15.4.2000 - Gegen den 3. Aufmarschversuch der Faschisten !

Naziaufmärsche...Neue Mitte...Nationalen Konsens
KIPPEN!

1200 Menschen demonstrierten gegen den geplanten Naziaufmarsch
Autonome Antifas stellten großen Teil der Demo

Blockaden / Kundgebungen
anschließend Demonstration gegen den Naziaufmarsch
Samstag -15. April 2000 - ab 9 Uhr
Platz der Synagoge

außerdem :
Posthof / Bahnhofsvorplatz


[ Presseerklärungen / Stadtpläne / Rede der AA[M] ]

Hier immer das _tn -BIld (breite 140)


Aufruf



Für den 15. April 2000 hat die faschistische NPD nun zum dritten Mal einen Naziaufmarsch in Göttingen angemeldet. Die vorhergehenden Versuche am 6. November ’99 und am 29. Januar 2000 waren für die Faschisten ihren eigenen Worten zufolge "Zwei Messer im Rücken, mit denen sie noch lange nicht nach Hause gehen"...

kriegsminister: rudolf scharping   extremist der mitte : joseph fischereine ideologische front:  die polizei und haider

Beide NPD-Anmeldungen wurden vom Oberverwaltungsgericht verboten, und statt eines Naziaufmarsches fanden antifaschistische Demonstrationen mit mehreren tausend TeilnehmerInnen statt. Trotzdem darf nicht davon ausgegangen werden, dass juristische Fehlleistungen der NPD-Anmelder und ein Anti-Nazi-Klima auch beim dritten Versuch automatisch zu einem Verbot des angekündigten Naziaufmarsches führen. Erklärtes Ziel der Faschisten ist es, die "linke Hochburg" Göttingen zu Fall zu bringen. Nach zwei Misserfolgen setzt die NPD deshalb auf eine "gerichtsfeste" Anmeldung, im Vertrauen darauf, dass der Polizeistaat einen genehmigten Aufmarsch auch gegen den antifaschistischen Widerstand durchsetzen wird. Diese Zielrichtung der Faschisten wird auch am scheinbar "unverfänglichen" Motto deutlich. Während sie bei den beiden vorangegangenen Anmeldungen die Konfrontation mit den "Linksextremisten" in den Vordergrund stellten, wollen sie nun gemäß den Zeichen der Zeit "Gegen die EU-Diktatur" und "Für die Selbstbestimmung Österreichs" demonstrieren.


 

"Antifaschistische" Gebärden der "Neuen Mitte"

"Zeitgemäß" sind die Parolen der Nazis, weil die Position zur Regierungsbeteiligung der ultrarechten FPÖ in Österreich nun die Gretchenfrage für die Vertreter der "Neuen Mitte" ist. Nachdem SPD und Grüne eben diese Mitte für sich in Anspruch genommen haben, wird auch für sie die Abgrenzung nach rechts zur Notwendigkeit, um die eigene rassistische Politik zu relativieren. Der konservativen Regierung diente zu diesem Zweck noch der liebevoll herangezogene Nazimob auf der Straße. Erst rot-grün hatte die Gelegenheit, den "hässlichen Deutschen" ins Ausland zu verlegen. Österreich mit seiner FPÖ und Jörg Haider als Führer-Ersatz boten sich als Projektiosfläche an. Dabei sind es nicht die Inhalte der FPÖ-Politik, von denen sich die deutschen Demokraten abgrenzen. Damit hätten sie auch einige Schwierigkeiten, stehen Schröder, Scharping und Fischer doch mittlerweile selber für rassistische Asylpolitik, den unbegrenzten Ausbau des Polizei- und Überwachungsapparats, den Abbau sozialer Rechte und die Militarisierung deutscher Außenpolitik. Die FPÖ wird sich gehörig anstrengen müssen, um der deutschen Regierung auf diesem Gebiet das Wasser reichen zu können.


 

FPÖ zwischen den Extremen

Es ist vor allen Dingen der Bezug Haiders auf den Nazifaschismus verbunden mit einem scheinbar modernen Image, der ihn von den Politikern der "Neuen Mitte" unterscheidet. Schröder und Konsorten können die FPÖ nicht inhaltlich angreifen, ohne dabei ihr eigenes neurechtes Gesicht zu offenbaren. Bleibt ihnen nur, die Liebäugeleien der FPÖ mit dem Faschismus in den Vordergrund zu stellen, die dann vom Medienmenschen Haider einfach abgestritten werden. Haider und die FPÖ stehen zwischen den Faschisten und den Extremisten der Mitte, die deutsche Regierungspolitik machen.


abgegriffen.. abgefertigt... abgeschoben...

