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Unterabschnitte

Kommuniqué #5

»Intellektueller S/M ist der Faschismus der 80er Jahre - Die Avantgarde frißt Scheiße und fühlt sich wohl dabei«

Genossen!

Kürzlich hat eine von gewissen revanchistischen Kreisen über »Chaos« gestiftete Konfusion die A.O.A. verärgert, was uns (die wir Polemik verabscheuen) schließlich zu einem Plenum zwang, das ex cathedra der Denunzitaion gewidmet war, unheilverkündend wie die Hölle, unsere Gesichter ob der Rhetorik feuerrot, Speichel von unseren Lippen tropfend, die Halsschlagadern vor lauter Kanzelleidenschaft angeschwollen. Wir mußten schließlich auf wehende Fahnen mit zornigen Slogans (in Schrifttypen der 30er Jahre) zurückgreifen und erklären, was ontologische Anarchie nicht ist

Erinnert euch, nur in der klassischen Physik hat Chaos etwas mit Entropie, Hitzetod oder Verfall zu tun. In unserer Physik (Chaos-Theorie) wird Chaos als mit Tao identisch betrachtet, jenseits von Yin-als-Entropie & Yang-als-Energie, mehr ein Prinzip kontinuierlicher Schöpfung denn das eines nihil, leer im Sinne von potentia und nicht im Sinne von Versiegen (Chaos als »Summe aller Ordnungen«).¶

Aus dieser Alchimie leiten wir eine ästhetische Theorie ab. Chaos-Kunst mag erschreckend agieren, gar ein Grand Guignol sein, kann es sich aber niemals erlauben, in widerliche Negativität, Thanatosis, Schadenfreude zu verfallen, sich an Nazi-Memorabilia & Serienkillern hochzuziehen. Ontologische Anarchie sammelt keine Snuff-Filme & ist zu Tränen gelangweilt von Dominatrices, die Weisheiten der französischen Philosophie absondern. (»Alles ist hoffnungslos & ich wußte es vor dir, Arschloch. Ätsch!«)¶

Wilhelm Reich wurde fast in den Wahnsinn getrieben & von Agenten der emotionalen Pest umgebracht; vielleicht verdanken wir die Hälfte seines Werkes der bloßen Paranoia (UFO-Verschwörungen; Homophobie, selbst seine Orgasmus-Theorie), ABER in einem Punkt sind wir vollkommen seiner Ansicht - Sexpol: Sexuelle Repression führt zu Todesobsession, was schlechte Politik zur Folge hat. Ein großer Teil der Avantgarde-Kunst ist voll von Tödlichen Orgon-Strahlen (TOS). Ontologische Anarchie strebt die Schaffung von ästhetischen Wolken-Brechern (OS-Gewehren) an, um das Miasma von zerebralem Sado-Masochismus aufzulösen, das derzeit als schick, hip, neu, modisch gilt. Sich selbst verstümmelnde »Performance«-Künstler finden wir banal & dumm - ihre Kunst macht alle nur noch unglücklicher. Was für eine korrupte, klüngelhafte Pferdekacke ... welche kakerlakenhirnigen Kunstdeppen haben diesen apokalyptischen Auflauf aufgekocht?¶

Natürlich macht die Avantgarde einen »gescheiten« Eindruck - das taten Marinetti & die Futuristen, Pound & Céline auch. Aber einer solchen Intelligenz ziehen wir wirkliche Blödheit vor, bukolische, glückselige New-Age-Hohlheit - lieber sind wir Dummköpfe als todkomisch. Glücklicherweise müssen wir nicht in unserem Hirnkasten kramen, um unsere eigene komische Art an Satori zu erfahren. Jegliche Wahrnehmung, alle Sinne gehören uns als unser Eigentum - Herz & Kopf, Intellekt & Empfinden, Körper & Seele. Unsere Kunst ist keine der Verstümmelung, sondern eine des Exzesses, des Überflusses, der Überraschung.¶

Die Vertreter des nichtssagenden Trübsinns sind die Todesschwadrone der zeitgenössischen Ästhetik - & wir sind die »Verschwundenen«. Ihr heuchlerisches Getue mit okkultem Nippes des Dritten Reiches & Kindermord zieht die Manipulatoren des Spektakels an - Tod macht sich auf dem Bildschirm besser als im wirklichen Leben - & wir Chaoten, die die Freude an der Insurrektion predigen, werden zum Schweigen verdammt.¶

