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Interview mit der Antifa Bonn/Rhein-Sieg
Die Antifa Bonn/Rhein-Sieg ist in den letzten Jahren zu einer festen Organisation gewachsen. Sie ist aus einem antifaschistischen Plenum und den seit 1989 in der Region entstandenen autonomen Antifa-Jugendfront-Gruppen hervorgegangen. Mit der Organisierung von Antifa-Gruppen antworteten linke Jugendliche auf die überaus starke FAP-Präsenz und die Untätigkeit autonomer Gruppen in den 80er Jahren im Bonner Raum.
Wann kam es zur Herausbildung von Antifa-Strukturen in Bonn?
Uli: Die Antifa Bonn hat sich Mitte der 80er Jahre wegen der zunehmenden Nazi-Angriffe gebildet. Den letzten Ausschlag gab ein brutaler Nazi-Überfall auf Punks, 1984. In dem Jahr danach begann sich die Antifa zu gründen. Das war eigentlich eine Entwicklung neben der bestehenden linken Szene in Bonn. Unser Schwerpunkt war erstmal, den militanten Nazis entgegenzuarbeiten. Die FAP ist in Bonn sehr stark. Sie hat hier einen ihrer größten »Gaue« und hat den Straßenterror in Bonn gesteuert.
Was meinst du mit »Entwicklung neben der Szene«?
Uli: Die Antifa hat sich damals parallel zu den autonomen Infoladenstrukturen entwickelt. Es gab natürlich vielfältige Beziehungen, auch gemeinsame Demos und Aktionen, aber es war schon eine eigenständige Organisierung.
Gibt es dafür Gründe?
Uli: Die autonome linke Szene war von einem enorm hohen Anspruch geprägt, am liebsten alles auf einmal verändern zu wollen. Dabei ist dann praktisch aber so gut wie gar nix herausgekommen. Antifa hatte im Gegensatz dazu ein klar abgegrenztes Themenfeld (das damals vielleicht noch nicht so wichtig war wie heute) und die eigenen Ansprüche etwas tiefer gehängt.
Die linksradikale Szene war zu diesem Zeitpunkt hauptsächlich mit internen Diskussionen beschäftigt, diesen lähmenden Richtungsauseinandersetzungen zwischen Antiimps und Autonomen, und das nicht nur hier in Bonn. Natürlich gab es noch inhaltliche Debatten, die wir auch aufgegriffen haben, z.B. über Vergewaltiger, Sexismus und Patriarchat, aber die Form solcher Diskussionen war oftmals total destruktiv, so daß im Endeffekt viele Gruppen daran zerbrochen sind. Es hat Jahre gebraucht, daraus resultierende Spaltungen wieder aufzuheben.
Außerdem gibt es ein Problem mit dem linken Szene-Anspruch, wie man sich ausdrückt und gibt, den können eigentlich nur wenige erfüllen. Jugendliche, die von der Hauptschule kamen und sich nicht so geschliffen ausdrücken konnten und diesen ganzen sexistischen Scheiß z.B. viel direkter ausdrückten, die waren von vornherein ausgegrenzt.
Und das war bei der Antifa nicht der Fall?
Uli: Es wurde versucht, die unterschiedliche soziale Herkunft nicht zu so einem Spaltpilz werden zu lassen, sondern die Diskussionen so zu führen, daß auch neue Leute ohne große Erfahrungen einen Zugang finden können. Denen wurde nicht gleich das ganze Glaubensbekenntnis abverlangt, »ja, ich bin gegen Rassismus, Sexismus, Faschismus usw.«. Diese Überlegungen führten dann später auch zur Entstehung einer Antifa-Jugendfront in Bonn.
Eurem Anspruch nach habt ihr also erstmal Antifa als direkte Anti-Nazi-Arbeit verstanden?
Uli: Für uns bedeutet Antifa, als Teil einer linksradikalen Bewegung einen Schwerpunkt zu setzen, an dem eine kontinuierliche Arbeit möglich ist, und nicht einer Kampagne nach der anderen hinterherzulaufen. Für uns in Bonn war dieser Schwerpunkt, gegen die gewalttätigen Neofaschisten vorzugehen. Es wurde Recherche-Arbeit gemacht, also die Nazi-Strukturen ausgeleuchtet, und sich den Nazis militant entgegengestellt. Neben diesen ganzen Demos gegen Rep-Veranstaltungen und kleineren Scharmützeln war es besonders wichtig, gegen die bekannten Nazi-Kneipen in der Stadt was zu tun. Es gab Nazi-Kneipen, von denen aus regelmäßig normale Passanten, Linke und Ausländer angegriffen und zusammengeschlagen wurden. Es wurde dann im Gegenzug versucht, sich die Nazi-Führer rauszugreifen. Da gibt es symbolisch sehr wichtige Geschichten, daß sich drei Antifas z.B. einen Nazi-Chef herausnehmen und verprügeln, und sein ganzer Anhang von zehn Mitläufern schaut zu und traut sich nicht einzugreifen. Bei deren autoritärer Sruktur war das sehr wirkungsvoll.
