wie ich später erfuhr, ein ausgezeichneter Schwimmer. Als wir nun auf diesem Motorboot hinausfuhren, das vielleicht zwanzig bis dreißig Fuß lang war, wird es von einer Welle erfaßt, und zwei oder drei Einheimische verschwinden im Wasser. Mitoudidi bemerkt, wie sie über Bord gehen, und springt hinterher.

KAHAMA: Etwa siebzig Meter vom Ufer entfernt, wirbelt eine Welle das Boot herum und bringt es fast zum Kentern, dabei wird Comandante Mitoudidi von Bord geschleudert; der Motor versagt. Die Wellen treiben ihn vom Boot ab, zwei Compañeros versuchen, den Motor wieder anzuwerfen.

DOGNA: Ich sehe ihn springen, und dann, wie es dauert und dauert, ohne daß er wieder auftaucht. Zwei oder drei Einheimische springen hinterher, um ihn zu suchen, können ihn aber nicht finden. Eine kleine Ewigkeit vergeht, bis offensichtlich ist, daß er nicht mehr auftauchen wird. In dieser Situation mußten wir davon ausgehen, daß er ertrunken war.

CHE: Es war sehr stürmisch, und über den See peitschten hohe Wellen, offenbar war sein Sturz ein Unfall, alles deutet darauf hin. Von da an geschahen eine Reihe seltsamer Dinge, man weiß nicht, ob man sie der Dummheit, dem außerordentlichen Aberglauben - denn der See ist von allen Arten von Geistern bewohnt - oder etwas Ernsterem zuschreiben soll. Tatsache ist, daß Mitoudidi, der kaum schwimmen konnte, noch dazu kam, die Stiefel abzustreifen und über zehn oder fünfzehn Minuten um Hilfe zu rufen, den Beteuerungen der verschiedenen Zeugen zufolge sprangen Leute hinterher, um ihn zu retten, unter ihnen sein ebenfalls ertrunkener Assistent; auch Comandante François, der mit ihm unterwegs war, verschwand im Wasser (ich habe nie erfahren, ob dieser im selben Moment ins Wasser fiel oder hinterher sprang, um ihn zu retten). Als der Unfall passierte, schalteten sie den Motor des Bootes ab, wodurch dieses manövrierunfähig wurde, dann warfen sie ihn wieder an, aber es schien, daß irgendeine magische Kraft sie daran hinderte, sich Mitoudidi zu nähern. So nahm das Boot schließlich, während er immer noch um Hilfe rief, Kurs auf das Ufer, und kurz darauf sahen die Compañeros, wie er sank.

DOGNA: Als wir hinauf zum Che kamen, denn wir kehrten mit dem Kahn sofort zum Ufer zurück, sagten wir ihm:

Da sagt er zu mir:

Ich sagte, die Wellen um das Boot seien hoch und von großer Kraft gewesen.

Wir kehrten sofort zum Seeufer zurück, und unterwegs fragt der Che:

Wieso ich nicht hinterher gesprungen bin? Die Einheimischen, die hinterher gesprungen sind, waren bessere Schwimmer als wir, sie konnten schwimmen wie die Fische und dennoch konnten sie ihn nicht retten. Er war mit Kleidung und Stiefeln und allem ins Wasser gesprungen und erreichte einen der Kongolesen, der dabei war zu ertrinken, aber dieser klammerte sich an ihn und ließ ihn nicht mehr los. Mitoudidi rang, um sich zu befreien. Er kam noch ein oder zweimal an die Oberfläche, aber dann schaffte er es nicht mehr aufzutauchen und wurde auf den Grund hinabgezogen. So versanken Mitoudidi und der Kongolese ein letztes Mal und kamen nicht mehr zum Vorschein.


CHE: Das Schema der Beziehungen unter den kongolesischen Führern ist so kompliziert, daß man nicht weiß, was man davon halten soll; Tatsache ist, daß der Kommandant dieses Bootes, der einige Zeit später auch eine Armeeinheit kommandierte, an eine andere Front versetzt wurde, wozu man mir erklärte, dies sei aufgrund einer Reihe von Vorfällen veranlaßt worden, die diesem Compañero in der Basis zugestoßen waren.

DOGNA: Wir gingen mit Tatu zum See, und dort verbrachten wir einige Stunden und warteten, aber nichts geschah; die Überreste Mitoudidis blieben verschwunden. Der Unfall hatte sich so gegen elf Uhr morgens ereignet, und wir blieben mit dem Che bis abends dort und gingen am nächsten Tag wieder hin. Am dritten Tag, als wir noch einmal dorthin zurückkehrten, tauchte der Leichnam auf, gedunsen und aufgequollen. Daraufhin fuhr jemand mit einem Floß hinaus und barg den Leichnam, der in der Nähe des Ufers auf dem Wasser trieb. Insgesamt tauchten drei Tote auf.

CHE: Auf diese Weise, durch einen albernen Unfall, verlor ein Mann sein Leben, der den Ansatz für eine Organisation mitten im fürchterlichen Chaos der Basis von Kibamba gelegt hatte. Mitoudidi war ein junger Mann, der kaum über 30 Jahre alt geworden ist.

DOGNA: Der Che persönlich hielt die Trauerrede. Es war eine kurze Ansprache. Er wiederholte, wie sehr er Mitoudidi geschätzt habe. Auch Ahiri und Dreke waren anwesend. Wie war Mitoudidi? Er war ein geradliniger Mensch, der die Ratschläge befolgte, die Tatu ihm gab, der sie umzusetzen verstand. Niemals sah man ihn prahlerisch, niemals hörte ich, wie er sich damit brüstete, der Chef zu sein, auch nicht der des Generalstabs der Guerilla.

ILANGA: Der Che beklagte den Verlust und ich übersetzte. Es war ein unersetzbarer Verlust. Eines der Probleme lag darin, daß die Führung im Ausland war, und Mitoudidi vor Ort, er war der einzige hochrangige Führer vor Ort und außerdem gebildet, Akademiker.<fÜnivers-Bold»



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