Bericht

FASCHISTEN BEKÄMPFEN 2 !

2000 Menschen protestieren gegen Naziaufmarsch....

Block autonomer Antifas am 6.11.99 ... im Vorfeld...

Am 28. Januar wurde die Nachricht bekannt, daß angeblich Neonazis auf dem Schützenplatz [Aufmarschpunkt der Faschisten] eine scharfe Waffe vergraben haben sollen. Die Polizei fand an der angebenen Stelle neben einem Revolver auch 4 Schuß scharfe Munition.
Die Information zu diesem Fund kam angeblich von einem Neonazi, dem die Absicht Antifaschistinnen und Antifaschisten mit Schußwaffen anzugreifen und auch zu töten zu weit ging. Dieser schickte dann (nach Polizeiinformationen) anonym einen zusammengeschnipselten Brief an Polizei und eine weitere Stelle. Er gab an, daß sich noch weitere "Kameraden" mit scharfen Waffen auf den Weg nach Göttingen machen würden.
Als diese Nachricht bekannt wurde, befand sich die NPD gerade in der Revisionsinstanz gegen das Verbot.


... der 29. Januar...

Am 29. Januar fand in Göttingen kein Naziaufmarsch statt, stattdessen demonstrierten 2000 Antifaschisten und Antifaschistinnen gegen braunen Terror und den rechten Vormarsch in Gesellschaft und Staat.
An allen Sternmarschpunkten versammelten sich mehrere hundert Personen. Am Antifa Sammelpunkt waren mehrere hundert Antifas zugegen, die sich zu einer vermummten Demonstration formierten und mit dem StudentInnen vom Sternmarschpunkt am Campus gemeinsam über den Ring zogen.
Die Demonstration wurde dabei von permanenten Provokationen der Polizei begleitet, so daß sich ab dem Groner Tor eine Demo von gut 1500 Menschen formierte und zur neuen Polizeiwache in der Jheringstraße zog.
Die Polizei stoppte den Zug 50 Meter vor der Wache mit massiven Kräften.
Die StudentInnen verlasen an dieser Stelle einen Redebeitrag über die Bespitzelungen des Campus durch Polizeikräfte und kündigten weitere Widerstandsaktionen an.
Die Demonstration zog daraufhin lautstark in die Innenstadt zum Marktplatz, wo die Abschlußkundgebung stattfand.
Neben dem DGBler Wertmüller und Bahman Ayegh [Ausländerbeirat] redeten dort noch als Hauptredner Michael Friedmann [Vizepräsident des Zentralrates der Juden], Peter Gingold [VVN / BDA] sowie eine vermummte Vertreterin der Autonomen Antifa [M] stellvertretend für die linksradikalen Kräfte.
In der öffentlichen Berichterstattung spielten autonome antifaschistische Kräfte im Gegensatz zum 6. November eine weitaus größere Rolle, selbst in den überregionalen Zeitungen sowie in Radio und Fernsehen konnte der autonome antifaschistische Widerstand nicht verschwiegen werden...


...die Auswertung der Aktion folgt in Kürze...


      Dank an alle, die da waren !



[ Auswertung 6.11. / Presseerklärung / Bilder ]


 

 Redebeitrag
Rede der Autonomen Antifa [M] auf der Abschlusskundgebung der Bündnisdemonstration gegen den Naziaufmarsch am 29. Januar 2000 in Göttingen

Hallo Antifaschistinnen und Antifaschisten, ich begrüße Euch im Namen der Autonomen Antifa (M).

