15.7.2000 - Karten & Demorouten

[turn left]
>smash right<

Dieses Mal
wollen wir Euch Karten auch zum downloaden anbieten, ansonsten -wie immer- sobald bekannt, die angemeldete Naziroute, Gegendemo etc.pp.

Kommt Zeit, kommt Rat, kommt...



Kartentypen

Folgende Karten haben wir geplant bzw. stehen schon zu Eurer Verfügung:

Gesamtkarte der Stadt Göttingen und des Umlandes zur Ansicht (600KB)
Gesamtkarte der Stadt Göttingen und des Umlandes zum Download (WinZip-packed)

Antifademoroute und Anlaufpunkte [36KB] (Achtung: Änderungen möglich!)
Antifademoroute und Anlaufstellen zum downloaden (Achtung: Änderungen möglich!)

Naziroute und Treffpunkt (sobald bekannt)
Naziroute zum downloaden (sobald bekannt)

...bestens gerüstet?

 

 

Aktuelles - Zum Naziaufmarsch und mehr

Der Stand bis zum 25.Juni 2000
Ankündigungen der Nazis zufolge ist es so, dass sie dieses Mal unbedingt durch Göttingen marschieren wollen. Sie sind dafür bereit in den abgelegensten Ecken der Stadt auszuweichen und nehmen dazu sogar weitere Auflagen in Kauf wie das Verbot von Trommeln und Fahnen u.ä. Auch bei der Auswahl von Ordnern, Anmelder etc. will die NPD diesmal darauf achten keine vorbestraften Personen aufzustellen. Dafür nehmen sie selbst die Distanzierung von der örtlichen Göttinger NPD billigend in Kauf.

Die Naziroute liegt uns bislang noch nicht vor, die Stadt hat jedoch angekündigt, den Naziaufmarsch recht bald verbieten zu wollen, damit die Nazis Zeit haben die gesamte Instanzenleiter durchlaufen können, damit ein Präzendenzfall geschaffen wird und das juristische Tauziehen ein Ende hat.

Nach uns vorliegenden Informationen hat die Stadt bereits den Aufmarsch verboten, dies jedoch bislang nicht öffentlich gemacht. Damit ist also in den folgenden Tagen zu rechnen.

Der Stand - 5. Juli 2000
Die Nazidemo ist erstmal wie erwartet von der Stadt gestern offiziell verboten worden. Die Nazis haben angekündigt jetzt vor das Verwaltungsgericht zu ziehen und haben bereits Widerspruch gegen das Verbot eingelegt.
Alles wie gehabt könnte man jetzt denken, aber es gibt einige wesentliche Unterschiede zum letzten Mal.
Die Demoroute der Nazis unterliegt einer faktischen Geheimhaltung durch Stadt und Polizei, es ist auch in nächster Zeit daher nicht damit zu rechnen, dass die Route bekannt wird. Klar ist nur soviel, dass die Naziroute durch die Südstadt führen wird und nicht all zulang sein dürfte.
Die Route der Antifademo steht auch fest, sie wurde so angemeldet, dass sie allen Eventualitäten gerecht wird - jedoch hat die Stadt angkündigt, dass die Genehmigung der Route nur für den Fall feststeht, dass die Nazidemoverboten bleibt. Faktisch heisst das, dass die Nazis und ihre Demonstration Vorrang vor einer antifaschistischen Aktion hätte - Staat und Nazis Hand in Hand ?!?
Auch das Spassabd an der Eiswiese, dem Aufmarschort der Faschisten hat bereitwillig zugestimmt, am 15. Juli zu zu machen, dies hat zur Folge, dass der Auflauf der Nazis am Treffpunkt Eiswiese ungestört(er) verlaufen kann.
In der Stadt versuchten in den letzten Tagen Neonazis vermehrt Aufrufe zur Demonstration zu verteilen. Geworben wird unter anderem mit dem Auftritt des "Bauchredners des BKA" und ehemaligen APO-Aktivisten Horst Mahler.



Den Widerstand organisieren!

Der Stand - 7. Juli 2000
Die NPD hat in erster Instanz auch vor dem Verwaltungsgericht verloren, es ist jedoch davon auszugehen, dass die Faschisten weitere Anstrengungen unternehmen werden, ihren Auflauf doch noch durchzubringen. Es gibt also keinerlei Entwarnung...

Der Stand - 12. Juli 2000
Heute morgen hat auch das Oberverwaltungsgericht (OVG) den Naziaufmarsch der NPD in Göttingen verboten. Mittlerweile haben die Faschisten, wie angekündigt, vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) geklagt. Es bleibt also abzuwarten, ob der Aufmarsch dort, wie auch Anfang diesen Jahres in Tostedt, doch noch erlaubt wird. Mit einer Entscheidung wird am Donnerstag gerechnet. Entwarnung kann es daher immer noch nicht geben...

