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nachtrag zu den durchsuchungen am 13.6.95 - Köln


  • Subject: nachtrag zu den durchsuchungen am 13.6.95 - Köln
  • From: SPINNE_HB@p9.f99.n1.z69.sn.nadir.org (SPINNE HB)
  • Date: 20 Jul 1995 11:11:00 +0000

  • 
    
    
    
    
    
    
    Ingrid Barabass, Koeln
    15.6.95
    
    
    Zur Durchsuchung einer Wohnung wegen "Mitgliedschaft in der RAF"
    in Koeln am 13.6.95
    
    
    Die Durchsuchung reichtete sich gegen mich, eine ehemalige politische
    Gefangene aus der Bewegung 2. Juni und dem antiimperialistischen
    Widerstand.
    Unsere Wohnung in der LC 36 wurde ca. 6 Uhr von einer vermummten SEK-Einheit
    gestuermt und anschliessend von BKA, LKA, Koelner Kripo und Polizei bis
    17.3o Uhr besetzt und durchsucht.
    
    Im Durchsuchungsbeschluss des BGH-Richters Beyer heisst es:
            "Die Beschuldigte I.B. steht nach den Ermittlungen im Verdacht,
            sich als in der "Legalitaet" lebende sogenannte "Nahtstellenperson"
            zu Mitgliedern der "Kommandoebene" fuer die terroristische
            Vereinigung "Rote Armee Fraktion" mitgliedschaftlich betaetigt#
            zu haben. (.....)
            Waehrend ihrer Haft und nach der letzten Entlassung hat sie ihre
            Kontakte zu anderen Mitgliedern und zum Umfeld der RAF intensiv
            fortgesetzt. Es liegen konkrete Anhaltspunkte fafuer vor, dass sie
            u.a. mit der am 27. Juni 1993 in Bad Kleinen festgenommenen, der
            sog. "Kommandoebene" der RAF zuzurechnenden Terroristin Bigirt
            Hogefeld in Verbindung gestanden hat. Nach den Ermittlungen muss
            davon ausgegangen werden, dass diese Kontakte bis in die Gegenwart
            fortbestehen....."
    
    Die behaupteten "konkreten Anhaltspunkte" (s.o.) werden in dem Beschluss
    nicht genannt.
    Etwa eine halbe Stunde nach Beginn der Polizeioperation fiel die
    Aeusserung: "Die gesuchte Person befindet sich nicht in dem Gebaeude".
    Dies laesst darauf schliessen, dass unsere Wohnung auch in einem anderen,
    uns nicht genannten Zusammenhang durchsucht wurde.
    
    Ich wurde zur ED-Behandlung und Koerperdurchsuchung ins Polizeipraesidium
    Koeln gebracht. Danach versuchten dort 2 BKA?ler, mich zu verhoeren.
    Das lief so ab, dass sie mir erklaerten, dass ich einen Rechtsanwalt
    hinzuziehen koennte und mir 1 Blatt zum Kronzeugengesetz zuschoben.
    Nachdem ich erklaerte, dass ich jede Aussage und Unterschrift verweigere
    konnte ich gehen.
    
    Ich gehe davon aus, dass dieser Verhoerversuch der wirkliche Grund
    dafuer war, mich ins PP zu bringen, denn das BKA hat durch meine
    frueheren Verhaftungen zig Fingerabdruecke und Fotos von mir.
    
    Als ich zurueck in unsere Wohnung kam, konnte ich mit den anderen
    Frauen reden. Ihnen war 2 bis 3 Stunden nach Beginn der Durchsuchung
    gesagt worden, dass sie nicht festgehalten werden und die Wohnung
    verlassen, koennten. Bis zum Ende der Durchsuchung konnten wir nicht
    telefonieren bzw. Anrufe entgegennehmen.
    
    Beschlagnahmt wurden alle Schreibmaschinen, der Computer einer Frau
    mit saemtlichen Disketten, Adressen und 4 WG-Buecher, in denen wir
    Telefonanrufe, Einkaeufe usw. notieren.
    
    Bei mir wurden (unter anderem) beschlagnahmt:
    
    -       saemtliche Unterlagen und Protokolle der Treffen von ehemaligen
            politischen Gefangenen aus RAF, Bewegung 2. Juni und Widerstand
    -       ein Ordner mit RAF-Erklaerungen und politischen Texten aus der
            Frontphase, z.B. Kopien aus der Zeitschrift "Zusammen kaempfen"
            (aus meinen damaligen Prozessakten)
    -       1 Diskussionspapier und Notizen zum Frontprozess
    -       Briefe und Karten von Gerry Hanratty, einem irisch-republikanischen
            Gefangenen in Long Kesh bei Belfast
    -       1 Diskette mit der Uebersetzung der Knastgeschichte von Long Kesh
    -       Landkarten von Irland und der Provinz Sued-Donegal, 1 Wanderkarte
            von "The Burren" in Irland
    -       1 Karte der kanarischen Insel La Palma
    -       Stadt- und Regionalplaene aus der BRD
    -       1 Anschriftenliste von Aerzten und medizinischen Organisationen
    -       Notizen vom Weltkongress der Sozialen Psychatrie in Hamburg 94
    -       Mitschrift zum Symposium "Kultur und psychosoziale Situation
            in Lateinamerika" im Herbst 93
    -       mehrere Briefe im Zusammenhang der medizinisch/therapeutischen
            Behandlung der Opfer von Folter und Menschenrechtsverletzungen
            in Lateinamerika und hier
    -       Buch der Bundesaerztekammer mit dem Taetigkeitsbericht 1992, 3 Blaetter
            zu ihrer Organisationsstruktur und 2 handschriftlichen Skizzen,
            wo sich die verschiedenen Abteilungen im Gebaeude der Aerztekammer
            befinden.
    
    
    15.6.95         Ingrid Barabass
                        Was war ist wird auch in Zukunft
                geschrieben, gesetzt, gedruckt und vertrieben
    
                                  -------
                                  projekt
                                   idsh
    
    

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