Rainer: Etwas anderes sehr Wichtiges war, daß die Nazis als Kristalisationspunkt bestimmte Uni-Feste wählten, um da auch von auswärts einzufallen. Die sind da offen aufgetreten und haben das Publikum richtig tyrannisiert. Wir haben uns dann, ich glaube, das war 1988, auch mit anderen Antifas zusammengetan, sind da hingegangen, haben Flugblätter verteilt und Nazi für Nazi rausgeprügelt.
Uli: Die Nazis liefen da in Montur und Abzeichen rum, nicht nur Bonner, sondern auch von der FAP aus Dortmund. Die haben ganz direkt versucht zu rekrutieren, und bis 1990 haben die in Bonn auch jedes Jahr einen immer größer werdenden Aufmarsch am 17. Juni veranstaltet.
Hat die starke FAP-Präsenz in Bonn etwas damit zu tun, daß Kühnen aus Beuel kam?
Rainer: Hier in Bonn war immer der Busse-Flügel6.1 ausschlaggebender. Das sind Figuren wie Ralf Tegethoff aus Bad Honnef-Aegidienberg, der hier einen starken »Gau« leitet.
Haben die Nazis eine nennenswerte Bastion an der Universität, oder wie kommt es, daß sie ausgerechnet auf Uni-Festen agierten?
Rainer: Also, die Feste hat der AStA organisiert und viele Nazischläger sind da so hingekommen wie vor zehn Jahren etwa die Rocker.
Aber zur Uni wäre dennoch zu sagen, daß es hier sehr viele Burschenschaften gibt, die viele Veranstaltungen machen und auch Verbindungen zu organisierten Neonazis unterhalten. Eine schillernde Figur in diesem Spektrum ist sicher der »Extremismus-Forscher« Professor Knütter, der am Seminar für politische Wissenschaften lehrt. Er ist einer der intellektuellen Wegbereiter des »Anti-Antifaschismus«. Seine Bücher haben Titel wie »Deutschfeindlichkeit«, und unter seinem Mentorat hat ein Uni-Arbeitskreis Veranstaltungen mit dem Geschichtsfälscher David Irving und dem rechtsradikalen Barden Frank Rennicke in der Universität abgehalten.6.2
Wie gehen denn die Bonner Stadtpolitiker mit ihren Nazis um?
Uli: Bonn wird von der CDU regiert. Der ging es hauptsächlich darum, militante Auseinandersetzungen erst gar nicht sichtbar werden zu lassen. Die Auseinandersetzungen mit Neonazis wurden bis Anfang der 90er auch von der Presse konsequent verschwiegen, außer es ging gar nicht mehr. Man konnte nichts darüber lesen, ob nun Nazis MigrantInnen angriffen oder sie umgekehrt auf's Maul bekamen. Das hat auch ein bißchen mit dieser Hauptstadt-Diskussion zu tun. Die Bonner hatten immer die Strategie gehabt, einen auf heile Welt zu machen, und in Berlin tobt der Mob ...
Rainer: Dabei war das eigentlich nicht zu übersehen. Da gab es zum Beispiel diese Kellerkneipe. Die hieß erst »Schlüssel« und später dann »Night-and-Day« hier mitten in der Innenstadt. Da hingen am Wochenende regelmäßig Nazis rum. Das ging dann so weit, daß man mit roten Haaren an der Kneipe nicht mehr vorbeilaufen konnte, ohne Ärger zu bekommen. Und da sind wir dann halt mit jugendlichen Antifas auch jedes Wochenende Patrouille gelaufen, ein halbes Jahr lang, und haben uns mit denen rumgekloppt. Also, das war richtig heftig, mit Straßenschlachten um acht Uhr abends im Sommer, wo total viele Bürger auf der Straße waren. Das war eigentlich auch unser erster größerer Erfolg, weil die Wirte des Lokals wegen dieser andauernden Randale dann die Konzession entzogen bekamen.
Uli: Viel von unserem Gruppenzusammenhalt kam zunächst von diesen gemeinsamen Patrouillen und den direkten Aktionen. Aber es gab auch schon so erste Ansätze einer Öffentlichkeitsarbeit. Als Vorläufer von dem jetzigen Antifa-Info Rhein-Sieg haben wir bereits für das Berliner Jugendinfo einen Bonner Lokalteil gemacht, der dann kostenlos an den Schulen verteilt wurde. Die Antifa ist dann relativ rasch angewachsen, was natürlich auch zu einigen internen Widersprüchen führte.
Was für Widersprüche meinst du?
Uli: Ja, dadurch, daß auch mehr Leute kamen, gab es auch größere Unterschiede und verschiedene Bedürfnisse. Einige waren bereits politisiert, mit einem inhaltlichen Hintergrund und mehr Erfahrung, weil sie eben schon vorher was gemacht hatten. Aber es gab auch andere, für die erstmal die Aktion der Anreiz war mitzumachen und die auch zum Teil schulisch einen anderen Hintergrund hatten. Mit einem einzigen gemeinsamen Plenum war das nicht mehr zu fassen. Da fühlten sich auch die Jüngeren oftmals einfach überfordert und bevormundet. Als Ergebnis daraus entstanden mehrere Gruppen, oft auch nach lokalen Gesichtspunkten, in denen die unterschiedlichen Bedürfnisse besser geregelt werden konnten. Da gab es eine Gruppe mit Älteren, die stärker inhaltlich arbeiten wollte, und es gab eine Gruppe mit den Jüngeren, Unerfahreneren, und aus einem gegenseitigen Bedürfnis sind da zwei von den Älteren reingegangen, um konkrete Aufbauarbeit zu leisten und die bisher gemachte Erfahrung weiterzuvermitteln.