Der Stand - 14. Juli 2000
Der Naziaufmarsch bleibt verboten. Das Bundesverfassungsgericht hat heute um 13.00 Uhr den Antrag der NPD auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgelehnt. (mehr siehe Presseerklärung vom 14.7.). Die Bündnisdemonstration von DGB und Autonomen wird deshalb nicht stattfinden. Um 10.00 Uhr wird es eine Kundgebung auf dem Marktplatz geben. Am Abend findet das Konzert mit dem Hamburger Hip-Hop-Trio "Fettes Brot" statt.

Nachinfos - 16. Juli 2000
Ca. 500 Menschen waren trotz des Verbot des Naziaufmarsches auf der Gegenkundgebung von DGB und Autonomen AntifaschistInnen. Als Abschlussredner sprach ein Sprecher der Autonomen Antifa [M] auf dem Göttinger Marktplatz. Er wies in seiner Rede deutlich darauf hin, dass die ausgesprochenen Verbote der angekündigten Naziaufmärsche vor allem dem starken autonomen antifschistischen Widerstand und dem linken Klima in Göttingen geschuldet waren.
Am Abend rockten ca. 800 Menschen in der Göttinger Outpost zu den Beats von "Fettes Brot" das Haus. Bei dem Konzert hatte sich das Hamburger Hip Hop Trio ausdrücklich mit den Göttinger AntifaschistInnen solidarisiert und spielte ohne Gage "FETT gegen Nazis".
(siehe auch Presseerklärung vom 16.7.)

 

Rede am 15.Juli 2000 auf dem Göttinger Marktplatz

[Guten Morgen erstmal liebe Anwesende und Verbündete!]