Es ist überflüssig zu betonen, daß wir gegen jegliche Zensur durch Kirche & Staat sind, aber »nach der Revolution« werden wir sehr wohl die individuelle & persönliche Verantwortung für das Verbrennen des Snuff-Kunst-Quatsches der Todesschwadrone übernehmen & sie fluchend aus der Stadt treiben. (In einem anarchistischen Kontext wird Kritik zur direkten Aktion.) In meinem Raum ist weder Platz für Jesus & seine Herren der Fliegen noch für Manson & seine literarischen Bewunderer. Ich will keine Polizei auf Erden - ich will auch keine kosmischen Axt-Mörder, keine TV-Kettensägenmassaker, keine einfühlsamen poststrukturalistischen Romane über Nekrophilie.¶

Wie es nun einmal so geht, kann die A. O. A. kaum hoffen, die erdrückenden Mechanismen des Staates & seiner gespenstischen Maschinerie sabotieren zu können, aber es möchte sehr wohl sein, daß wir etwas gegen die schwächeren Manifestationen der TOS-Pest wie die Corpse-Eaters der Lower East Side & andere Kunst-Kacke unternehmen können. Wir unterstützen Künstler, die furchterregendes Material zu einem »höheren Zweck« benutzen - die Liebes-/Sex-Material irgendeiner Art verwenden, wie schockierend oder illegal auch immer - die ihre Wut & ihre Abscheu & ihre wirklichen Begierden zur Selbstverwirklichung & zur Schönheit & des Abenteuers wegen einsetzen. »Gesellschaftlicher Nilhilismus«, ja - aber nicht der tote Nihilismus gnostischen Selbstekels. Jeder mit einem - wenn auch nur rudimentären - Dritten Auge kann die Differenzen zwischen revolutionärer Lebens- und reaktionärer Todes-Kunst sehen. TOS stinkt & die Chaoten-Nase riecht es - wie sie auch den Geruch spiritueller/sexueller Freuden kennt, wie überlagert oder verdeckt er auch von anderen schwereren Düften sein mag. Selbst die Radikale Rechte ist trotz des ihr eigenen Horrors manchmal zur Wahrnehmung & Bewußtseinserweiterung in der Lage - aber die Todesschwadrone liefern uns bei all ihrem Lippendienst an modische revolutionäre Abstraktionen ungefähr soviel wahre libertäre Energie wie das FBI, die Food and Drug Administration oder die Double-Dip-Baptisten.¶

Wir leben in einer Gesellschaft, die mit Bildern von Tod & Verstümmelung für ihre kostbaren Güter wirbt, sie mittels Alphawellen produzierender krebserzeugender realitätsverzerrender Gerätschaften direkt in die Hirne der Millionen Kriechtiere strahlt - während bestimmte Bilder des Lebens (wie unser Lieblingsbild, das eines masturbierenden Kindes) verboten sind & unglaublich harter Strafe unterliegen. Es erfordert keinerlei Mut, ein Kunstsadist zu sein, ist doch der geile Tod zentrales Element unseres ästhetischen Konsenses. »Linke«, die sich gerne verkleiden und Polizei & Opfer spielen, Leute, die auf Photos abfahren, die Grausamkeiten zeigen, Leute, die gerne über Splatter-Kunst & Hoffnungslosigkeit & Leichenschänderei & anderer Leute Elend sinnieren & intellektuell daher schwafeln - solche »Künstler« sind nichts anderes als Polizisten ohne Macht (was auch eine treffende Definition vieler »Revolutionäre« ist). Wir haben einen Sprengsatz für diese Ästhetik-Faschisten - und dessen Explosion setzt Sperma & Knallfrösche frei, rauhe Gewänder & Piraterie, merkwürdige schiitische Häresien & sprudelnde Paradies-Fontänen, komplexe Rhythmen, das Pulsieren des Lebens, alles wild durcheinander & heftig.¶

Wach auf! Atme! Spüre den Atem der Welt auf deiner Haut! Erobere den Tag! Atme! Atme!¶



(Dank an J. Mander für seine Four Arguments for the Abolition of Television (Vier Argumente für die Abschaffung des Fernsehens); Adam Exit; & den maurischen Kosmopoliten von Williamsburg)

Saurier, 0.28k



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