nadir start
 
initiativ periodika Archiv adressbuch kampagnen suche aktuell
Online seit:
Sun Jun 10 18:06:34 2001
 

Inhaltsverzeichnis Inhalt Der kleine Abhörratgeber Aufwärts

Voherige Seite Computernetze und elektronische Post Kameras Nächste Seite

Unterabschnitte

Sprachverschleierung

Wer Telefon- oder Funkkommunikation verschleiern möchte, kann eine Vielzahl von Wegen beschreiten. Die ältesten Gerätetypen zur Sprachverschleierung sind die »scrambler«. Sie verschlüsseln das Gesprochene, indem sie die Reihenfolge des Gesprochenen durcheinander bringen (»time domain scrambling«), oder indem sie die Frequenzen, aus denen die menschliche Sprache zusammengesetzt ist, veränderm (»frequency domain scrambling«). Nach dem »scramblen« ist die verschlüsselte Nachricht nicht mehr zu verstehen, es ist allerdings möglich, durch die sonderbar verformten Geräusche eine menschliche Stimme zu erkennen.

Außerdem ist es möglich, die Sprache erst zu digitalisieren (in Nullen und Einsen umzusetzen) und die sich so ergebenden Bit-Reihen zu verschlüsseln. Die verschlüsselte Nachricht muß dann wieder in ein Tonsignal umgesetzt werden, das sich dafür eignet, über ein Telefon oder einen Sender gesendet zu werden. Dieses Verfahren mag umständlich und kompliziert klingen, bietet aber einige Vorteile. Die Bits können nämlich im Gegensatz zur Sprache selbst mit komplexeren Verschlüsselungsrezepten bearbeitet werden.

»Scrambling«-Methoden sind nur sinnvoll, wenn sie »real time« funktionieren, also die Versendung der verschlüsselten Nachrichten so schnell erfolgt, daß weiterhin die direkte Kommunikation möglich ist.

Reihenfolge zerstückeln (»time domain scrambling«)

Diese »scrambling«-Form zerteilt den gesprochenen Text etwa im halbsekündlichen Rhythmus in »Blöcke«. Das Gerät speichert diese »Blöcke«, zerteilt sie in weitere kleinere Stücke und vermischt sie nach einem bestimmten Muster und die zerwürfelten »Blöcke« werden gesendet. Dies ist mit der Verschlüsselung nach der Permutationsmethode vergleichbar: Nicht die Zeichen/Signale selbst werden verändert, sondern lediglich deren Reihenfolge. Bei der Entschlüsselung findet das umgekehrte Verfahren Anwendung.

Weil immer ein Stück »Sprache« zwischengespeichert werden muß, gibt es an der Sende- wie der Empfangsseite immer eine Verzögerung von etwa einer halben Sekunde, wodurch die Verzögerung der Kommunikation etwa eine Sekunde beträgt. Das ist nicht viel, bedeutet jedoch, daß diejenigen, die miteinander kommunizieren, eine gewisse Geduld aufbringen müssen. Durcheinander oder gleichzeitig zu reden, ist wenig ratsam.

Wird eine halbe Sekunde 15 mal unterteilt, ist die Anzahl der Mischmöglichkeiten mathematisch ziemlich groß, viel zu groß jedenfalls, um einfach so drauflos probieren zu können, die ursprüngliche Nachricht wieder zusammenzusetzen. Es ist aber wie gesagt möglich, in der Tonfolge der Piepser und Sprachfetzen zu hören, ob z.B. ein Mann oder eine Frau spricht. Hartnäckige Lauscher können mit der Zeit sicherlich die individuellen Gesprächspartner erkennen.

Frequenz zerstückeln (»frequency domain scrambling«)

Sprache besteht aus Schallwellen unterschiedlicher Frequenzen. Bei der Frequenzumsetzung wird die Frequenz, aus der sich die Sprache zusammensetzt, bearbeitet. Jede Frequenz wird in eine andere geändert. In den etwas älteren Systemen erfolgte dies immer nach einem festen »Schlüssel« (Umsetzungsfrequenz), dies erwies sich jedoch als leicht zu knacken.

Für modernere Systeme gilt, daß für jede zu unterscheidende Frequenz der Sprache bei der Umsetzung ein anderer Schlüssel benutzt wird. Niedrigere Frequenzen werden in höhere und höhere in niedrigere gewandelt. Augenblicklich werden vor allem Systeme benutzt, die ständig wechselnde Schlüssel benutzen. Je größer die Anzahl der in der Apparatur vorhandenen Schlüssel, desto schwieriger ist das System zu knacken. Ein großer Vorteil ist auch, daß während der Kommunikation keine Verzögerung eintritt. Das Prinzip ist für Telefon- wie Funkkommunikationsverbindungen gebräuchlich.