Und das hat funktioniert?
Rainer: Ja, es gab ein gemeinsames Vertrauenverhältnis. Wichtig war, daß auch total viel über die private Schiene lief, daß man auch sonst etwas zusammen gemacht hat und sich eben nicht nur auf den Treffen gesehen hat. Also, daß es keine solche Trennung von privat und politisch gab. Ohne das Umfeld, das die Antifa-Jugendfront damals geboten hatte, wären die Leute auch wohl schnell wieder verschwunden.
Und wie haben sich die Gruppen untereinander koordiniert?
Uli: Als Modell ist dann ein Delegiertentreffen entstanden. Alle zwei Wochen treffen sich die Vertreter der Gruppen, um Diskussionen und Aktionen zu koordinieren. In den letzten Jahren konnten so nach dem oben beschriebenen Muster laufend neue arbeitsfähige Gruppen entstehen. Gerade im Zuge des Golfkrieges sind wieder viele neue dazugekommen ... Dieses Gruppenmodell ermöglicht einfach, die verschiedenen Interessen stärker zu berücksichtigen. Es ist auch gelungen, erheblich ältere Linke, die einmal Autonome waren und dann aus Mangel an Perspektiven ausgestiegen sind, für Antifa-Arbeit zu gewinnen. Also auch einige aus der autonomen Infoladenszene, die vorher in der Antifa keinen Sinn gesehen haben, aber im Zuge der immer stärker werdenden Faschisierung auch konkreter was tun wollten.
Was war denn die Kritik der anderen autonomen Linken an euch in den 80er Jahren, was machte denn den Unterschied zwischen Bonner Antifa und Bonner Autonomen genauer aus?
Manfred: Wir hatten hier in Bonn konkret das Problem, daß die Faschos sichtbar wurden und offenen Straßenterror ausübten und wir damit vor der Frage standen, was wir jetzt machen. Es hat sich dann schnell eine kleine Gruppe herausgebildet, die das mit militanten Aktionen anging. Es gab halt eine Diskrepanz zwischen dem eher praktischen, militanten Ansatz gegenüber den Faschos und dem eher theoretischen der alten autonomen Zusammenhänge.
Die waren ja alle sehr autonom, hatten ihre Kleiderkonvention, ihren Sprachkodex ... Du brauchtest ja nur ein paar Redewendungen draufzuhaben, dich auf eine bestimmte Art und Weise bei Treffen zu verhalten, und dann warst du Autonome/r. Diese ganze Oberflächlichkeit ... autonomer Standardlook 1986 hieß: Bundeswehrhosen, Bundeswehrstiefel, Lederjacke und eine möglichst ausgefallene Frisur zu haben. Dazu dann noch das überkorrekte Szenegehabe: Alles schön gerade reden und sich schön ducken, dann kannst du auch nicht anecken ... Und da gab es halt auch welche, die das nicht gemacht haben und zum Teil auch gar nicht konnten, weil sie auch anders sozialisiert waren, und die kamen dann in der autonomen Antifa zusammen. Aber der Knackpunkt war die Gewalt auf der Straße, das Sich-Einlassen auf die offene Auseinandersetzung mit den Faschos, mit allem, was an Vorbereitung dazugehört, auch Kampfsport, das war der Knackpunkt.
Also wurde euch von den älteren Autonomen eine Militarisierung vorgeworfen?
Manfred: Ja, Streetfightertum. Die Antifas waren nun mal die jüngeren und unerfahreneren in der Szene, und so wurde eine mangelnde ideologische Grundlage für die militanten Aktionen unterstellt. Konkret sah das dann so aus, daß die JugendfrontlerInnen sich die Stadt alleine freiprügeln mußten.
Uli: Die linke Szene wohnt ja gerne in der Altstadt. Die bewegen sich vielleicht 100 Meter am Tag zwischen Wohnung und Stammkneipe hin und her, und es stimmt schon, da begegnet man wahrscheinlich keinem Fascho. Aber was um die Ecke los ist, an den Schulen oder in anderen Stadtteilen ...
Nun sind die Autonomen in den 80er Jahren, von denen ihr euch abgrenzt, ja nicht gerade als die großen TheoretikerInnen verschrieen ... ?
