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Sat Mar 2 04:07:43 1996
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Heiter bis Wolkig Diskussion
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[HbW:} Yok
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Subject: [HbW:} Yok
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From: ifghh@krabat.nadir.org (Infogruppe Hamburg)
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Date: 02 Nov 1995 20:40:00 +0000
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Organization: feindliche technologische zone hamburg
## Nachricht am 16.11.95 archiviert
## Ursprung : /cl/antifa/diskussion
-----BEGIN PGP SIGNED MESSAGE-----
Infogruppe Hamburg
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* d o k u m e n t a t i o n *
Stellungnahme von Yok Quetschenpaua zu "Heiter bis Wolkig" und der damit
zusammenhaengenden Debatte ueber Sexismus und politisch/kulturelle
Verantwortung. (Richtet sich NICHT gegen das Gruppenmitglied Wolli, der ganz
offensichtlich ner andere Position vertritt als der Rest der Gruppe und diese
Position auch oeffentlich gemacht hat).
MOTIVATION: Ich kenne die Leute von Heiter bis Wolkig seit ca. 4-5 Jahren, zum
Teil persoenlich, aber eigentlich nicht besonders gut. In dieser Zeit kam es
hin und wieder zu Begegnungen, Gespraechen und auch schriftlichen
Auseinandersetzungen und Kritiken bezueglich der Kultur, die wir so machen. Das
Ganze passierte auf einer Ebene von gegenseitiger Sympathie und Akzeptanz (bei
aller auch vehementer Kritik), das hat sich nun von meiner Seite aus
veraendert, nicht etwa, weil diese Gruppe fette Fehler gemacht hat und sich zum
Teil superscheisse (nicht)verhalten hat, sondern weil sie offensichtlich immer
noch der Meinung sind, das ihr aktuelles Verhalten, ihr Programm und alles was
da so dranhaengt, im Grossen und Ganzen, auch nach allem was passiert ist, voll
korrekt ist. Vorlaeufiger Endpunkt meiner Auseinandersetzung mit HbW war ein
persoenliches Gespraech am 27.4.94 vor ihrem Auftritt in der Hamburger
Markthalle. Aus diesem Gespraech bin ich wuetend und enttaeuscht rausgegagen.
Dieses Papier soll keine persoenliche Abrechnung sein, sondern eine weitere
Offenlegung dieser Auseinandersetzung aus einem wieder anderen Blickwinkel,
denn ich weiss, dass das Konzertpublikum von HbW und mir z.T. identisch ist und
lege Wert darauf, dass moeglichst viele Leute schnallen, was da eigentlich
schraeg laeuft. Dass ich keinen Bock mehr auf gemeinsame Auftritte mit HbW
habe, versteht sich nach diesem Papier hoffentlich von selbst.
GRUNDSAETZLICHE KRITIK: Was mir an HbW nie gepasst hat ist, dass sie eine
Radikalitaet von der Buehne senden, von der sie erstens oft keine Ahnung haben,
weil sie naemlich kaum oder gar nicht in entsprechenden Strukturen drin stecken
und zweitens die Sachen wenig auf Aussage und Wirkung hin ueberpruefen. Klar,
und wenn das so ist, ist es ueberhaupt nicht verwunderlich, wenn eigentlich
fast nix so richtig Tiefgang hat, bzw als platt empfunden wird. Der Trick ist
dann aber immer gewesen, dass es alles immer ziemlich fetzig praesentiert wird
(Musik, Outfit, Tempo, Choreographie), ein paar flache Pointen beigemengt und
den Rest besorgt in der Regel die Pyro- oder Lightshow. Daraus ist im Laufe der
Zeit so ne Art Konzept geworden, linkes Entertainment, was faelschlicherweise
nach "autonom" oder "linxradikal" aussieht, und (und das laesst sich garnicht
bestreiten) genau in dieser Szene auch ziemlich gut ankommt (yedenfalls war das
in der Anfangszeit mal so). Logo, und dann ist es ja auch nur konsequent, wenn
sich das Programm tatsaechlich da abspielt, wo solche Leute auch gerne
hingehen: autonome Zentren, entsprechende Open-Airs, besetzte Haeuser usw...
