1:1 für den antifaschistischen Widerstand

Polizeistaat
kapitalistische folgerichtige Erscheinung

 

Seit der Annexion der DDR durch die BRD hat der Bereich der Inneren Sicherheit eine massive Veränderung durchlaufen. Diese Veränderung zeigt sich in einer immer weiteren Verschärfung und Perfektionierung des gesamten Überwachungsapparates der Polizei, des Verfassungsschutzes (VS) und auch des Bundesnachrichtendienstes (BND).

Repressive Vorarbeit

Nach dem II. Weltkrieg wurden 370.000 Ermittlungsverfahren u.a. nach §129 gegen KommunistInnen, SozialistInnen sowie GegnerInnen der Wiederbewaffnung eingeleitet. Am 17. August 1956 wurde die KPD verboten. Damit hatte die "antikommunistische Tradition” von der Weimarer Republik der 20er Jahre über den NS-Faschismus bereits 11 Jahre nach Kriegsende wieder ein gesetzliches Korsett in der BRD gefunden.
1968 erfolgte mit der Einführung der Notstandsgesetze ein erster wegweisender Einschnitt, der die Marschrichtung bundesdeutscher Innenpolitik bis heute bestimmt. Die Notstandsgesetze regeln nicht nur das "sanfte” Überleiten in einen Krieg, sollte eine Bedrohung von außen definiert werden, sondern ermöglichen z.B. auch, die Bundeswehr im Inneren einzusetzen.
Entscheidend für die Prägung deutscher Innenpolitik ist hierbei der präventive Charakter der Notstandsgesetze. Kurz gefaßt: Jegliche wirksame oppositionelle Handlung wird sofort erfaßt, Daten gehortet und Widerstand zum passenden Zeitpunkt im Keim erstickt.
Mit dem sogenannten Radikalenerlaß (Berufsverbote) 1972 wurde im Anschluß an die auslaufende 68er-Bewegung deutlich, daß die BRD sich Gesetze schuf, die eine Verankerung sozialistischer bzw. kommunistischer Ideen mit allen Mitteln verhindern sollten. Diese Marschroute setzte sich mit der Einführung der "Terroristengesetze” 1976 fort. Hier wurde der §129 ("Kriminelle Vereinigung”) um ein "a” erweitert (§129a - "terroristische Vereinigung”) und machte damit auf gesetzlicher Ebene das möglich, was im "Deutschen Herbst” 1977 zu Tage trat: die Bekämpfung des bewaffneten Widerstands und seiner SympathisantInnen in der BRD mit allen den Sicherheitsbehörden zur Verfügung stehenden Mitteln.

Der §129a definiert nicht nur vermeintliche Mitglieder einer politischen Gruppierung als Terroristen, sondern dient darüberhinaus im wesentlichen zur Durchleuchtung, Erfassung und letztlich Kriminalisierung all derjenigen, die sich mit der Politik der als "terroristische Vereinigung” definierten Gruppierung öffentlich auseinandersetzen. Juristisch schimpft sich dies "Unterstützung von und Werbung für eine terroristische Vereinigung” und ist ebenfalls Teil des §129a StGB.

In den 80er Jahren machte sich der Staat daran, die Bestimmungen des Demonstrationsrechtes, des Versammlungsgesetzes und der Polizeigesetze so zu verfeinern, daß sie heute wie eine repressive Schablone auf fast jede außerparlamentarische Aktion angewandt werden können. D.h. nichts anderes, als daß jede politische Aktion, die sich nicht von vorneherein an das ausgehöhlte Demonstrationsrecht hält, kriminalisierbar ist. Das reicht von einer friedlich verlaufenden Blockade bis hin zu nicht angemeldeten Demonstrationen.

1989 - Stichtag für den nächsten Gang

Mit der Einführung der Vermummung auf Demonstrationen als Straftat im Juni 1989 wurde ein wesentlicher Schritt geschaffen, der das Grundrecht der Versammlungsfreiheit aushebelt. Die systematische bildliche Erfassung von Demonstrationen vereinfacht ein anschließendes juristisches Vorgehen gegen beteiligte DemonstrantInnen, was eine Veränderung der Demonstrationskultur zur Folge hatte. Diese Entwicklung ist von Bedeutung, da Demonstrationen ein zentrales Mittel außerparlamentarischer Politik darstellen, diese Form aber mittlerweile durch die vielseitigen repressiven Bestimmungen mehr und mehr an Wirkung verliert, die individuellen strafrechtlichen Folgen für DemonstrationsteilnehmerInnen sind demgegenüber stark erhöht worden.