Auch wir sind erfreut, dass wieder einmal kein Naziaufmarsch in Göttingen stattfinden konnte, dass wieder so viele Menschen verschiedener politischer Spektren auf die Strasse gegangen sind, um ihre Ablehnung faschistischer Ideologien kundzutun. Das sollte allerdings kein Grund sein, sich auf die Schulter zu klopfen und beruhigt zurückzulehnen, weil das eigene Stück Heimatboden erfolgreich verteidigt wurde. Faschistische Aufmärsche sind in der BRD mittlerweile zu einer traurigen Normalität geworden, die nicht dadurch eingedämmt wird, indem man fernab des Geschehens seinen Protest ausdrückt oder auf staatliche Verbote hofft.
Autonome beim Verlesen des RedebeitragesEs gibt gute Gründe, diesen Redebeitrag heute maskiert zu halten. Einer davon sind natürlich die Aktivitäten der Anti-Antifa, also der Faschisten. Daß die Gefahr faschistischer Übergriffe auf linke AktivistInnen nicht zu unterschätzen ist, hat zuletzt die Warnung vor Briefbombenattentaten gegen antifaschistisch tätige Menschen in Göttingen gezeigt. Auf der anderen Seite zeigt auch die Polizei einen starken Willen zur Verfolgung und Kriminalisierung linken antifaschistischen Widerstands. Dies äußerte sich vor kurzem in der Observation des Unicampus durch die politische Polizei, die angeblich dazu dienen sollte, nächtliche Plakatierer dingfest zu machen. Tatsächlich ging es bei dieser Aktion um nichts anderes als die Einschüchterung und Verfolgung linker AktivistInnen. Die richtige Antwort auf derartige Repressionsversuche sind breite Bündnisse und Demonstrationen wie die heutige. Wir lassen uns in unserem politischen Kampf nicht aufhalten - heute nicht und zu keinem anderen Zeitpunkt.

Vielerorts haben in den letzten Jahren Naziaufmärsche stattgefunden, teilweise mit mehreren tausend Teilnehmenden. Auch dort kam es zu mehr oder weniger grossen Gegenmobilisierungen, manchmal positionierten sich ebensoviele Gruppen wie hier in Göttingen gegen den Aufmarsch. Eine politische Bewegung trat in jedem Fall an, um sich den Nazis entgegenzustellen, um die Aufmärsche der selbsternannten Herrenmenschen anzugreifen und zu verhindern: Autonome Antifaschistinnen und Antifaschisten. Und auch heute, wie schon am 6. November letzten Jahres stellen sie den grössten Teil der Anwesenden. Autonome Antifas sind es, die das ganze Jahr über faschistische Strukturen aufdecken und angreifen, und die auch Naziaufmärschen keinen Milimeter Boden überlassen werden.
Kein Naziaufmarsch ohne Antifa-Gegenmobilisierung!

Doch zur direkten Konfrontation mit den Nazis kommt es bei den Aufmärschen nur selten. Seit jeher ist eine weitere extreme rechte Gruppierung an diesen Tagen auf der Straße. In der Regel gut ausgerüstet und mit grosser Anzahl vor Ort, beansprucht sie für sich, Recht und Gesetz auf der Strasse durchzusetzen; ich spreche von den Einheiten der Länderpolizeien und des Bundesgrenzschutzes (BGS) – dem Polizeiapparat. Kaum ein Ereignis hat in den letzten Jahren für so grosse Polizeieinsätze gesorgt, wie die jeweiligen angekündigten Naziaufmärsche. In der Regel folgten darauf zwei Szenarien: Entweder wurden Totalverbote über die jeweilige Stadt verhängt, meist mit dem öffentlichen Verweis auf die antifaschistische Gegenmobilisierung und einer dadurch entstehenden Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Erlaubt wurden dann nur Demonstrationen, die von vorneherein nicht auf eine Verhinderung der Naziaufmärsche abzielten. So auch die Bündnisdemonstration am 6.11. in Göttingen, als die Antifademonstration ebenfalls von der Stadt verboten wurde. Riesige Polizeiaufgebote setzten diese Verbotsverfügungen durch. Im anderen Falle, wenn die Aufmärsche genehmigt wurden, sorgte ein martialisches Polizeiaufgebot dafür, dass diese stattfinden konnten. AntifaschistInnen, die dagegen mobilisierten, wurden eingekesselt, verprügelt, in Gewahrsam genommen und in der öffentlichen Berichterstattung als Chaoten diffamiert. Dem Naziaufmarsch hingegen wurde der Weg freigeprügelt. Beiden Varianten ist eines gemeinsam: Die riesigen Polizeistaatsaufmärsche und die Diffamierung des antifaschistischen Widerstandes. Beides sind Ausdrücke eines voranschreitenden rechten Vormarsches. Die traurige Realität heißt heute:
Kein Naziaufmarsch ohne Polizeistaatsaufmarsch!