Wegen der realen politischen Nähe zur FPÖ wird die "neue Mitte" der BRD ihre Abgrenzungsallüren sicher bald vergessen. Spätestens wenn sich zeigt, dass "ganz normale" Regierungspolitik auch unter den ideologischen Vorzeichen der FPÖ funktioniert. "Ganz normal" bedeutet nämlich in der BRD wie in Österreich ohnehin staatlichen Rassismus und gesellschaftliche Umstrukturierung nach rechten Modellen.


Alte Rebellen jetzt "Neue Mitte"

Faschisten marschieren im Schatten des rechten Vormarsches als sein extremer Ausdruck. Ihre Solidaritätsbekundungen mit der österreichischen Regierungskoalition weisen einmal mehr darauf hin, dass ihre Forderungen längst Eingang in die Programme der Regierungsparteien gefunden haben, die in Deutschland und Österreich so verschieden nicht sind. Die rot-grüne Mitte spielt dabei eine ganz eigene Rolle.

nach 30 jahren marsch durch die institutionen in der mitte der macht: gerhard schröder nach 30 jahren marsch durch die institutionen in der mitte der macht: gerhard schröder nach 30 jahren marsch durch die institutionen in der mitte der macht: gerhard schröder

Die Ex-68er-Regierung ist die erste der BRD, die einen "selbstbewussten" Umgang mit der deutschen Geschichte pflegen kann, haben ihre Politiker doch scheinbar den Bruch mit der faschistischen Vergangenheit schon längst vollzogen. "Selbstbewusst" heisst hier zum einen, dass die Unmöglichkeit eines Abschlusses der "deutschen" Geschichte jetzt endgültig zur Staatsdoktrin erhoben ist. Zum anderen bedeutet es den Versuch von rot-grün, den Begriff "Antifaschismus" ideologisch neu zu prägen. Da der Staat nun definitionsgemäß "antifaschistisch" ist, kann er sich seinen eigenen Faschismus herdefinieren. Dieser kann nur der Abgrenzung nach rechts dienen wie es mit Österreich und der FPÖ momentan geschieht oder auch der Rechtfertigung eines Angriffskrieges gegen die Bundesrepublik Jugoslawien dienen, wie es im letzten Jahr der Fall war. Solch gnadenlose Verdrehung politischer Begrifflichkeiten wären einer konservativen Regierung kaum abgenommen worden. Den ehemaligen Friedensrebellen fällt es jedoch nicht schwer, ihre Bomben als "antifaschistisch" zu verkaufen. Der deutsche Nationalismus der Konservativen und Faschisten wird von rot-grün so effektiv durchgesetzt, wie seine offenen Verfechter es sich nur wünschen können.



Ideologischer Bastelbogen: Links-Mitte-Rechts

Der rot-grünen Abwicklung der faschistischen deutschen Vergangenheit steht die Abwicklung der DDR gegenüber. Von ihr grenzt sich die seit dem Mauerfall vollschlanke BRD im gleichen Zug ab und stellt sie als ein dem Faschismus noch kein messer im rücken: nazi auf der flucht vor autonomen antifaschist/innenvergleichbares totalitäres System dar. Die beiderseitige Abgrenzung lässt den jetzigen Staat als "goldene Mitte" erscheinen, der mit den rechten und linken "Extremen" nichts zu tun hat. Deren Ideologien werden als "totalitär" gleichgesetzt. Im Gegensatz zu dieser "Totalitarismusthese" steht der revolutionäre Antifaschismus, der die Wurzeln des Faschismus im kapitalistischen System sieht. Der Staat, dem eben dieses System zugrundeliegt, versucht deshalb, solchen Antifaschismus zu entpolitisieren, ihn als "einfach nur das andere Extrem" hinzustellen. Dieses staatliche Vorgehen ist auch im liberalen Göttingen zu spüren. So gingen mit den Verboten der beiden Naziaufmärsche auch immer Verbote möglicher Gegendemonstrationen autonomer AntifaschistInnen einher. Genehmigt wurden in beiden Fällen nur die Aktionen "demokratischer Kräfte" wie des DGB. Die Rechts-Mitte-Links-Konstruktion erlaubt es der Polizei, sich als Verteidiger der Demokratie darzustellen, die die undankbare Aufgabe übernimmt, sich mit den Extremisten herumzuschlagen. Für den 15. April 2000 ist es genausogut denkbar, dass der Naziaufmarsch von den Gerichten erlaubt wird. Auch in diesem Fall werden es Stadtverwaltung und Polizei verstehen, sich als "demokratische Mitte" zu positionieren. So wird die Polizei ihre Aufgabe darin sehen, "die Extremisten zu trennen". In der Praxis bedeutet das ein Totalverbot linker Gegenaktionen und das Durchprügeln des Naziauf- marsches gegen antifaschistischen Widerstand. Beispiele für dieses Szenario gab es in den letzten Wochen genug, so am 3. März 2000 in Braunschweig und am 10. März 2000 in Berlin.