Nun waechst aber, meiner Meinung nach, mit steigendem Bekanntkeitsgrad auch die
Verantwortung einer solchen Gruppe und damit sind wir wieder bei Aussage und
Wirkung. Ploetzlich kommen naemlich noch ganz andere Leute zu den Konzerten als
"gestandene Autonome" oder "ueberzeugte Linkxradikale". Kurzes Beispiel (will
mich jetzt auch nicht zu sehr verzetteln) Zehn kleine Nazischweine: Dieses
Stueck gabs schon einmal von HbW als Zehn kleine Bullenschweine zu einer Zeit
als die Schuesse an der Startbahn grosse Diskussionen ausloesten und hatte
damals schon den Anschein von "das ist autonome Politik", schon damals habe
ich darueber gekotzt. Heute, in einer Zeit, wo militante Auseinandersetzungen
mit Nazis und Faschisten bitterer Ernst und oft Alltag sind (und das ist
uebrigens ueberhaupt nicht lustig!!!), wird dann also propagiert, diese zu
toeten ...ohne Zusatzkommentar ... ohne wenn und aber .. Hauptsache is
lustig ... ey, geht doch kacken mit der Verbreitung von solchen "politischen
Inhalten", wenn ihr das ganze Drumherum nicht thematisieren wollt, dann lasst
die Finger davon oder ist es Euch wirklich entgangen, dass Leute im Knast
sizten, weil ihnen Mord und Mordversuch an Faschisten vorgeworfen wird. Niemand
erwartet von Euch, dass ihr zum ernsthaften Kabarett avanciert, aber es gibt
Themen, die erfordern einen sehr genauen Umgang und keine scheinbaren
AgitProp-Lieder, die nur verschleiern, dass alles garnicht so klar und einfach
ist, wie ihr es darstellt. Meines Erachtens unterschaetzt Ihr staendig die
Wirkung von dem, was Ihr da verbratet.
KONKRETE KRITIK WEGEN SEXISMUS
Bevor ich Euer Papier auseinandernehme (HbW, April 1994, SIE ANTEN, WIR
FRAGWORTEN), muss ich mal sagen, dass ich ueberhaupt nicht begreifen kann, was
Euch unklar daran ist, dass Ihr Euch in der ganzen Situation in der Flora
scheisse verhalten habt. Grosses grosses Kopfschuetteln. Was da aus dem
Publikum an dem besagten Tag an frauenfeindlichen Spruechen gekommen ist,
laesst sich eigentlich kaum noch ueberbieten. In Eurem Papier ist das
bezeichnenderweise nicht einmal Wert, erwaehnt zu werden.
Da ist dann zuerst die Rede von Eurer politischen Vergangenheit, die Euch
ueberhaupt niemand absprechen will, darum gehts nicht! Ein "merkwuerdiges Bild"
sei von Euch entstanden auf Grund "dieses unsaeglichen Sexismusvorwurfes" und
anstatt Stellung zu beziehen, bietet Ihr den Verkauf Eures Videos an... das
faellt Euch wahrscheinlich auch nicht auf, dass das voll komisch kommt.
Auf die gesamte Kritik reagiert ihr ausschliesslich mit "das ham wir alles
garnicht so gemeint, wie die Leute das verstanden haben und deshalb ist das gar
nicht unser Problem und deshalb koennen wir ya auch gar keine Fehler haben"
(war yetzt kein Zitat sondern ne freie Uebersetzung). Auf direktes Nachfragen
am 27.4.94 kommen dann richtig die dicken Klopper, von wegen, dass das fuer
Euch (speziell fuer einen von Euch) sowieso alles garnicht relevant ist oder
ihr haettet sowieso keinen Einfluss darauf, was die Leute bei Euren Konzerten
machen bzw rufen. Auf meine Nachfrage, wie Ihr denn z.B. auf ein "Sieg Heil"
aus dem Publikum reagieren wuerdet, heisst es, dass da ne Grenze ist. Okay,
dass ist dann ya deutlich: Sieg-Heil is Grenze, aber Scheiss-Emanzen ist
erlaubt bei HbW. Oder wie sonst ist das zu verstehen, dass Ihr Euch nicht mit
einem Wort in eurem einzigen Papier gegen diese Arschloecher, die das gerufen
haben, richtet ??
