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Sun Jun 10 18:47:41 2001
 

Inhaltsverzeichnis Inhalt Maria Mies: Die Krise als Chance Aufwärts

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Warum sind diese Erkenntnisse »Chancen«?

  1. Sie zerstören Illusionen und falsche Analysen über das, was Kapitalismus oder Marktwirtschaft genannt wird, einschließlich des Glaubens an die »Produktivitätsfortschritte«, die angeblich alle Probleme lösen sollen.

  2. Sie führen zurück zu der Erkenntnis, daß wir die Definition des »guten Lebens« nicht den Multis, dem Kapital und der Warenproduktion überlassen dürfen, daß das »gute Leben« vielmehr in der Interaktion miteinander und mit der Natur besteht. Kein Glück, keine Freiheit wird durch die Überwindung des »Reiches der Notwendigkeit« erreicht, wie die Aufklärer und auch Marx glaubten, sondern nur innerhalb dieses Reiches. Das nennen wir die Subsistenzperspektive.

  3. Diese Perspektive, die die Akkumulationslogik überschreitet, wurde zuerst von denen entdeckt und praktiziert, die bisher immer nur die Kosten für das Fortschritts- und Akkumulationsmodell tragen mußten, vor allem Frauen und anderen Menschen in der »Dritten Welt«. Sie wissen, daß sie nie zur Gewinnerseite gehören werden, und sie wollen das auch nicht. Sie wollen die Kontrolle über ihre Subsistenzbasis behalten.

  4. Auch in den reichen Ländern wächst die Erkenntnis, daß der real existierende Kapitalismus nicht die beste aller Welten ist, nicht nur, weil die Herrschenden nicht mehr weiterwissen, sondern weil sich die Lebensqualität von Tag zu Tag verschlechtert. Innerhalb der Warenfülle des globalen Supermarkts leiden wir Mangel am Lebensnotwendigen.

    »Das kann doch nicht alles gewesen sein - das bißchen Auto und Führerschein, da muß doch noch Leben ins Leben« (Biermann).

  5. Die Erfahrung und die Erkenntnis des gigantischen Betrugs und der Beraubung (der Natur, der Menschen, des Lebens, der Zukunft), die mit der Globalisierung der kapitalistischen Wirtschaft einhergehen, ist eine Chance, wieder lokale und regionale Wirtschaftsräume und -strukturen aufzubauen. Denn nur innerhalb solcher »Wirtschaften von unten« kann sichergestellt werden, daß die Natur nicht vernutzt, die Versorgung von allen mit dem Lebensnotwendigen gewährleistet, die Menschen nicht ausgebeutet und der Militarismus eingedämmt wird. Erst innerhalb solcher überschaubarer Öko-Regionen ist auch Gleichheit wieder möglich, allerdings nicht auf dem Niveau des Luxus- und Verschwendungskonsums, sondern auf dem der wirklichen Grundbedürfnisbefriedigung. Innerhalb solcher begrenzter Lokal- und Regionalökonomien werden die Menschen nicht nur sorgfältig und respektvoll mit der Natur, sondern auch miteinander umgehen müssen, wenn sie überleben wollen.

  6. Das heißt auch, daß diese Situation die Chance in sich birgt, daß die uralten Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse - die zwischen Männern und Frauen, zwischen Stadt und Land, zwischen den Klassen, zwischen Kopf- und Handarbeit - aufgehoben werden, zumindest, daß um ihre Aufhebung gerungen werden muß.

    Keine solche »Wirtschaft von unten« kann sich auf Dauer patriarchale, feudale oder kapitalistische Verhältnisse erlauben, denn - und das ist neu - inzwischen ist das Bewußtsein über diese Ausbeutungsformen ein anderes als vor dem Kapitalismus.

    Allerdings sind dies nur CHANCEN. Ob sie genutzt werden, wird von uns allen abhängen, die diese Epoche durchleben. Es gibt keine Garantie, daß sie genutzt werden, denn es gibt keinen Automatismus der Geschichte, der die Dinge notwendigerweise in eine bestimmte Richtung bewegt. Wir selbst bewegen uns und damit die Dinge, oder wir bewegen uns nicht. Alles ist offen.



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