Mit Rechts gegen Rechts?

Unabhängig davon, welches dieser beiden Szenarios den Tag bestimmen wird, sind die Rahmenbedingungen für den 15. April 2000 deutlich verändert: Bislang hatten die linksradikalen Gruppen in Göttingen sich mit dem DGB und anderen bürgerlichen Gruppen und Parteien auf einem gemeinsamen Bündnistreffen koordiniert. Dieses Bündnis hatte nur ein gemeinsames Ziel und nur eine politische Übereinstimmung: Naziaufmärsche in Göttingen zu verhindern. Jedoch sind Bündnisse mit bürgerlichen Kräften für autonome AntifaschistInnen immer Grenzgänge. So schloss das Anti-Naziaufmarsch-Bündnis die Grünen und die SPD, also die Paradevertreter der "Neuen Mitte", mit ein. Im Zuge der Vorbereitungen für den 15. April 2000 wurde mit der Teilnahme des rechten AStA, der CDU und der Jungen Union am Bündnis die Grenze für eine mögliche Zusammenarbeit eindeutig überschritten.

nicht ganz leicht... zusammen dennoch möglich... die innere sicherheit wird gekippt !


Die Weigerung der restlichen Gruppen im Bündniss, sich gegen eine Teilnahme dieser rechten Gruppen zu positionieren, hatte den Austritt der Autonomen Antifa [M] und anderer linker Gruppen aus dem Bündnis zur Folge. Dass CDU und Junger Union ein Forum auf einem "Bündnistreffen gegen Rassisten" geboten wird, stellt einmal mehr die Schizophrenie des bürgerlichen Antifaschismus unter Beweis. Schließlich fielen diese vor kaum einem Jahr bei ihrer Unterschriftenkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft durch ihre maßlose rassistische Hetze auf. Ziel der rechten Gruppen bei ihrer Beteiligung am DGB-Bündnis ist es, ihre rechtsreaktionären Inhalte auch in linksliberalen Kreisen in die Diskussion zu bringen und ihrer Position so scheinbare Legitimität zu verschaffen, um sie schließlich gesellschaftlich zu etablieren. Die Eigenverortung des Bündnisses in der "demokratischen Mitte" bleibt nach rechts offen. Auch hier wird der vermeintliche Antifaschismus zur reinen Abgrenzungsgeste. Für die "Göttinger Verhältnisse" ist deutlich geworden, wo Bündnisse ihre Grenzen haben.




Für eine starke Linke!

Unabhängig davon, ob die Faschisten tatsächlich versuchen, am 15. April 2000 zu marschieren, wird es eine gemeinsame Demonstration der Göttinger Linksradikalen geben. Ziel dieser Demonstration ist zum einen, den Faschisten das metaphorische "dritte Messer" in den Rücken zu stechen. Zum anderen muss die Vermittlung einer revolutionär antifaschistischen Position im Vordergrund stehen. Die Mobilisierungsfähigkeit der Linken zu Anti-Nazi-Aktionen muß genutzt werden, um die Ideen alternativer, fortschrittlicher Gesellschaftsmodelle auch weiterhin am Leben zu erhalten. Die Gegnerschaft zum kapitalistischen System geht dabei darüber hinaus, ihn nur als die Wurzel des Faschismus anzugreifen.



Die Demonstration am 29. Januar hat gezeigt, daß es vor allem Autonome AntifaschistInnen sind, die bereit sind, sich den Faschisten auf der Straße entgegenzustellen. Die Bündnisdemonstration unter Federführung des DGB wird am 15. April 2000 am Bahnhofsvorplatz ab 11 Uhr symbolisch bekunden, dass "sich eine Stadt wehrt." Wahrnehmbar über die symbolische Ebene hinauszugehen, sollte aber unser Ziel an diesem Tag sein. Wenn die Faschisten aufmarschieren werden wir diese mit allen Mitteln bekämpfen und ihr Unterfangen behindern. Wenn die Faschisten nicht marschieren, werden wir zusammen den revolutionären Antifaschismus auf der Straße manifestieren.

Faschisten bekämpfen bedeutet, den nationalen Konsens von Faschisten, Reaktionären und neuer Mitte zu kippen !

göttingen - märz 2000
autonome antifa [m]

organisiert in

 

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