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Immer mehr sind des Krieges müde/Ilangas | Der Hinterhalt bei Front de Force |
CHE: [monatliche Bilanz in seinem Tagebuch] Anhaltend schlecht ist die Art und Weise der Waffenverteilung, es gibt weder Ordnung noch Abstimmung. Mein Eindruck ist, daß ein Fortschritt, wenn auch nur langsam, dennoch möglich ist, und daß Kabila mir die Chance geben wird, etwas zu tun. Bis auf weiteres bleibe ich hier Stipendiat.
Nachrichten aus einem Hinterhalt bei Katenga:
CHE: Die Jungs blieben vier Tage dort und rückten schließlich ab, da über diesen Weg keine Gardisten kamen. Doch zuvor verbrannten und zerstörten sie eine Brücke.
Azi kommt mit vierzehn Mann, allesamt Kubaner, von Front de Force, um die nötige Verpflegung für einen neuen Hinterhalt aufzunehmen. Wegen der Bedingungen, die in der Gegend herrschten, war es notwendig, einiges an Nahrungsmitteln mitzunehmen.
CHE: Die Versorgung mit Lebensmitteln ist einer der neuralgischen Punkte bei den Truppen im Feld gewesen; dort, wo sich ihre festen Lager befanden, gab es die Möglichkeit, etwas Fleisch und Maniok zu beziehen, der das Grundnahrungsmittel darstellt, aber die wichtigsten Anbaugebiete befinden sich in der Ebene, weil die Bauern sie direkt dort anbauten, wo sie selbst lebten. Nach den Plünderungen durch die feindlichen Soldaten gaben sie ihre Saaten auf und zogen sich in die ungastlicheren Bergregionen zurück. Um Maniok zu finden, muß man hier sehr weite und manchmal gefährliche Expeditionen unternehmen. Diese Expeditionen wurden von den Kubanern durchgeführt, denn die Ruander weigerten sich systematisch und bestanden darauf, daß die Armeeführung die Pflicht habe, sie mit Essen zu versorgen. An manchen Tagen waren nicht einmal ausreichend Lebensmittel für alle da. Dann weigerten sie sich, am Unterricht an den schweren Waffen teilzunehmen oder irgendeine Art von Vorbereitungsarbeit zu verrichten.
»Hapana chakula, hapana travaillé.« Kein Essen, keine Arbeit.
In die Basis gelangen Nachrichten über häufige Konflikte unter den kongolesischen Revolutionären im Ausland: Soumaliot hatte den Präsidenten Gbenye abgesetzt und damit eine Reaktion Kabilas provoziert, der ihm vorwarf, daß er dazu nicht befugt sei. Masengo war nach Kigoma gefahren, um sich mit Kabila auszutauschen.
Die Arbeit an den Verteidigungsstellungen am See war nach Kabilas Abreise zum Stillstand gekommen, mehrere Kongolesen waren desertiert, aufgrund des Autoritätsmangels der Chefs vor Ort kam es zu Schlägereien. In Guevaras Worten hatten sich die Arbeiten »in einem Pandämonium aufgelöst«.
CHE: Bei einer Gelegenheit kam es zu dem peinlichen Fall, daß sich einer der Verantwortlichen in die Hütte der Kubaner flüchtete, da ein Soldat von ihm Reis gefordert und, als dies abgelehnt worden war, ihn mit dem Gewehr verfolgt hatte. Der Mann suchte schließlich Zuflucht im »Tempel« der Kubaner, der glücklicherweise respektiert wurde; ich glaube, der Soldat bekam seinen Reis, jedenfalls hatte es keine disziplinarischen Folgen. (...) Um einer Ansteckung vorzubeugen, verlegte ich die kampfwilligen Kubanern aus der Basis und ließ nur diejenigen vor Ort, die bereits um ihre Rückkehr nach Kuba ersucht hatten, außerdem die Maschinengewehrcrews am See, die Kranken und einige Ausbilder. Ich hatte beschlossen, noch einige Tage abzuwarten und, sollte in dieser Zeit immer noch nichts geschehen, unmittelbar zur Front aufzubrechen, ohne noch länger um Erlaubnis zu betteln.
12. August 1965. Che schreibt eine »Botschaft an die Kämpfer«, in der er unter anderem folgendes erwähnt:
CHE: Wir können nicht sagen, die Situation sei gut: die Führer der Bewegung verbringen die meiste Zeit außerhalb des Territoriums. (...) Die Organisationsarbeit ist beinahe gleich null, weil die mittleren Kader nicht arbeiten, sie sind ohnehin unfähig dazu, und alle Welt begegnet ihnen mit Mißtrauen. (...) Die Disziplinlosigkeit und der Mangel an Einsatz sind das auffälligste Merkmal aller [dieser] Guerillatruppen. Natürlich gewinnt man mit solchen Truppen keinen Krieg.
Che fragt sich, ob die Anwesenheit der kubanischen Brigade positive Auswirkungen gehabt hat, und bejaht diese Frage, denn die Schwierigkeiten entstehen aufgrund der großen Unterschiede, und gerade diese gilt es nutzbar zu machen. Er wiederholt:
CHE: Unsere Aufgabe ist es, dabei behilflich zu sein, einen Krieg zu gewinnen. [Es gilt,] mit unserem Beispiel die Unterschiede aufzuzeigen, aber ohne uns bei ihren Kadern verhaßt zu machen. (...) Revolutionäre Kameradschaft in der Basis. (...) Im allgemeinen haben wir bessere Kleidung und mehr zu essen als die Compañeros hier; es gilt bis zum Äußersten alles mit ihnen zu teilen, wobei selektiv vorgegangen werden muß zum Vorteil der Compañeros, die revolutionären Geist beweisen.
Wir wollen ihnen etwas beibringen, aber nicht auf eine pedantische Weise, indem wir auf diejenigen hinabblicken, die es nicht besser wissen, sondern vielmehr, indem wir in dem Unterricht, den wir erteilen, menschliche Wärme zeigen. Die revolutionäre Bescheidenheit muß unsere politische Arbeit leiten und zu einer unserer wichtigsten Waffen werden, zusätzlich zur Opferbereitschaft, die nicht nur Beispiel für die kongolesischen Compañeros, sondern auch für die Schwächsten unter uns selbst sein soll.
Wir wissen nicht mehr als einen winzigen Teil dessen, was wir wissen müßten; wir müssen mehr über die Dinge im Kongo lernen, um uns besser auf die kongolesischen Compañeros einstellen zu können.
Che sucht überall nach militärischen oder ideologischen Mitteln, um aus dem Labyrinth herauszukommen, in dem er bis jetzt herumgeirrt ist. Er schließt mit zwei Ermahnungen:
Er endet mit der Anordnung, daß die Botschaft von den Mitgliedern der Partei gelesen und diskutiert werden soll, in Abwesenheit der Kriegsmüden, um danach verbrannt zu werden.
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