Zum vierten Mal stellen wir uns in Göttingen gegen einen Naziaufmarschversuch. Er findet ein erneutes Mal nicht statt. Aber ist die Bestätigung des Verbots durch das Bundesverfassungsgericht jetzt die Bekämpfung des Nazismus oder hat es nicht vielmehr die politische Sondersituation in Göttingen bestätigt? Der Verweis auf den zu erwartenden konsequenten antifaschistischen Widerstand könnte jedenfalls deutlicher nicht sein. Von antifaschistischen Demonstrationen mit jeweils über tausend Teilnehmenden bis hin zu militanten Aktionen gegen Faschisten ist in den letzten Monaten klargeworden, dass die Nazis in dieser Stadt auch weiterhin keinen Fuss an den Boden kriegen werden.
Können wir uns jetzt zurücklehnen und auf dem Ruf Göttingens als linker Hochburg ausruhen? Mit nichten: brd- und europaweit findet das statt, was wir als rechten Vormarsch bezeichnen. Die Auswirkungen sind auch im - kulturpolitisch noch immer links geprägten - Göttingen zu spüren. Und dieser Vormarsch wird nicht etwa vom sogenannten rechten Rand vorangetrieben, sondern von der regierenden "Neuen Mitte", die für sich selbst in Anspruch nimmt, ein Bollwerk gegen sogenannte Extreme von Links und Rechts zu sein.
Es war eine rot-grüne Regierung, die den dritten deutschen Krieg des zwanzigsten Jahrhunderts gegen Serbien führte. Der in Gesetze gegossene Rassismus derselben Regierung kleidet sich zwar in wohlklingende Worte und scheinbar weniger brutale Formen, fordert aber nicht weniger Opfer als faschistische Angriffe gegen Nicht-Deutsche. Während die Nazis noch von einen Großdeutschland "von der Maas bis an die Memel" träumen, ist die demokratische Berliner Republik längst europäische Führungsmacht - ihr militärischer Arm reicht bis zum Balkan, wirtschaftlich ist sie in aller Welt ganz vorne dabei. Und in der Sozialpartnerschaft von Wirtschaft und Gewerkschaften ist man sich ebenfalls einig, dass es gelte, Opfer zu bringen. Was früher "Vaterland" hieß, wird heute zärtlich als Standort tituliert.
So sehr ein politisches Klima in der BRD-Gesellschaft auch das Aufkommen faschistischer Banden begünstigt, und so real auch die Gefahr ist, die vom faschistischen Übergriffen für Leib und Leben ausgeht, so machen wir uns nichts vor: die Nazis stellen in der aktuellen gesellschaftlichen Situation doch eher eine Begleiterscheinung als den Motor rechter Entwicklungen dar.
Oder weitergedacht: Kapitalismus steht nicht im Gegensatz zu Faschismus. Das gilt auch für die BRD. Kapitalismus ist der Nährboden für neonazistische Banden, Herrenmenschentum und faschistische Ideologie. Denn Faschismus ist kein Unfall, sondern logische Konsequenz bürgerlich, kapitalistischer Gesellschaften mit ihrem Leistungszwang, mit der Einteilung von Menschen in nützliche und unnützliche Arbeitende, mit der Beteiligung an imperialistischen Kriegen, mit ihrer nationalistischen Standortideologie, die gesellschaftliche Widersprüche überdecken soll.
Sicher - der demokratisch verfaßte Staat selbst betreibt seine ganz eigene Form der Bekämpfung des Rechtsextremismus. Und um Glaubwürdigkeit unter Beweis zu stellen, was die Eindämmung der kurzhaarigen Kohl-Ära-Zöglinge angeht, besitzt die demokratische BRD das reale Interesse, sich gegen eine solch unsympathische rechte Konkurrenz abzugrenzen. Am Ende steht wieder die oft zitierte "Mitte". Vergessen wir nicht, die Hauptstoßrichtung des Staates ist es, den kapitalistischen Verwertungsladen am Laufen zu halten. Und deshalb steht der Hauptfeind grundsätzlich links - denn jede linke, antifaschistische Bewegung, die diese Bezeichnung verdient, will den Kapitalismus abschaffen. Und genau in diesem grundsätzlichen Punkt liegt der Unterschied zwischen Rechts und Links klar auf der Hand. Nichtsdestotrotz erlebt die längst in der Mottenkiste geglaubte "Totalitarismusthese" dieser Tage eine neue Blüte.
Mit der Gleichsetzung von Links und Rechts wähnt sich die "Neue Mitte" dort, wo sie sich gerne selbst sieht: zwischen zwei vermeintlich gleichen Extremen.
Und die Gleichsetzung von Neo-Nazis und Autonomen beispielsweise ist nur eine Facette totalitarismustheoretischer Gedankenakrobatik. Gesellschaftspolitisch erleben wir die Forderung eines Martin Walsers, der einen Schlußstrich unter der Geschichte ziehen will. Politisch umgesetzt von Fischer, Scharping und Schröder, wird ganz unbefangen und mit den Argumenten des "Nie wieder Auschwitz" im Marschgepäck Belgrad bombardiert und die letzten noch lebenden ehemaligen Zwangsarbeiter der deutschen Industrie mit Almosen abgespeist.
Innenpolitisch rechtfertigt die Gleichsetzung von Links und Rechts den Ausbau eines Repressionsstaates. Beispiele von stattgefundenen Naziaufmärschen wie auch der Sonderfall Göttingen zeigen jedoch eines ganz deutlich: Wirksames Mittel gegen die Ausbreitung des Faschismus ist nicht etwa ein "starker Staat", sondern ein linkes gesamtgesellschaftliches Klima. Wann immer Faschisten irgendwo in der BRD marschieren, ist auch der Polizeistaat dabei, und das heißt üblicherweise, daß der Polizeiapparat die Nazi-Veranstaltungen schützt und Gegendemonstrantionen - wie etwa kürzlich in Passau - mit Knüppeln, Pfeffergas und Festnahmen traktiert.

Und um es nochmals deutlich klarzustellen:
Hier in Göttingen sind es nicht Polizei und Justiz, die inzwischen vier Naziaufmärsche verhindert haben. Es ist der breit verankerte Widerstand von links, der auch die militante Gegenwehr nicht ausschließt und sich eben nicht auf den Kampf gegen offen auftretende Nazis beschränkt, sondern auch gegen die Ursachen kämpft und seit der 68er Revolte in Göttingen Rechten das Leben schwer macht. Die Hauptwaffe dabei war nicht diese oder jene Aktion gegen Nazis, sondern die erstaunliche Kontinuität und konsequente linksradikale Ausrichtung des Widerstands.
Aus diesem Grund beschränken wir uns nicht darauf, auf faschistische Aktivitäten zu reagieren. Unsere Parole [turn left] stellt eben die Hinwendung zu linken Ideen und Politik in den Vordergrund. Antifaschismus ohne eine revolutionäre, linksradikale Perspektive wird in der Reaktion auf die Nazis steckenbleiben. Nicht von ungefähr lautet der Schwur ehemaliger KZ-Häftlinge und Antifaschisten nach der Selbstbefreiung von Buchenwald "Die Vernichtung der Wurzeln des Faschismus ist unser Ziel!"

Kapitalismus abschaffen!
Für eine revolutionäre, antifaschistische Linke!
Für den Kommunismus!

15. Juli 2000 - Göttingen
Autonome Antifa [M]