Manfred: Naja, das war eben sehr stark aufgesetzt, hat aber gewirkt. Und um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen: Diejenigen, die in Bonn die Antifa aufgemacht haben, kamen alle aus der autonomen Szene. Also, wir waren zum Teil an der Startbahn West oder in Wackersdorf aktiv dabei. Aber wir brauchten eine verbindlichere, weniger oberflächliche Struktur, gerade auch im Umgang untereinander, das war uns eben sehr wichtig, ob jetzt für Diskussionen oder Aktionen. Diese autonomen Plenen waren immer offen, so offen, daß wir gar nicht bemerkt hatten, daß da z.B. auch ein Bulle in der ersten Reihe mit dabei saß, der sich irgendwann durch seine Sachkenntnis selbst geoutet hat, und da fiel uns allen die Kinnlade runter. Der war eigentlich kein Spitzel, der machte halt beruflich was anderes als in seiner Freizeit, und da hat es uns erstmal gelangt, und wir haben die Gruppe dichtgemacht und uns klarere Kriterien überlegt.
Griffen die Nazis zu jener Zeit schon massiv MigrantInnen oder andere diskriminierte Bevölkerungsgruppen wie Obdachlose an? So, wie ihr es bisher dargestellt habt, waren es vor allem Linke ...
Manfred: Zu der Zeit gab es vor allem Angriffe auf Jugendliche aus der Punk- und Independent-Szene. Alle Leute, die sich schwarz kleideten, waren potentielle Opfer. Das Feindbild der Faschos konzentrierte sich auf Linke und Punks.
Uli: Ja, und gerade an den Schulen gab es harte Auseinandersetzungen mit den Rechten, und das hat die autonome Szene gar nicht wahrgenommen.
Manfred: Weil sie eben auf die Autonomen in ihren Ghettos nicht rechnen konnten, sind die Jugendlichen zu uns gekommen und haben uns erzählt, wie übel es an den Schulen abgeht. Das ist so ein Bereich gewesen, wo wir als autonome Antifa gesagt haben, wir organisieren jetzt eine Antifa-Jugendfront.
Hat sich denn, um auf die Gegenwart zu kommen, das Verhältnis zwischen den übriggebliebenen Autonomen und der Antifa mittlerweile normalisiert?
Uli: Also, das ist ziemlich drastisch. Eine autonome Szene gibt es in dem Sinne eigentlich hier gar nicht mehr. Die Antifa ist inzwischen die größte linksradikale Gruppe in der Stadt, und natürlich gibt es noch andere kleine Gruppen, die gute Arbeit machen, aber etwas Faßbares, so eine autonome Szene-Struktur mit öffentlichen Orten wie Infoläden und Volxküche, gibt es einfach nicht mehr. Und so bitter das ist, daß wir uns die Anerkennung mühsam erarbeiten mußten, so klopfen die Übriggebliebenen inzwischen auch mal an unsere Tür. Das hängt aber auch mit unserem veränderten Organisationsansatz zusammen, daß wir langsam und schrittweise eine sichtbare Organisation wurden, die in der Lage ist, öffentlich so zu agieren, daß niemand mehr dran vorbeikommt.
Manfred: Es gibt so einen nie eingelösten, aber in den 80er Jahren oft ausgesprochenen Anspruch der Autonomen: global denken, lokal handeln. Das wurde nie verwirklicht, und das versuchen wir jetzt zu ändern.
Aber gab es nicht anfangs ein Mißtrauen, auch aus anderen Städten, gegenüber dem, wie ihr linke Organisierung betreibt, was ihr Aufbauarbeit nennt, daß dies wieder zu autoritären Anleitungen führt?
Anne: Also, vielleicht sollte ich mal dazu was sagen. Ich bin in einer Gruppe, die nun so seit einem dreiviertel Jahr existiert. Wir waren alles Schülerinnen und Schüler, und dazu kamen eben zwei von den erfahreneren Antifas. Da haben wir uns erstmal mit so allgemeinen Fragen auseinandergesetzt wie Militanz und staatliche Repression. Wir haben Filme angeschaut und darüber diskutiert, was für uns sinnvoll ist, was wir selbständig gegen Faschos machen können. Und im Moment macht unsere Gruppe bei einer Kampagne gegen Kioske mit, die faschistische Zeitungen verkaufen. Mittlerweile ist es so, daß die Gruppe auch ohne die Älteren funktionieren würde. Das sieht man schon, wenn die mal fehlen. Und warum sollen schon gemachte Erfahrungen nicht weitergegeben werden, warum sollen alle, die wie wir neu anfangen, die alten Fehler wiederholen?
Manfred: Ich glaube, es war ein prinzipieller Fehler der autonomen Szene, Selbstorganisierung damit zu verwechseln, daß sich alle vom Nullpunkt aus alles selbst erarbeiten müssen.
Uli: Im Grunde hat sich die autonome Szene teilweise einfach selbst belogen. Es gibt einfach immer schon Hierarchien, dadurch, daß ein paar erfahrener sind, dadurch, daß es Leute gibt, die mehr wissen, und das mußt du erstmal überhaupt feststellen, bevor du so was abbauen kannst. Es bringt nichts, einfach zu sagen: Weil wir alle ohne Hierarchien leben wollen, sind wir schon gleich. Damit lügt man sich nur in die eigene Tasche. Im Endeffekt hat die autonome Szene dadurch nur diejenigen ausgeschlossen, die eben nicht auf ihrem Niveau reden konnten, die nicht einem gewissen Äußeren entsprachen ...
Und wie vermittelt ihr denn zum Beispiel die gemachten Erfahrungen, wie sieht das aus etwa in bezug auf militantes Vorgehen?