Es gibt auch Geräte, die beide Methoden kombinieren. Solche Verschlüsselungen sind entsprechend schwerer zu knacken. Diese Apparate besitzen jedoch auch den Nachteil der ersteren Methode: Es entsteht eine Verzögerung von etwa einer Sekunde. Bis vor kurzem war es Privatleuten lediglich möglich, eine begrenzte Anzahl einfacher Scrambler zu kaufen. Diese garantieren allerdings noch lange keine wirkliche Sicherheit. Seit jüngster Zeit sind aber auch modernere Scrambler sowie die ersten digitalen Sprachverschlüsselungssysteme im Handel erhältlich.

Digitale Sprachverschlüsselung

Bei den modernsten Sprachverschlüsselungstechniken wird nach der Chiffrierung keine verformte Sprache mehr gesendet, sondern ein Signal, das Bits enthält. Nullen und Einsen werden mit unterscheidbaren Piepsern oder Tönen wiedergegeben. Bis vor einigen Jahren führte dieser ganze Prozeß - digitalisieren, verschlüsseln und umsetzen der Bits in ein geeignetes Signal (Modem) - noch zu Problemen. Einerseits erhielt man infolge der Digitalisierung eine (zu) große Anzahl Bits, und andererseits gelang es nicht, diese Bits in Echtzeit (»real time«) zu senden.11.1 Mittlerweile gibt es Methoden der Tondigitalisierung, die weniger Bits erzeugen. Auch wurden die Techniken der Modemübertragung optimiert.11.2 Die Übertragungsgeschwindigkeit hat sich enorm gesteigert. Entwicklungen, die auch den Weg zur digitalen Sprachverschleierung eröffnen.

Zur Verschlüsselung können wir im Prinzip dieselben Rezepte benutzen, die wir zuvor beschrieben haben: DES, IDEA, einen pseudozufälligen Schlüssels oder eine XOR-Operation.11.3 Geräte, die pseudozufällige Schlüssel oder DES verwenden, sind am gebräuchlichsten. Nach einer digitalen Sprachverschleierung ist nur noch ein Rauschen zu vernehmen und kein Gespräch mehr zu erkennen. Die US-amerikanische Firma Motorola ist eine der ersten, die ein System auf den Markt brachte, das sich zur (mobilen) Funkkommunikation eignet (»Digital Voice Protection«, bzw. DVP11.4). Andere Firmen wie Marconi, Ascom oder Philips liefern mittlerweile ebenfalls digitale Sprachverschlüsselungssysteme mit unterschiedlichem technischen Niveau. Zudem sind für die Funk-Kommunikation (per Telefon, Fax oder Modem) nun auch digitale Verschlüsselungssysteme erhältlich.

Selbstverständlich stellt sich bei jedem neuen Verschlüsselungssystem immer die Frage, ob nicht irgendwo eine Hintertür eingebaut wurde, die es dem Hersteller (oder staatlichen Behörden) ermöglicht, mitzuhören. Wer ein Fertigprodukt kauft, weiß nie so genau, was es alles enthält. Entscheidet man sich dennoch zur Anschaffung eines solchen Systems, so ist die britische Ascom wahrscheinlich noch die beste Wahl.

Den Preis haben wir noch nicht erwähnt, halte dich fest! Zwei Verschlüsselungseinheiten (an jeder Seite eine) kosten schnell 12000 DM. Geräte zur Anfertigung von Schlüsseln hast du damit immer noch nicht. Ein einfaches PC-Programm mit Kabel zum Kryptotelefon kostet etwa 5000 DM.

Exkurs: Sprachverschlüsselung Marke Eigenbau

Die besseren Sprachverschlüsselungsapparate sind teuer und darüber hinaus schwer im Handel erhältlich. Man braucht jedoch kein Wunderkind zu sein, um mit den Geräten, die sich meistens bereits im Haus befinden, ein Verschlüsselungssystem für ein normales Telefon zusammenzubauen. Erforderlich sind: ein PC (zum Verschlüsseln), eine Sound-Karte (zum Aufnehmen und zur Wiedergabe des Klangs), ein Modem (zur Kommunikation mit der anderen Seite) und natürlich genügend Fachwissen und Geduld, um das ganze miteinander zu verbinden. Ein praktisches, mobiles Ganzes erhält man damit jedoch leider (noch) nicht. Die ersten Tips zu diesem Gebiet möchten wir dennoch weitergeben.