Politische Ausrichtung

Bereits sechs Monate, nachdem die "Wiedervereinigung” im Oktober 1990 rechtlich vollzogen worden war, begannen die Organe der Inneren Sicherheit mit der Umsetzung der Neubestimmung.
Eine neu gebildete organisatorisch-koordinierende Institution ist seit Mai 1991 die sogenannte "Koordinierungsgruppe Terrorismusbekämpfung” (KGT). Der KGT gehören VertreterInnen des Verfassungsschutzes, des Bundeskriminalamtes sowie die Innenminister und Senatoren der jeweiligen Bundesländer an. Die Zielsetzung der KGT geht aus ihrem Namen hervor. Qualitativ neu hieran war, daß sich die KGT nicht auf technische Fragen beschränkt, sondern ebenfalls politische Fragen erörtert und die Bekämpfung des durch Staatsschutz und herrschende Politik definierten "Terrorismus” auch auf gesellschaftspolitische Fragen ausgeweitet hat. D.h., daß z.B. medienpolitischer Umgang mit Polizeieinsätzen und Integrations- und Spaltungsstrategien gegen politisch fortschrittliche Gruppierungen ebenso zum Repertoire gehören wie staatsterroristische Methoden. (Häuserräumungen, Großrazzien, Polizeikessel etc.)

Terrorismus

Der Begriff des "Terrorismus” ist gesellschaftlich seit dem "Deutschen Herbst '77”2 hoffähig geworden. War es staatlicherseits seit über einem Jahrhundert die "Kommunistenhetze” gewesen, so ergänzte das "Gespenst” des "Terrorismus” dieses Propagandamittel zur Diskreditierung und Isolierung linker militanter Bewegungen. Juristisch setzt der [[section]]129a StGB die vom Staat definierte Konstruktion einer terroristischen Vereinigung um.

Umsetzung jahrelanger Erkenntnisse:

Die Kronzeugenregelung

1989 wurde die sogenannte Kronzeugenregelung eingeführt und mit der Verabschiedung des Verbrechensbekämpfungsgesetzes Ende 1994 wesentlich erweitert. Mit der Schaffung dieses Gesetzes haben sich die Sicherheitsbehörden ein Instrumentarium geschaffen, daß in mehrerlei Hinsicht zur differenzierten Zerschlagung linker Organisationen bzw. Gruppierungen angesetzt wird.
Kronzeuge bedeutet nichts anderes, als daß einer Person, die ehemals einer vom Staat als verfassungsfeindlich definierten Gruppierung angehörte, die Möglichkeit eingeräumt wird, gegen ehemalige GenossInnen auszusagen, um im Gegenzug auf eine mildere Strafe hoffen zu können.

Die Anwendung der Kronzeugenregelung verzahnte sich mit dem "PKK-Verbot” vom November 1993. Die KronzeugInnen in diversen §129a-Verfahren gegen vermeintliche Mitglieder der PKK bilden die Hauptstütze zur Konstruktion einer "terroristischen Vereinigung”.
Im Dezember 1995 wurde die Kronzeugenregelung verlängert und ist zur Zeit eines der Hauptinstrumente in der Konstruktion der aktuellen §129a-Verfahren gegen KurdInnen. Zur Zeit sind über 25 KurdInnen im Zusammenhang mit dem §129a inhaftiert. (Stand: Frühjahr '96)
Darüberhinaus wurde die Kronzeugenregelung zum Ausspielen der sogenannten "Ost-Aussteiger” der RAF gegen noch inhaftierte (ehemalige) Mitglieder der RAF genutzt.