Manfred: Gerade anfänglich, als es klar war, daß es eine größere Häufigkeit an direkten Auseinandersetzungen geben wird, haben wir in den Gruppen besonders darauf geachtet, verbindlich zu klären, wie weit wir hier gehen. Im Klartext: Daß wir es hier in Bonn nicht verantworten können und es auch ideologisch für falsch halten, Faschisten so zu verprügeln, daß sie danach nicht mehr aufstehen können. Wir gehen eben davon aus, daß du eine Gesinnung ändern kannst, aber eine körperliche Behinderung vielleicht nie mehr. Und ein verantwortlicher Umgang mit Gewalt sollte uns auch immer von den Rechten unterscheiden. Wie ihr euch vorstellen könnt, ist das bei militanten Auseinandersetzungen in der Praxis oft sehr schwer einzuhalten. Um größere Schäden zu vermeiden, gibt es so ein paar Kriterien, zum Beispiel kein Holz, wenn, dann Gummiknüppel usw. ... Manchmal läuft das auch auf einem recht niedrigen Niveau, aber dadurch, daß darüber Gespräche stattfinden, wird dem im nachhinein wenigstens beigekommen. Dazu gehört auch eine gute körperliche Ausbildung. Wir haben unseren eigenen Trainingsraum, und bei uns sind genug erfahrene Leute, die ihr Wissen und den richtigen Einsatz von verschiedenen Techniken auch an Neue weitergeben können.
Uli: Es bleibt aber eine Gratwanderung, die auch nicht immer gelingt. Aber es wird sich auch viel Mühe gegeben, die unterschiedlichen Möglichkeiten und Bedürfnisse zu berücksichtigen. Gerade wenn Leute körperliche Auseinandersetzungen bislang nicht so gewohnt sind und selber zum ersten Mal an etwas teilnehmen wollen, wo es möglich ist, daß was passiert.
Mittlerweile gibt es aber ein ganz anderes Problem. So viele Auseinandersetzungen mit den Faschos auf der Straße gibt es gar nicht mehr. Die laufen jetzt lieber so rum, daß man sie nicht gleich erkennt, und ein Teil der Bonner FAP-Szene arbeitet inzwischen auf einem viel höheren Niveau, bundesweit und mit guten Auslandskontakten. Die machen immer noch Sachen wie in anderen Städten auch, bloß laufen die halt nicht mehr so rum ...
Manfred: Es gibt ein ausgesprochenes Innenstadtverbot von der Antifa an die Faschos, an das sie sich die nächsten 2000 Jahre zu halten haben. Und dadran halten die sich auch, das ist ja eine Frage des Kräfteverhältnisses, und das ist eindeutig. Die können hier nicht mit kleineren Gruppen durch die Stadt ziehen und sich eine Kneipe nehmen. Was sie aber immer noch können, ist hier eine Demonstration anmelden. Bei ihrem letzten Versuch am 8.2.1993 waren sie mit 120 Hanseln aufmarschiert, und die Antifa hat die Demonstration verhindert. Und im Rahmen der Verhinderung ist hier in Bonn auch zum ersten Mal die Polizei angegriffen worden.
Uli: Unsere Öffentlichkeitsarbeit ist ja mittlerweile viel besser, die militante Demo hat den Bullen ziemlich Druck gemacht, und die Auseinandersetzungen sind in der Stadt viel sichtbarer geworden. So sind die Bullen nun halt gezwungen, Naziaufmärsche im vornherein zu verbieten. Gegen die Rechten machen die überhaupt nur was, wenn sich die Geschichten nicht mehr totschweigen lassen.
Spielen Ereignisse, wie sie in Rostock passiert sind, eine Rolle, wenn es hier erstmals auch zu größeren Auseinandersetzungen mit der Polizei kam?
Manfred: Die Stimmung hat sich, gerade für viele Jugendliche, nach Rostock ganz klar geändert. Eine auf den Demos ganz oft gegen die Bullen gerichtete Parole ist ja dieses »Wo wart ihr in Rostock?«. Denen nimmt niemand mehr was ab, und es wird eher von einer stillschweigenden Koalition ausgegangen, die dann an solchen Punkten wie der Demonstration, also wenn die Polizei Faschisten schützt, sichtbar wird.
Uli: Nach Rostock gab es auch zum ersten Mal nach langer Zeit wieder eine Scherbendemo, die auch konkret gegen Einrichtungen wie das Landgericht gerichtet war, wo Prozesse gegen Antifas stattfinden, während so Schweinereien wie in Rostock passieren. Für uns war es auch selbstverständlich am Tag X, bei der Abschaffung des Asylrechts, an der Blockade des Bundestages teilzunehmen.
Sichtbar als Antifa-Gruppe oder einfach als linke DemonstrantInnen?
Uli: Letzteres.
Warum nicht erkennbar als Antifa?
Manfred: Regierungsviertel und Bannmeile sind eine »no-go-area«. Das ist Bullenzone, und wer da hinfährt und etwas bekannter ist, kriegt schnell was ab oder hat ein Verfahren am Hals. Da sind wir etwas zurückhaltender geworden.
