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Tue Oct  7 23:10:45 1997
 

Pressespiegel

Welt, 1.4.77
Der Kampf wird wirkungslos bleiben, wenn wir nicht lernen, uns anzupassen ... Die Idee der Notwehr, des übergesetzlichen Notstands ist nicht unzivilisiert.

Golo Mann in: WDR III, 15.4.77
(Der Staat) kann die Chancen der Verbrecher vermindern, und er kann - wie wir es heute vormittag ja hörten - möglichst viele und wünschbarerweise alle Mörder und potentiellen Mörder hinter Schloß und Riegel bringen, und zwar so, daß sie nicht mehr herauskönnen, nicht mehr ausbrechen können, wie es geschehen ist, nicht entlassen werden ...
Der politische Mörder dieser Art hat seine Grundrechte verwirkt. Das Gesetz hat nicht so sehr den Mörder als die vom Mord Bedrohten zu schützen, das sind doch einfache, aber doch ewig wahre Wahrheiten. Erfüllt das Gesetz seinen Zweck nicht, dann muß es erweitert, dann muß es verändert werden. Es heißt immer, im Zweifel für den Angeklagten - in dubio pro reo - das ist eine schöne alte Regel, aber niemand kann doch an der Schuld dieser Angeklagten zweifeln. Man kann es im Detail, man kann es doch nicht in der Substanz ... - Frage: ... verzeihen Sie, diese Regel ist die Basis unseres Rechtsstaats. So verstehen wir unsere Freiheit. Können wir sie aus solch einem Anlaß aufs Spiel setzen? - Mann: Sie müssen selbstverständlich formal strikt eingehalten werden. Aber Sie können doch zum Beispiel dem Richter, der gegen die Stockholmer Mörder verfährt, nicht verwehren, daß er heimlich schon davon überzeugt ist, daß dies die Mörder gewesen sind ... Das sind keine gewöhnlichen, mehr oder weniger harmlosen Untersuchungsgefangene, das sind auf das schärfste gemeingefährliche Verbrecher, gegen die anders verfahren werden muß. Praktisch gesprochen. Formal nicht. (nach: Die Welt, 16.4.77)

Frankfurter Allgemeine, 7.9.77
... wenn die mörderische Macht der RAF gebrochen werden soll, wird die ganze politische Führung in der Bundesrepublik und auch das Volk - werden alle bald manches denken müssen, was sie bisher hartnäckig aus ihren Gedanken fernhielten.

Die Welt, 8.9.77
Es gibt keine praktikable Maßnahme der Bekämpfung und Unterbindung, die im Kriege erlaubt wäre und die nicht schon jetzt unternommen werden könnte.

Die Welt, 9.9.77
Daran wird sich so lange nichts Entscheidendes ändern, als nicht ein "deutsches FBI" gebildet wird, eine Bundeskriminalpolizei, die von sich aus für bestimmte, besonders schwerwiegende Verbrechensarten zuständig ist, unter anderem für den Terrorismus. Und die nicht nur das Recht hat, begangene Verbrechen zu verfolgen, sondern auch aktiv alle Maßnamen der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung zu ergreifen.

Die Zeit, 9.9.77
Da stellt sich die Frage, ob wir die Liberalität ohne jede Einschränkung auch jenen zuteil werden lassen, die sie zerschmettern wollen.

Süddeutsche Zeitung, 10.9.77
Am selben Tag steht in der Münchner Abendzeitung ein Interview mit Zimmermann, in dem dieser leidenschaftslos darauf hinweist, daß endlich das Umfeld der Terroristen "eliminiert werden" müsse ... hat die Landesgruppe der CSU auf ihrer Zusammenkunft am Dienstagabend "auf sehr hohem Niveau", wie zwei Teilnehmer sagen, die Konsequenzen der Kölner Tragödie diskutiert. Aber in der Diskussion war unter anderem eben auch die Frage der Wiedereinführung der Todesstrafe oder die Überlegung, wie man Erpressungsversuchen künftig standhalten könne - ob etwa durch die Erschießung der gefangenen Terroristen in halbstündlichem Abstand - so lange, bis ein Entführter freigelassen werde.

