Frauen haben in der Roten Hilfe Deutschlands stets eine große Rolle gespielt und die oben erwähnten Beispiele sind sicher nur eine
kleine Auswahl. Doch soweit uns bekannt, waren auch in der RHD nur wenige Frauen in höheren Positionen zu finden. Eine Ausnahme
stellt Clara Zetkin dar, die als Vorsitzende des Exekutivkomitees der Internationalen Roten Hilfe an führender Stelle tätig war.
Ansonsten gibt es leider fast keine Materialien über die aktive Rolle der Frauen in der RHD. Stellvertretend für viele Frauen, ohne die
die Rote Hilfe Deutschlands sicher nicht hätte arbeiten können, seien an dieser Stelle Ottilie Pohl und ihre Mitkämpferinnen aus Berlin-
Tiergarten genannt.
Ottilie Pohl, geb. 1867, war bereits früh in einem Arbeiterbildungsverein für Frauen und Mädchen und später über die SPD in der
ArbeiterInnenbewegung organisiert. Sie war in Berlin Moabit als Funktionärin der Sozialdemokraten tätig, brach aber im ersten
Weltkrieg mit der SPD und ging zur USPD. Für die USPD saß sie 1920 in der Berliner Stadtverordnetenversammlung. Später wurde
Ottilie Pohl Mitglied der KPD und organisierte sich in der Roten Hilfe Deutschlands. Uns sind lediglich ihre RHD-Tätigkeiten aus dem
Faschismus überliefert.
In Berlin Moabit gab es einen Kreis von Frauen, von denen neben Ottilie Pohl auch Rosa Lindemann und Martha Krüger
namentlich bekannt sind. Die Frauen organisierten in Berlin Moabit Hilfsaktionen und trafen sich wöchentlich zur Tarnung als
Kaffeekränzchen oder Versammlungen in Gartenlauben. Die Frauen sammelten Geld für Angehörige der Inhaftierten und halfen
untergetauchten WiderstandskämpferInnen. »Einige unserer Frauen halfen den Männern, deren Frauen verhaftet waren, in der
Wirtschaft und betreuten die Kinder. Wir hatten über dreißig Familien erfaßt und konnten manchs Leid lindern. Es war für uns eine
besondere Freude zu hören, wie froh unsrere Genossen in den Gefängnissen und Zuchthäusern darüber waren, daß wir uns um ihre
Angehörigen kümmerten und sie umsorgten« (Rosa Lindemann) Außerdem organisierten Frauen auch Verteilaktionen für illegale
Schriften und Flugbätter.
Ottilie Pohl versteckte trotz Gefahr auch in ihrer eigenen Wohnung Verfolgte und illegal lebende WiderstandskämpferInnen. Weil
sie dem aus Skandinavien eingeschleusten kommunistischen Funktionär Rudolf Hallmeyer eine Unterkunft bei Martha Krüger
vermittelte, wurde sie wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens im August 1940 verhaftet. Hallemeyer flog auf
und wurde mit anderen Genossen hingerichtet.
Das Gefängnis verließ Ottilie Pohl erst wieder gegen Ende 1941, nachdem sie am 30. April 1941 zu einer Gefängnisstrafe von acht
Monaten verurteilt wurde. Aus der Haft entlassen, setzte Ottilie Pohl ihre Arbeit fort.
Ottilie Pohl wurde als Jüdin im November 1942, als 76-jährige, in das KZ Theresienstadt deportiert, wo sie 1943 ermordet wurde.