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Sat Oct 7 02:43:58 1995
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nachtrag zu den durchsuchungen am 13.6.95 - Köln
Ingrid Barabass, Koeln
15.6.95
Zur Durchsuchung einer Wohnung wegen "Mitgliedschaft in der RAF"
in Koeln am 13.6.95
Die Durchsuchung reichtete sich gegen mich, eine ehemalige politische
Gefangene aus der Bewegung 2. Juni und dem antiimperialistischen
Widerstand.
Unsere Wohnung in der LC 36 wurde ca. 6 Uhr von einer vermummten SEK-Einheit
gestuermt und anschliessend von BKA, LKA, Koelner Kripo und Polizei bis
17.3o Uhr besetzt und durchsucht.
Im Durchsuchungsbeschluss des BGH-Richters Beyer heisst es:
"Die Beschuldigte I.B. steht nach den Ermittlungen im Verdacht,
sich als in der "Legalitaet" lebende sogenannte "Nahtstellenperson"
zu Mitgliedern der "Kommandoebene" fuer die terroristische
Vereinigung "Rote Armee Fraktion" mitgliedschaftlich betaetigt#
zu haben. (.....)
Waehrend ihrer Haft und nach der letzten Entlassung hat sie ihre
Kontakte zu anderen Mitgliedern und zum Umfeld der RAF intensiv
fortgesetzt. Es liegen konkrete Anhaltspunkte fafuer vor, dass sie
u.a. mit der am 27. Juni 1993 in Bad Kleinen festgenommenen, der
sog. "Kommandoebene" der RAF zuzurechnenden Terroristin Bigirt
Hogefeld in Verbindung gestanden hat. Nach den Ermittlungen muss
davon ausgegangen werden, dass diese Kontakte bis in die Gegenwart
fortbestehen....."
Die behaupteten "konkreten Anhaltspunkte" (s.o.) werden in dem Beschluss
nicht genannt.
Etwa eine halbe Stunde nach Beginn der Polizeioperation fiel die
Aeusserung: "Die gesuchte Person befindet sich nicht in dem Gebaeude".
Dies laesst darauf schliessen, dass unsere Wohnung auch in einem anderen,
uns nicht genannten Zusammenhang durchsucht wurde.
Ich wurde zur ED-Behandlung und Koerperdurchsuchung ins Polizeipraesidium
Koeln gebracht. Danach versuchten dort 2 BKA?ler, mich zu verhoeren.
Das lief so ab, dass sie mir erklaerten, dass ich einen Rechtsanwalt
hinzuziehen koennte und mir 1 Blatt zum Kronzeugengesetz zuschoben.
Nachdem ich erklaerte, dass ich jede Aussage und Unterschrift verweigere
konnte ich gehen.
Ich gehe davon aus, dass dieser Verhoerversuch der wirkliche Grund
dafuer war, mich ins PP zu bringen, denn das BKA hat durch meine
frueheren Verhaftungen zig Fingerabdruecke und Fotos von mir.
Als ich zurueck in unsere Wohnung kam, konnte ich mit den anderen
Frauen reden. Ihnen war 2 bis 3 Stunden nach Beginn der Durchsuchung
gesagt worden, dass sie nicht festgehalten werden und die Wohnung
verlassen, koennten. Bis zum Ende der Durchsuchung konnten wir nicht
telefonieren bzw. Anrufe entgegennehmen.
Beschlagnahmt wurden alle Schreibmaschinen, der Computer einer Frau
mit saemtlichen Disketten, Adressen und 4 WG-Buecher, in denen wir
Telefonanrufe, Einkaeufe usw. notieren.
Bei mir wurden (unter anderem) beschlagnahmt:
- saemtliche Unterlagen und Protokolle der Treffen von ehemaligen
politischen Gefangenen aus RAF, Bewegung 2. Juni und Widerstand
- ein Ordner mit RAF-Erklaerungen und politischen Texten aus der
Frontphase, z.B. Kopien aus der Zeitschrift "Zusammen kaempfen"
(aus meinen damaligen Prozessakten)
- 1 Diskussionspapier und Notizen zum Frontprozess
- Briefe und Karten von Gerry Hanratty, einem irisch-republikanischen
Gefangenen in Long Kesh bei Belfast
- 1 Diskette mit der Uebersetzung der Knastgeschichte von Long Kesh
- Landkarten von Irland und der Provinz Sued-Donegal, 1 Wanderkarte
von "The Burren" in Irland
- 1 Karte der kanarischen Insel La Palma
- Stadt- und Regionalplaene aus der BRD
- 1 Anschriftenliste von Aerzten und medizinischen Organisationen
- Notizen vom Weltkongress der Sozialen Psychatrie in Hamburg 94
- Mitschrift zum Symposium "Kultur und psychosoziale Situation
in Lateinamerika" im Herbst 93
- mehrere Briefe im Zusammenhang der medizinisch/therapeutischen
Behandlung der Opfer von Folter und Menschenrechtsverletzungen
in Lateinamerika und hier
- Buch der Bundesaerztekammer mit dem Taetigkeitsbericht 1992, 3 Blaetter
zu ihrer Organisationsstruktur und 2 handschriftlichen Skizzen,
wo sich die verschiedenen Abteilungen im Gebaeude der Aerztekammer
befinden.
15.6.95 Ingrid Barabass
Was war ist wird auch in Zukunft
geschrieben, gesetzt, gedruckt und vertrieben
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