Spiegel, 12.9.77
(Walter Becher, CSU-Landesgruppe) Ob man sich nicht tatsächlich mit den Terroristen "im Krieg befindet", fragte er, ob nicht der Staat auf Geiselnahme und Geiselerschießung mit gleichen Mitteln antworten müsse. Bei weiterer Eskalation des Terrors sollte dann auch etwa mit den Häftlingen von Stammheim kurzer Prozeß gemacht werden.

Die Welt, 13.9.77
Dregger fordert Elite-Kommandos zur Terroristenjagd ... Im einzelnen fordert er: im exekutiven Bereich die Bildung eines "Terroristen-Jagdkommandos", dem Elite-Beamte aus Bund und Ländern angehören. Diese Männer müßten hochqualifiziert und mit den besten Waffen ausgerüstet sein. Das Kommando, das überall den ersten Zugriff haben soll, dürfe außerdem "keinen fragwürdigen bürokratischen Einwirkungen unterliegen". Ergänzend dazu sei ein Kreis von Vertrauensleuten erforderlich. "Wir dürfen nicht nur reagieren, wir müssen die Terroristen aufsuchen und vorbeugend zuschlagen."

Die Welt, 13.9.77
Der bayerische Innenminister Alfred Seidl (CSU) sprach sich gestern dafür aus, das Verbot der Todesstrafe aus dem Grundgesetz herauszunehmen. Er erklärte in München: "Fragen über Sinn oder Unsinn der Todesstrafe gehören meiner Meinung nach nicht in die Verfassung. Sie sollten besser im Strafgesetz geregelt werden."

Die Welt, 14.9.77
(Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Kühn, SPD:) Die Terroristen müssen wissen, daß die Tötung von Schleyer auf das Schicksal der inhaftierten Gewalttäter, die sie mit ihrer schändlichen Tat befreien wollten, schwer zurückwirken müßte.

Süddeutsche Zeitung, 17.9.77
CDU-Generalsekretär Heiner Geißler hatte in einem Zeitungsinterview zu bedenken gegeben, ob es nicht möglich sei, zum Beispiel die Feldjäger der Bundeswehr für den zivilen Objektschutz einzusetzen und damit die Polizei bei ihrer Fahndung nach den Terroristen zu entlasten ... Auch der CSU-Abgeordnete Carl-Dieter Spranger meinte, die organisatorischen, technischen und logistischen Möglichkeiten der Bundeswehr sollten zur Terrorismusbekämpfung besser genutzt werden. Denkbar sei zum Beispiel, daß Soldaten bei Polizeieinsätzen Fernmeldeleitungen bauen, für den Objektschutz eingesetzt werden und Kasernen den Sicherheitskräften bei Demonstrationen als Unterkünfte bereitgestellt werden.

Frankfurter Allgemeine, 23.9.77
Die CDU/CSU hat die Absicht, den Artikel 18 des Grundgesetzes, der es dem Bundesverfassungsgericht erlaubt, unter anderem auf Antrag einer Landesregierung einzelnen Personen, aber auch juristischen Personen (wie etwa Zeitschriftenverlagen) bestimmte Grundrechte als "verwirkt" zu entziehen, wenn diese gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht werden, im Zusammenhang der Bekämpfung der intellektuellen Wegbereitung des Terrorismus einzusetzen.

Frankfurter Allgemeine, 28.9.77
... im Bündel der CDU enthaltene gravierendste Vorschlag, nämlich Terroristen künftig nur noch vor den Bundesgerichtshof zu stellen, ihnen damit die Berufungsmöglichkeiten zu nehmen ...

Die Welt, 29.9.77
(Prof. Dr. Wilfried Lange, Düsseldorf) Auch die Wiedereinführung der Todesstrafe (durch Verfassungsänderung) ... wäre zu diskutieren ... bei Erpressungen wie in den Fällen Lorenz und Schleyer. Niemand wird bestreiten, daß die Todesstrafe hier einen von der Vernunft bestimmten Zweck erfüllt: Ein Staat, der seine Terroristen hinrichtet, kann nicht mehr genötigt werden, sie nach Südjemen auszufliegen. Auch scheidet ein exekutierter Verbrecher künftig als Attentäter aus.

Süddeutsche Zeitung, 7.10.77
(Strauß) Man sollte einmal die, die für Freiheit des Volkes angeblich kämpfen, dem Volk überlassen, dann brauchen die Polizei und die Justiz sich nicht mehr drum zu kümmern.

