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»Mein Freund ist Ausländer« oder auch nicht - Vom Verständnis zum anonymen Rassisten

Es dauerte ziemlich lange, bis sich die Guten aus Deutschland dazu aufrafften, den Rechtsradikalen ein zaghaftes »Nein« entgegenzuhalten, als diese ein Asylbewerberheim nach dem anderen anzündeten und in Rostock und Hoyerswerda Pogrome veranstalteten. Aber dann kamen sie doch noch gewaltig. Im Wettstreit der Städte zündete man, nein, keine Asylbewerberunterkünfte sondern Kerzen an, was sich auch als Ersatzhandlung, als Ausdruck eines Gemeinschaftsgefühls verstehen ließ. Wie zur Bestätigung der Unterstellung, die als üble Verleumdung abgetan worden wäre, die Kerzenhalter würden sich symbolisch mit den Brandstiftern solidarisch zeigen, hielt man sich mit der Verurteilung der Rechtsradikalen merkwürdig zurück. »Mein Freund ist Ausländer« hieß die Parole, aus der nicht hervorging, daß man gegen die Schläger etwas hatte. Und tatsächlich: Aus den Rechtsradikalen waren noch lange keine Feinde geworden, stattdessen brachte man ihnen ungeheuer viel Verständnis entgegen.

»Wo lernt man denn heute noch, daß man Menschen nicht anzündet?« fragte besorgt (= H.E. Richter-geschädigt) Wolfgang Thierse. Woher sollen denn seine aus dem unter 40 Jahren Knechtschaft darbenden Leidensgenossen aus dem Osten wissen, daß Menschenanzünden verboten ist.

Die Ausländerbeauftragte Marita Schieferdecker-Adolph weiß, welches besorgniserregende Problem Wolfgang Thierse da angeschnitten hat. Mitte Dezember '93 besuchte sie einen Jugendclub in Dresden und wurde dort von Skinheads als »Judensau« und »Türkenweib« beschimpft, und schließlich sogar mit einer glühenden Zigarette traktiert. Offensichtlich hatte sich »Mein Freund ist Ausländer« noch nicht herumgesprochen, aber von einer Strafanzeige sah Frau Schieferdecker-Adolph ab, »um Projekte mit rechtsorientierten Jugendlichen nicht zu behindern«, weshalb sie korrekterweise eigentlich eine Skinheadbeauftragte sein müßte.

Verständnis für die »irregeleiteten Jugendlichen«, die keine »Perspektive«, dafür aber »Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatz« hätten und überhaupt in »menschenunwürdigen Plattenbausiedlungen« hausen müßten, war der Zuckerguß auf der Argumentation der Ausländerfreunde, an der sich zeigte, daß man bei Konflikten innerhalb der eigenen Landesgrenzen eine Abgeklärtheit und Besonnenheit an den Tag legte, die angesichts der ermordeten Ausländer ziemlich abgebrüht wirkten. So abgebrüht wie beispielsweise Bodo Morshäuser, dem es »ums Deutsche« geht und dessen Buchtitel Hauptsache Deutsch und Warten auf den Führer deshalb als Bekenntnis zu verstehen sind und der sich aus dem Programm der anonymen Rassisten bedient hat: »Raus mit dem Scheiß. Laß uns mal fünf Minuten Rassist sein und mal richtig erzählen, was hier los ist und was uns nicht gefällt. Das finde ich besser, als nur intelligent oder intellektuell diese Dinge zu sehen.«

Vor solchen Leuten muß man sogar noch diejenigen in Schutz nehmen, die zwar bei jeder Gelegenheit »betroffen« sein mögen, aber nicht verhindern wollten, wie Bodo Morshäuser, »daß sich die Zahl der Asylbewerber von Jahr zu Jahr verdoppelte«.

Dank Morshäuser wurden die letzten Zweifel ausgeräumt, die man gegen den Verdacht haben konnte, die Lichterketten und Fackelzüge wären nur eine symbolische Ersatzhandlung für das Anzünden von Flüchtlingsunterkünften.



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