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Kommuniqué #9 | Kommuniqué #11 |
Um ein schlechtes Karma aufzuwiegen, das durch unsere emphatisch vorgetragene kleine Predigt gegen Xtianer & andere Ende-der-Welt-Kriecher (siehe letztes Kommuniqué) bedingt sein könnte & nur um die Dinge richtig zu stellen: die A.O.A. denunziert auch alle wiedergeborenen, sich wie pawlowsche Hunde gebärdenden Atheisten & ihr muffiges spätviktorianisches Gepäck an wissenschaftlichem Vulgärmaterialismus. ///// Wir applaudieren natürlich jeglicher anti-Xtianischen Regung & allen Angriffen auf alle organisierten Religionen. Aber ... hört man einige Anarchisten reden, glaubt man, die Sixties hätte es nie gegeben und niemand habe jemals LSD eingeworfen. ///// Was die Wissenschaftler selbst betrifft, so haben die alice-artigen Verrücktheiten der Quanten- & Chaos-Theorie die besten von ihnen zu Taoismus & Vedanta (Dada soll unerwähnt bleiben) getrieben -, & wenn man The Match oder Freedom liest, könnte man denken, die Wissenschaft sei mit Prinz Kropotkin gesalbt - & »Religion« mit Bischof Ussher. ///// Natürlich verachtet man die ''Aquarian Brownshirts'', jene Gurus, die kürzlich in der New York Times wegen ihres Beitrags zum Big Business gepriesen wurden, die Privilegien gewährenden, Franchising praktizierenden Yuppie-Zombie-Kulte, die magere Metaphysik der New-Age-Banalität ... aber UNSERE Esoterik bleibt unbefleckt von diesen mittelmäßigen Geldwechslern & ihren gehirntoten Günstlingen. ///// Die Häretiker & die antinomistischen Mystiker des Orients & Okzidents haben auf innerer Befreiung basierende Systeme entwickelt. Einige dieser Systeme sind von religiösem Mystizismus geprägt & nachgerade gesellschaftlich reaktionär - andere scheinen eher radikal oder »psychologisch« zu sein, & andere münden gar in revolutionäre Bewegungen (millenarische Leveller, Assassinen, Yellow Turban Taoists etc.). Welche Schwachpunkte sie auch immer kennzeichnen, sie verfügen über gewisse magische Waffen, an denen es dem Anarchismus arg mangelt: (1) Ein Sinn für das Meta-Rationale (»Metanoia«), Wege, lineares zugunsten eines sanften (oder nomadischen oder »chaotischen«) Denkens & Wahrnehmens zu überwinden; (2) eine zeitgemäße Definition eines selbstbestimmten oder befreiten Bewußtseins, eine positive Beschreibung seiner Struktur & Methoden, über seine Schwelle zu treten; (3) eine kohärente archetypische Auffassung von Epistemologie - das heißt, ein Wissen (über Geschichte beispielsweise), das sich hermeneutischer Phänomenologie bedient, um Bedeutungsebenen freizulegen (so etwas wie die »Paranoia-Kritik« der Surrealisten); (4) sexuelle Unterrichtung (nach »tantrischen« Aspekten verschiedener Pfade), die den Freuden statt der Selbstverleugnung Wert beimißt, nicht zum bloßen Selbstzweck, sondern als Vehikel erweiterten Bewußtseins oder der »Befreiung«; (5) eine Einstellung zum Feiern, etwas, was man ein Konzept eines »Freudenfestes« nennen könnte, die Aufhebung psychischer Schuld durch eine inhärente Generosität in der Realität selbst; (6) eine Sprache (einschließlich Gestus, Ritual, Intentionalität), mit der diese fünf Ebenen der Erkenntnis belebt & kommuniziert werden können; und (7) ein Schweigen. ///// Es überrascht nicht, wenn man sieht, wie viele Anarchisten Ex-Katholiken sind, Priester oder Nonnen, die ihr Gewand abgelegt haben, frühere Meßdiener, abtrünnige wiedergeborene Baptisten oder gar ex-schiitische Fanatiker. Anarchismus bietet eine schwarze (& rote) Messe, um alle von Gespenstern besessenen Hirne zu deritualisieren - einen Säkularexorzismus -, verrät sich dann aber selbst, indem er sich eine Hochkirche zusammenschustert, durchzogen mit Spinnweben eines ethischen Humanismus, Freien Denkens, vehementen Atheismus & einer kruden fundamentalistisch-kartesianischen Logik. ///// Vor zwei Jahrzehnten begannen wir mit dem Projekt, entwurzelte Kosmopoliten zu werden, entschlossen, den Schutt aller Stämme, Kulturen und Zivilisationen nach lebensfähigen Fragmenten zu sieben - & aus diesem Durcheinander von Scherben ein eigenes Lebenssystem zu entwickeln - damit wir nicht (wie Blake warnte) irgendjemandes Sklaven werden. ///// Wenn ein Magier auf Java oder ein Schamane der Native Americans über eines dieser kostbaren Fragmente verfügt, das ich für meinen eigenen »Zauberbeutel« benötige, soll ich die Nase rümpfen & Bakunins Satz vom Aufknüpfen der Priester mit den Gedärmen von Bankiers zitieren? Oder soll ich mich daran erinnern, daß Anarchie kein Dogma kennt, daß Chaos nicht kartographiert werden kann & mir aneignen, was nicht niet- und nagelfest ist? ///// Die ältesten Definitionen von Anarchie finden sich bei Tschuang-Tse & in anderen taoistischen Texten; »mystischer Anarchismus« weist einen älteren Stammbaum auf als die graeko-rationalistische Version. Als Nietzsche von »Hyperboreern« sprach, wies er uns, die wir über den Tod von Gott - & die Wiedergeburt der Göttin hinausgegangen sind, in ein Reich, in dem Geist & Materie eins sind. Jede Manifestation dieser Hierogamie, jedes materielle Ding & jedes Leben, wird nicht nur in sich selbst »heilig«, sondern zum Symbol des eigenen »göttlichen Seins«. ///// Atheismus ist nichts als Opium für die Massen (oder besser ihrer selbsternannten Vorhut) - & keine sehr bunte oder sexy Droge. Wenn wir Baudelaires Rat befolgen sollen, »immer berauscht zu sein«, ist uns an etwas mehr gelegen als nur an Pilzen - Danke. Chaos ist die älteste der Gottheiten - & Chaos ist nie gestorben.¶
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