Seid ihr denn allgemein einem stärkeren Repressionsdruck ausgesetzt?
Manfred: Die Behörden leiten mit großer Regelmäßigkeit Verfahren gegen Linke aus der Antifa und der autonomen Szene ein. Wegen den Demos gegen den Golfkrieg gab's eine ganze Latte von Prozessen. Zur Zeit stehen Prozesse wegen Aktionen gegen die Reps in Bad Godesberg an, immer kleinere und größere Sachen, Landfriedensbruch, Körperverletzung und so weiter. Bonn ist halt eine kleine Stadt mit großer Bullendichte, da wirst du schon schnell mal erwischt, beim Sprühen oder sonst irgendwas.
Um nochmal auf den vorigen Kontext zurückzukommen: Ihr gehört doch zu den Antifa-Gruppen, die in letzter Zeit auch verstärkt antirassistische Arbeit machen?
Uli: Ja, nach Rostock hat sich in Bonn ein antirassistisches Bündnis mit verschiedenen linken Gruppen, Linksradikalen, linken Hochschulgruppen gebildet, an dem die Antifa beteiligt war. Darüber ist die übliche antirassistische Arbeit gelaufen, also Flüchtlingsheime beschützen, Aktionstage in der Innenstadt usw. Wir stehen dieser Form von »Feuerwehr«-Politik aber kritisch gegenüber und haben versucht, etwas Weitergehendes zu entwickeln. Wir versuchen jetzt gerade, ein antirassistisches Infotelefon mit aufzubauen.
Inwiefern beinhaltet ein solches Infotelefon mehr als das, was ihr ohnehin schon macht?
Anne: Es soll offener sein, damit es auch Leute benutzen, die sich nicht so organisiert haben wie wir. Damit alle leichter an wichtige Informationen herankommen, auch wir.
Was für Informationen sollen das denn sein?
Manfred: Das geht vom Nachbarn, der sonntags ein braunes Hemd anzieht und Marschmusik hört, über Beamte in den Ämtern, die AusländerInnen schlecht behandeln, hin zu rassistischen Lehrern und Professoren; alles, was wichtig ist und den Alltag vieler beeinflußt, damit man das auch mal namhaft machen und thematisieren kann.
Arbeitet ihr denn direkt mit Flüchtlingsgruppen oder organisierten MigrantInnen zusammen, sind in euren Gruppen auch Menschen ohne deutschen Paß ... ?
Manfred: Ja. Und zu den Flüchtlingsheimen haben einige aus der Antifa kontinuierlich gearbeitet. Manchmal ging es dabei auch um ganz praktische Sachen. Z.B., die Stadt hatte sich geweigert, die Flüchtlingsheime mit ausreichend Feuerlöschern zu versorgen. Die wurden dann nachts besorgt. Oder daß überall ein Telefon ist. Es wurde geschaut, daß es konkrete Ansprechpartner in den Unterkünften gibt, und gemeinsam für einfache Schutzmöglichkeiten gesorgt. Falls es zu Angriffen kommen sollte, gibt es Telefonketten, um für eine Verteidigung mobilisieren zu können.
Es gibt auch eine Sondernummer des Antifa-Jugendinfos zu Rassismus und Flüchtlingspolitik in der BRD.
Haben sich nach 1989 und dem Anschluß der DDR eure politischen Positionen verändert, gab es bei euch eine Diskussion über die alte DDR, oder ist das für euch ganz weit weg?
Uli: Das ist schwierig. Also, geographisch sind wir hier erstmal näher an Brüssel als an Dresden dran, aber es spielt natürlich schon eine große Rolle, weil die ganzen Entwicklungen, die das ausgelöst hat, ja auch nicht vor dir haltmachen.
Manfred: Es ist ja nicht so, daß nur die Mauer und die DDR weg ist, der ganze Ostblock und die Sowjetunion als politischer Gegenpol zum Westen sind verschwunden. Das geht nicht an uns vorbei, das hat Konsequenzen, ob es nun um Bosnien oder Somalia geht, und da kommen wir als Linke nicht drum 'rum, eine Position zu finden ...
Uli: Also, praktisch heißt das für uns auch, daß wir in den Osten gefahren sind, um da antifaschistische Aktionen zu unterstützen oder um sich einfach zu informieren. Es gibt auch Kontakte zu Antifa-Gruppen in der alten DDR.
Haben sich eure politischen Vorstellungen mit dem Ende der DDR verändert, oder ist für euch alles relativ gleich geblieben?
Uli: Es hat sich viel verändert, allerdings sind auch viele und sehr existentielle Sachen gleich geblieben. Es gab vorher auf der Welt Armut, Hunger, Ausbeutung, Unterdrückung, Kriege, Faschismus usw. Das alles gibt es auch heute noch, und das ist das Entscheidende. Deshalb können wir auch die weinerlichen Linken, die in Hunderten von Reden und Schriften bejammern, daß seit 1989 alles ganz anders ist, nicht verstehen. Die Ausgangslage ist heute eine andere, unsere politischen Vorstellungen haben sich dadurch nicht geändert. Wie die DDR als Staat zu beurteilen ist, da gab es bei uns vor ihrem Ende unterschiedliche Positionen, und die sind heute immer noch unterschiedlich. Es gibt aber niemanden, der die DDR als anstrebenswertes Gesellschaftssystem gesehen hat.