War es vor einigen Jahren noch ein Anliegen breiter gesellschaftlicher Kreise, sich faschistischen Ideologien notfalls auch auf der Strasse in den Weg zu stellen, gelingt es heute Staat und Medien ohne grossen Widerspruch, Antifaschistinnen und Antifaschisten, die zur Verhinderung aufrufen, im Sinne der Totalitarismustheorie mit faschistischen Gruppen gleichzustellen. Beide werden als Extreme bezeichnet, die die Gesellschaft bzw. den Fortbestand der Demokratie gefährden würden. Einer Demokratie, deren Ziel nichts anderes ist als die Gewährleistung der kapitaIistischen Konkurrenzverhältnisse. Indem linke Ideen als verbrecherisch abgestempelt werden, soll die Vorstellung einer radikalen Systemalternative für immer aus den Köpfen verschwinden. Der Aufschwung, den die faschistische Bewegung erfährt, findet nicht isoliert von Staat und Gesellschaft statt. Linke Ideen und Prinzipien, sofern sie überhaupt Geltung hatten, werden zurückgedrängt und weichen autoritären Lösungsmustern und der kapitalistischen “jeder gegen jeden”-Ideologie. Diese Rechtsentwicklung können sich die Faschisten zunutze machen, indem sie ohnehin bestehende politische Forderungen ins Extreme kehren. Hieraus erklärt sich auch das zeitweise rigorose Vorgehen staatlicher Behörden gegen die Nazibewegung. Wer sich nur deutlich genug gegen rechts und links abgrenzt, kann sich selbst in der Mitte verorten. Das bedeutet:
Kein Rechtsextremismus ohne rechten Vormarsch!

Der Grund für das staatliche Vorgehen gegen die autonome Antifabewegung hingegen liegt auf der Hand: Revolutionäre Antifapolitik bleibt eben nicht bei isoliertem Anti-Nazi-Protest stehen. Faschisten müssen bekämpft werden – mit allen Mitteln. Aber ebenso bekämpfenswert ist ein Staat, der seine weltpolitischen Interessen mittlerweile wieder durch aktive Kriegsführung durchsetzt; ein Staat, der Folter, Hunger und Tod weltweit mitveranwortet und gleichzeitig durch seine rassistische Flüchtlingspolitik ein Grossteil der hier Zufluchtsuchenden in den Tod zurückschickt; ein Staat, der durch zunehmenden Sozialabbau immer mehr Menschen verarmen lässt und gleichzeitig seinen autoritären Polizeiapparat immer weiter ausbaut. Der Widerstand gegen faschistische Gruppen geht also einher mit Widerstand gegen die kapitalistischen Verhältnisse, die Faschismus erst hervorbringen, mit der Erkämpfung linker Positionen auf allen Ebenen, mit der Aufrechterhaltung der Idee einer linksradikalen Alternative zu den bestehenden Verhältnissen. Kein Widerstand gegen faschistischen Terror ohne Widerstand gegen die kapitalistischen Verhältnisse! Wir können uns also nicht auf die Schulter klopfen und beruhigt zurücklehnen. Auch hier wurde durch Stadt Göttingen ein Totalverbot verhängt, auch hier wurden Nazis und autonome Antifaschistinnen und Antifaschisten gleichgesetzt, auch hier wurde versucht, antifaschistischen Widerstand zu entpolitisieren und als Randale abzutun. Auch hier sollten Tausende von Polizisten für Ruhe in der Stadt sorgen. Und auch hier wird ab morgen wieder der alltägliche, kapitalistische Normalzustand einkehren. Wir fordern Euch also auf, es nicht bei dieser Aktion stehenzulassen.

Organisiert Euch in revolutionären Antifagruppen!
Leistet Widerstand!

Faschisten bekämpfen – zusammen. auf allen ebenen. mit allen mitteln.
Kampf dem Faschismus heisst Kampf dem kapitalistischen System!
Für den Sozialismus!







Autonome Antifa [M], Januar 2000

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