Wie koennt Ihr Euch darauf zurueckziehen, dass ihr das nicht zu verantworten
habt?? Wie koennt Ihr Euch darauf zurueckziehen, dass die besagte Szene keine
Vergewaltigungsszene ist, obwohl sie ya offensichtlich von vielen so verstanden
wurde??? Habt ihr ueberhaupt schon mal darueber nachgedacht, dass Frauen euer
Programm na klar anders reinkriegen als Maenner... dass ihr mit Euren
Darstellungen auch verletzend sein koenntet... dass nicht nur Euer Typenhirn
der Massstab sein kann, was ihr wie meint und darstellt, sondern auch die
Reaktionen und Empfindungen eines "gemischten Publikums"?? Dass ihr
offensichtlich Arschloecher in ihrem Verhalten bestaerkt habt, anstatt zu
signalisieren, dass die sich verpissen sollen? Wo sind wir hier eigentlich ?
Seit wann ist sowas nicht mehr relevant, Marco? Wenn ihr als linke Maenner mit
euren z.T. dubiosen und undurchdachten platten "Sketchen" zum Thema Sexismus
vor allem bei Leuten auflauft, die sich damit schon beschaeftigt haben, bzw
wenns vor allem Frauen stoert, was Ihr da zum Thema bringt, weil sie diese
Scheisse naemlich yeden Tag mehr oder weniger abkriegen, dann muss das fuer
Euch meinetwegen auch nicht relevant sein, richtig, aber das hat dann auch
endgueltig Konsequenzen und darueber braucht Ihr Euch ueberhaupt nicht so zu
empoeren, wie ihr es in Eurem Papier tut, denn dann ist das "merkwuerdige
Bild", was von Euch enstanden ist, ein richtiges Bild und ihr braucht auch nix
mehr gerade zu ruecken !
Ihr schreibt auch noch, dass Ihr als Linke von der Szene angegriffen werdet in
einem Stil, der sonst den Schweinen und dem Staat gegenueber angewandt wird.
Was soll das nun wieder ? Habt ihr was in die Fresse gekriegt ? Nee!! Ist Euer
Auto abgefackelt worden? Nee!! Klar, die Leute ham ueber Euch geredet, zum Teil
auch mit Euch, aber was erwartet Ihr denn? Im Laufe der Yahre ist auch immer
wieder diese oder yene Kritik bezueglich Eurer Programme an Euch persoenlich
ragetragen worden, von Leuten, die Euch mochten, dass wisst Ihr und dass weiss
ich, aber ind er Regel ist so ne Krtik versandet oder nicht ernst genommen
worden, was weiss ich. Versuche gabs yedenfalls. Yetzt macht Ihr Euch da zum
Opfer, als haettet Ihr mit dem ganzen Hassel nichts zu tun. Und die TaeterInnen
sind dann auch noch die "Hueter autonomer Wahrheit", wie Ihr sie so schoen
nennt. Was soll das sagen? Sollen wir alle so'n bisschen toleranter werden?
Sollen wir usn das, was wir empfinden, mal eben wegluegen, damit sich die
Stumpfmacher ind Idioten in Eurem Programm wieder wohler fuehlen?? Scheisse!
Ich bin stinksauer und das kommt hoffentlich auch reichlich rueber, soll auch
rueberkommen. Nach alledem, was Ihr gesagt und geschrieben habt, solltet Ihr
jetzt auch endlich die Konsequenzen ziehen und der Szene, der Ihr Euch
zugehoerig gefuehlt habt, "Tschuess" sagen, denn dazugehoeren heisst immer
auch, Auseinandersetzungen INNERHALB einer solchen Szene zu fuehren und fuehren
zu wollen. Ihr steht immer noch auf Eurem Sockel, redet von Freiheit der Kunst
und viele gucken Euch mittlerweile an und denken laut, dass Ihr da was nicht
begriffen habt.
Ich denke, das war's!
YOK 4.5.94
- ---
(z)
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Brigittenstrasse 5
20357 Hamburg
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