Aber daß die BRD die DDR einfach mit übernommen hat und jetzt auch weltpolitisch eine ganz andere Rolle spielt ... Wieder Soldaten und die dazugehörigen Kriegsberichterstatter in alle Welt schickt ...
Manfred: Oder als erstes Kroatien anzuerkennen ...
Uli: Und natürlich kommt auch der Aspekt dazu, daß jetzt die Verelendung in der DDR bewußt in Kauf genommen wird und der Rassismus der Bevölkerung von der westdeutschen Regierung auch dazu benutzt wurde, wie man in Rostock sah, um das Asylrecht abzuschaffen. Aber es gibt eigentlich niemand, der die DDR toll findet und meint, daß alles wieder wie früher werden soll.
Manfred: Naja, es gibt schon welche, für die die DDR kein verteidigenswerter Staat war, die aber jetzt anfangen, diesem System hinterherzuheulen, von wegen der Kinderhorte und den anderen schönen sozialen Errungenschaften. Es ist doch totaler Quatsch, die Legitimation eines Staates am Vorhandensein oder Nicht-Vorhandensein von Kinderhortplätzen festzumachen.
Nun gibt es ja Antifa-Gruppen wie die Antifa (M), denen eine gewisse Nähe zu orthodox kommunistischen Vorstellungen nachgesagt wird. Mit denen arbeitet ihr zusammen. Tun sich da keine ideologischen Schwierigkeiten auf?
Manfred: Also, erstens erkennen wir bei der »M« keine orthodox kommunistischen Vorstellungen. Zweitens verstehen wir nicht, wie man auf so was kommen kann, wenn man ihre Veröffentlichungen liest. Und drittens gibt es an einzelnen Punkten schon unterschiedliche Analysen und Vorstellungen, aber die sind Gegenstand gemeinsamer Diskussionen mit der »M« und in der AA/BO und nicht eines solchen Interviews.
Ihr beteiligt euch also an dem, was sich AA/BO (Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisierung) nennt?
Uli: Ja. Allerdings beteiligen wir uns nicht nur an der AA/BO, wir sind Teil der AA/BO. Wir haben zwar bei uns keinen einheitlichen ideologischen Ansatz, also, nicht weil wir jetzt darin den kommunistischen, anarchistischen, sonstwas-istischen Ansatz sehen, sondern weil die AA/BO die konsequente Weiterentwicklung unserer Politik ist. Also, sich erst lokal, dann regional und dann bundesweit zu organisieren, betreiben wir aus praktischen Erwägungen heraus.
Und was ist mit dem »Antifaschismus auf antiimperialistischer Grundlage«, wie das die »M« zu formulieren pflegt? Schließlich ist sie ja keine unwesentliche Kraft in der AA/BO, und eine ganze Reihe von Antifa-Gruppen haben ja auch schon abgewunken ...?
Manfred: Naja, wir finden nicht, daß die »M« »zu formulieren pflegt«, sie beschreibt lediglich einen Aspekt ihrer Herangehensweise. Das Wegbleiben einiger Antifa-Gruppen mit dem »Antiimperialismus« der »M« oder anderer AA/BO-Gruppen zu begründen, wäre recht einäugig. Erstmal bleiben Gruppen weg, weil sie eine panische Angst haben, sich überhaupt zu organisieren. Es gibt auch die Befürchtung, daß die Gruppen, die die BO machen, unter dem Deckmantel des Antifaschismus jene antiimperialistische Politik weiterbetreiben, die die Antiimps schon früher einmal in den Sand gesetzt haben. Wer allerdings die Politik der AA/BO verfolgt, wird sehen, daß diese Befürchtungen keine Grundlage haben. Wer das heute der AA/BO weiterhin vorwirft, führt anderes im Schilde. In der BO sind viele verschiedene Gruppen, viele jüngere, die an diese ideologischen Auseinandersetzungen viel pragmatischer rangehen können. Die wissen, warum eine bundesweite Organisierung notwendig ist, und die wissen vor allem auch, wie man verhindert, daß irgendeine Gruppe ideologisch alles in eine Richtung lenkt.
Uli: Diese ganzen Auseinandersetzungen um Antiimperialismus oder sonstwie revolutionäre Organisation sind doch bloß so Scheingefechte, anstatt daß wirklich geguckt wird, was denn da dahinter steckt und wer sich da alles beteiligt. Einfach auf die »M« als eine der Gruppen zu schielen, ist natürlich viel bequemer.
Ich denke, es geht darum, eine bundesweit sichtbare Organisation aufzubauen. Es ist nun mal Realität, daß Antifa-Gruppen nur in etwas größeren Städten aktiv sind und hier auch mehr Möglichkeiten haben als in anderen Regionen, wo oftmals nur ganz wenige, manchmal nur Einzelpersonen, was machen. Über einen besseren Austausch können wir uns stärker unterstützen, so daß z.B. für alle Druckmöglichkeiten vorhanden sind oder auch Leute, die nicht auf jedes Treffen fahren, über Mailboxen schnell an wichtige Information rankommen können und nicht aus der Struktur rausfallen.