Beim ersten Schritt geht es darum, die Sprache in möglichst wenige Bits umzuwandeln. In den letzten Jahren sind im Bereich der digitalisierten Klang- und Bildgestaltung (Multimedia) große Fortschritte erzielt worden. Es sind allerlei Sound-Karten (Audiokarten) auf den Markt gebracht worden, die Bits in Klang umsetzen. Diese Karten können in den PC eingebaut werden, die erforderliche Software wird meistens zur Karte mitgeliefert. Ein bekanntes Beispiel einer solchen Sound-Karte ist der Sound Blaster. Die modernen Karten wenden ziemlich effektive Kompressionstechniken an. Solche Karten sind ab ein paar Hundert Mark erhältlich. Beim Kauf ist auf jeden Fall darauf zu achten, daß die Kompression mit Hilfe der Hardware erfolgt. Im Handel sind Karten erhältlich, bei denen in den Betriebsangaben steht, daß Komprimierung möglich ist, diese geht dann zuweilen mit Hilfe der Software vonstatten, wodurch das Verfahren zu langsam wird.

Es gibt verschiedene Techniken, mit denen Sprache in Bits umgewandelt werden kann, und zwar die Pulse-Code-Modulation (PCM), Delta-Modulation (DM) oder Delta-Sigma-Modulation, die Technik des Subband Coders/Vocoders (z.B. Mpeg Audio Coder) und die Lineais-Predictive-Kodierung (z.B. LPC-Celp). Die beiden letztgenannten Techniken erzeugen zwar im Endeffekt die geringste Anzahl Bits pro gesprochener Sekunde, LPC müßte sogar 740 bit/sek schaffen, die Techniken werden jedoch leider noch nicht standardmäßig in den gängigen Audiokarten installiert und sind also dementsprechend teuer. Leser mit elektrotechnischen Fähigkeiten können in Fachzeitschriften Schaltpläne finden und sich möglicherweise im Eigenbau etwas zusammenlöten.

Der (billigere) Chip, der häufig standardmäßig in Audiokarten eingebaut ist und für die Kromprimierung sorgt, heißt DSP. Die Kompressionsmethoden, die diesen Chip unterstützen, heißen AD-PCM, mu-Law und A-Law. Karten, die die Komprimierung mit dem DSP-Chip unterstützen, sind beispielsweise der Sound Blaster 16 MultiCD (ca. 500 DM) und das Microsoft Sound System 2.0 (ca 460 DM).

Sind die Sprachsignale in möglichst wenig Bits umgesetzt worden, dann müssen jene Bits wiederum verschlüsselt werden. Bei digitaler Sprachverschlüsselung können im Prinzip dieselben Verschlüsselungsrezepte angewandt werden, die wir bereits beschrieben haben. Nun ist jedoch die Geschwindigkeit des Algorithmus' von größerer Wichtigkeit, die selbstverständlich teilweise auch wieder von der Leistung des verwendeten Computers abhängt.

Zu Experimentzwecken eignet sich die IDEA-Blockverschlüsselung am ehesten. Diese ist durchschnittlich doppelt so schnell wie DES und scheint sicher(er) zu sein. Die Software-Ausführung ist in ursprünglicher Kodierungsform frei erhältlich, müßte jedoch grundlegend angepaßt werden, da der 128-Bit-Schlüssel, den IDEA benutzt, auf der Grundlage (eines Teils) der Nachricht angefertigt wird. Das ist zur »real time«-Sprachverschlüsselung natürlich kein guter Ausgangspunkt.

Weil die Verschlüsselung auch viel Speicherplatz erfordert, ist es empfehlenswert, mindestens einen 386iger DX mit 4Mb Arbeitsspeicher zu verwenden.

Zum Senden der verschlüsselten Sprache ist ein Modem erforderlich. Die modernsten, nun allerdings noch sehr kostspieligen Modems, erreichen bereits Übertragungsgeschwindigkeiten von etwa 24000 bps (wirkliche Geschwindigkeit). Ein Modem mit einer Geschwindigkeit von 14000 bps und einem integrierten Fehlerkorrekturmechanismus ist jedoch bereits für 300 DM erhältlich. Solch ein Modem eignet sich im Prinzip für »real time«-Übertragungen, vorausgesetzt, daß die Digitalisierung nicht zuviele Bits ergeben hat. Die Verschlüsselung dieser Bits beansprucht nun die meiste Zeit.

Wenn du dir selbst ein System basteln willst, erhältst du mit den gegenwärtigen technischen Mitteln wahrscheinlich ein etwas unpraktisches System, das lediglich von einem festen Ort aus benutzt werden kann. Ein an das Autotelefon angeschlossenes Modem kann nicht mit allzu hohen Geschwindigkeiten arbeiten, und die zur Verfügung stehenden Audiokarten für Laptop-Computer sind, weil es sich meistens um externe Geräte handelt, nicht schnell genug.11.5



Voherige Seite Computernetze und elektronische Post Kameras Nächste Seite

Inhaltsverzeichnis Inhalt Der kleine Abhörratgeber Aufwärts

Kontakt: nadir@mail.nadir.org