ARD, Panorama, 17.10.77, Golo Mann:
Der Moment kann kommen, in dem man jene wegen Mordes verurteilten Terroristen, die man in sicherem Gewahrsam hat, in Geiseln wird verwandeln müssen, indem man sie den Gesetzen des Friedens entzieht und unter Kriegsrecht stellt.

Frankfurter Allgemeine, 18.10.77
Der Staat muß sein rechtliches und moralisches Verhältnis zu den Terroristen, wie er es bisher gesehen und praktiziert hat, in Frage stellen, überprüfen. Er muß sich Einwänden, neuen Gedanken dazu öffnen. Das Tabu ist fortzuräumen, welches - verantwortlich geführte - Debatten darüber bisher verhindert ... So etwa könnten die Fragen lauten: Muß der Staat gegenüber einem hochorganisierten, hochspezialisierten und von ausländischen Mächten unterstützten Mord-Terrorismus in der fatalen Grundsituation hoffnungsloser Unterlegenheit, gespenstischer Ungleichheit der Kampfmittel verharren? Muß es dabei bleiben, daß die Terroristen foltern, erpressen, morden und mit alledem jederzeit drohen können, der Staat jedoch auf die Erhaltung von Leben und Gesundheit der Bandenmitglieder verpflichtet ist und ihnen nichts androhen kann, was ihnen wirklich Angst macht - auch dann nicht, wenn sie selber sich anschicken, Geiseln grausam zu ermorden? Läßt sich nichts ändern an der deprimierenden Ungleichheit der Überlebenschancen zwischen den Bandenmitgliedern einerseits, den von Verfolgten und ihren Geiseln andererseits? ... Wäre es nicht an der Zeit, über ein Notrecht gegen Terroristen nachzudenken?

Frankfurter Allgemeine, 24.10.77
Auf Fragen, ob nach dem Muster des Republikschutzgesetzes nach dem Mord an Außenminister Rathenau im Sommer 1922 ein Sonderrecht für den Kampf gegen den Terrorismus geschaffen werden solle, sagte Vogel, er habe gelernt, daß man auch Dinge, die heute noch undenkbar erschienen, bei einer veränderten Situation durchdenken und daß man sich darauf vorbereiten müsse. Deshalb könne er auf diese Frage nicht mit "nie" oder "niemals" antworten.

Spiegel, 24.10.77
Eine kleine Gruppe hoher Beamter hatte tatsächlich alle nur denkbaren Möglichkeiten erörtert, ohne Rücksicht auf außenpolitische Komplikationen, ohne Rücksicht selbst auf das Grundgesetz. So spielten sie den Plan durch, im Zielland auch gegen den Willen der jeweiligen Regierung die Ankömmlinge zu kidnappen oder gar zu exekutieren. Sie entwarfen Pläne, in einem befreundeten afrikanischen Land eine Attrappe des von den Terroristen angegebenen Zielflughafens aufzubauen.

Frankfurter Rundschau, 25.10.77
Soldaten halfen Kriminalamt / ... Bei den Observationen des Bundeskriminalamtes beziehungsweise der Landeskriminalämter gegenüber verdächtigen Personen habe das für solche Einsätze geschulte Personal nicht ausgereicht. Aus diesem Grunde sei auf Angehörige des MAD, die für Observationen ausgebildet sind, zurückgegriffen worden ...

Auslandspresse - The Economist (GB), 17.9.88
... Das Ziel müßte es sein, den harten Kern der aktiven Terroristen zu zerstören, ohne deren äußeren Ring von ... Personen zu vergrößern, die bereit sind, den Terroristen jetzt zu helfen und später ihren Platz einzunehmen. Weil dieser äußere Ring besteht, muß die Counterterrorismus-Strategie so spezifisch wie irgend möglich sein. Es ist ein Fall für Präzisionswaffen, nicht für Flächenbombardement ...


aus: Ausgewählte Dokumente der Zeitgeschichte: Bundesrepublik Deutschland (BRD) - Rote Armee Fraktion (RAF), GNN Verlagsgesellschaft Politische Berichte, 1. Auflage Köln Oktober 1987

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