Inhaltlich wollen wir weg davon, daß diese Auseinandersetzungen um »Antiimperialismus«, »Kommunismus« oder »Anarchismus« weiterhin so schlagwortartig geführt werden. Wir unterstellen einigen, die mit diesen Begriffen herumwerfen, gar nicht so genau über deren Inhalt Bescheid zu wissen. In der BO wollen wir lieber an konkreten Beispielen unsere Position klären. Natürlich können und werden wir uns nicht auf Dauer auf eine rein antifaschistische Arbeit beschränken. Wie und in welchen Schritten dies geschieht, wird sowohl hier in Bonn als auch in der BO aktuell diskutiert. Wir werden uns über die gesamten gesellschaftlichen Auseinandersetzungen Gedanken machen und auch an Gegenentwürfen zum bestehenden kapitalistischen System arbeiten, aber an eine inhaltliche Erweiterung werden wir uns langsam, und von unserer bisherigen Praxis ausgehend, herantasten.
Haben wir jetzt noch etwas vergessen, was ihr noch unbedingt loswerden wollt?
Manfred: Ja, ich möchte nochmal auf die Frage zur DDR zurückkommen. Da müssen wir wohl alle Selbstkritik leisten, denn vor 1989 war die DDR schon recht weit von uns weg. Das hat uns aber nicht daran gehindert, sie zu beurteilen. Die einen von uns haben die DDR (den Nebel der Westpropaganda im Hirn, Minenfelder an jeder Kreuzung usw.) für ein illegitimes Unrechtssystem gehalten, für die anderen war sie bei aller Kritik ein, im positiven Sinne, sozialistisches Land. Grundlagen für die eine oder andere Bewertung gab es wenige, denn beide Positionen kamen durch indirekte und ideologisch gefärbte Informationen zustande, die nicht kritisch hinterfragt wurden. Wegen dieser Ignoranz konnten wir natürlich auch nie erfahren, daß es in der DDR eine Opposition gab, Menschen wie Silvio Meier (den Nazis umbrachten), und eine Geschichte, mit der uns als AntifaschistInnen vieles verbindet.
Uli: Ich würde gerne nochmal was zur Öffentlichkeitsarbeit sagen, weil die für uns eine sehr wichtige Rolle spielt. Das eine ist zum Umgang mit den bürgerlichen Medien und das andere zu den Antifa-Jugendinfos.
Im Gegensatz zu autonomen Fanzines setzen wir auf ein ansprechendes Layout, eine Vielfältigkeit von Texten, die inhaltlich noch nicht total ausgearbeitet sein müssen, dafür aber allein, wie sie geschrieben sind, schon interessant sind. Wichtig ist uns ein einfacher Zugang zu den Texten, also, es muß nicht immer möglichst kompliziert und mit vielen Frendwörtern sein.
Und eure relativ professionell gemachten Zeitschriften werden von den Jugendlichen auch gelesen?
Manfred: Ja. Wir kriegen viel Resonanz, und ohne jetzt angeben zu wollen, beim Verteilen werden die uns aus den Händen gerissen.
Ihr verteilt die umsonst?
Uli: Ja, in einer Auflage hier von glaub' ich so 3500 Stück.
Anne: Also, bei uns auf der Schule werden wir zumindest immer alle los. Und das siehst du schon, wenn's nicht gelesen würde, wären die Mülleimer voll.
Wie groß ist denn deine Schule?
Anne: Die hat rund 1200 Schüler.
Und wie viele Jugendinfos verteilt ihr da?
Anne: 200. Mehr geht nicht, sonst kommen die anderen Schulen zu kurz.
Und der andere Aspekt, der Umgang mit den bürgerlichen Medien?
Uli: Wir hatten es satt, in den Zeitungen immer von der guten Mitte, der Polizei und von diesen Gleichsetzungen von rechten und linken Extremisten zu lesen. Und da haben wir halt begonnen, Presseerklärungen zu Aktionen der Antifa, zu Prozessen und Demos zu schreiben. Inzwischen versorgen wir die Medien vor Ort regelmäßig mit unseren Publikationen, und es hat sich gezeigt, daß zu einzelnen Journalisten sich sehr wohl ein Vertrauensverhältnis entwickeln läßt. Es gibt ja immer welche, denen es auch zu wenig ist, den Polizeibericht, angereichert mit der Stimme einer Anwohnerin, als einzige Meldung zu bringen. Also, du läßt das mit dem »imperialistischen Schweinesystem« mal weg und lieferst journalistisch verwertbare Hintergrundinformation. Dann gibt es zumindest auf der unteren Ebene der Presse JournalistInnen, die damit was anfangen können.
Etwas anderes ist es mit dem Fernsehen und bundesweiten Zeitschriften. Da haben wir schlechte Erfahrungen gemacht, die sind doch meistens nur an den Jungs und Mädels mit der Sturmhaube interessiert, die am besten noch vor der Kamera die Keule schwingen. Da muß man eher vorsichtig sein.
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