Verzahnung im Innern

Die vielschichtigen Veränderungen auf den verschiedenen Ebenen und innerhalb der unterschiedlichen Bereiche der Sicherheitsapparate sind sorgsam aufeinander abgestimmt. Die Erhebung der Vermummung zur Straftat, die Einführung neuer Polizeigesetze in Sachsen, Thüringen sowie die Änderung der Polizeigesetze in Niedersachsen, sind nur einige Beispiele.
Augenscheinlich wird die Umstrukturierung, Verzahnung und Abstimmung der innenpolitischen Interessen bzw. Institutionen mit außenpolitischen am Beispiel des Bundesnachrichtendienst (BND). Am 1. Dezember '94 wurde der uneingeschränkte Datenfluß zwischen BND und Verfassungsschutz sowie Polizeibehörden im Zuge der Verabschiedung des Verbrechensbekämpfungsgesetzes offiziell hergestellt. >>Der BND wertet die Ergebnisse selbst aus und ist berechtigt, sie an Verfassungsschutz, Militärischen Abschirmdienst (MAD), bestimmte Zollbehörden und Instanzen der Strafverfolgung weiterzugeben. Eine Benachrichtigung (der Bespitzelten, d.Aut.) soll dann nicht erforderlich sein, wenn der BND oder die genannten Behörden die erlangten Ergebnisse innerhalb von drei Monaten vernichtet haben. Im übrigen kann die Unterrichtung der Betroffenen auch dann unterbleiben, wenn eine "Gefährdung des Zwecks” der Maßnahme nicht "ausgeschlossen werden kann”.<< (FR, 17.2.'94). Damit wurde das Trennungsgebot zwischen verschiedenen geheimdienstlichen Behörden und der Polizei aufgehoben. Dieses mit der Gründung der BRD eingeführte Trennungsgebot galt als wesentliche Erkenntnis aus 12 Jahren Terrorherrschaft der Nazis.
Auch personell drückt sich diese Entwicklung aus. Der ehemalige Chef des Verfassungsschutzes (Geiger) ist im April dieses Jahres kurzerhand Chef des BND geworden.
Auch der seit Mai '96 neue Chef des Verfassungsschutzes (VS) Peter Frisch (SPD) dokumentiert, welche Personen im Bereich der Staatschutzes tätig sind. >>Unvergessen sind die in den achtziger Jahren aufgedeckten niedersächsischen Verfassungschutzskandale und die Rolle, die Peter Frisch damals spielte. (… )<< (FR, 13.5.'96). Frisch ist schon seit längerem auf Anraten von Helmut Kohl Vizepräsident des VS, >>wo sich Frisch den Ruf erwarb, rechts vom Behördenchef Eckart Wertebach (CDU) zu stehen.<< (ebd.) Frisch deckte in den 80er Jahren den Skandal um das "Celler Loch”, einer Aktion des niedersächsischen VS. >>Der Geheimdienst ließ ein Loch in die Gefängnismauer sprengen, um eine versuchte Gefangenenbefreiung vorzutäuschen. Der Anschlag diente dazu, die Furcht vor linkem Terrorismus zu verstärken, die Haftbedingungen der als linksterroristisch geltenden Gefangenen zu verschärfen, eine aufwendige Fahndung nach "Tätern” auszulösen und zwei oder drei Schwerkriminelle in linksverdächtige Gruppen einzuschleusen.<< (ebd.) Konkret war dies gegen einige in Celle schon damals langjährig inhaftierte Gefangene der RAF gerichtet.

The beat goes on - 1996

Am 14. Dezember 1995 trat die damals amtierende Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zurück. Auslöser war der Streit um die Einführung des sogenannten "Großen Lauschangriffs” innerhalb ihrer Partei. Spätestens mit diesem Rücktritt wurde auch in der Öffentlichkeit deutlich, daß der Bereich der "Inneren Sicherheit” massive Verschärfungen erfährt.

Angesichts der realen Verfolgungspraxis gerät die öffentlich geführte Debatte über Gesetzesverschärfungen im Zusammenhang mit der "Inneren Sicherheit” jedoch zur Farce. Während ParlamentarierInnen noch über die Verabschiedung des "Großen Lauschangriffs” diskutierten, ist dieser vor seiner Verabschiedung längst Realität geworden.
>>Während 1980 noch 766 richterlich genehmigte Telefonüberwachungen von der Polizei durchgeführt wurden, waren es 1992 schon 3509 (…) Dagegen kam es in den USA 1992 zu 746 Überwachungen, davon 532 Telefonüberwachungen. Während aber in der Bundesrepublik ca. 80 Millionen Einwohner leben, setzen sich in den USA ca. 200 Millionen Einwohner der Gefahr des Lauschens aus. Diese Zahlen sprechen für sich, zeigen sie doch die Überwachungswut der deutschen Sicherheitsbehörden auf. Denn es darf nicht vergessen werden, daß neben der Polizei die Geheimdienste ebenfalls lauschen. Insbesondere der BND ist technisch dermaßen hochgerüstet, daß er internationalen, über Fernmeldesatelliten, Richtfunk oder Kurzwelle durch sogenannte Wortbanken gezielt abhören kann.<< (FR, 18.1.'94)
Im Rahmen der staatlichen Maßnahmen gegen mutmaßliche RedakteurInnen bzw. HerstellerInnen der Zeitung "radikal” starteten die Fahnder den bisher längsten Lauschangriff in der bundesdeutschen Polizeigeschichte. In der Eifel wurde von Juli 1993 bis Januar 1994 ein Ferienhaus abgehört, angeblich, um dort Treffen der RAF zu verfolgen. Nicht ein Treffen der RAF konnte beobachtet werden, die dort gewonnenen Erkenntnisse werden nun gegen Beschuldigte im Verfahren gegen die Zeitung "radikal” ins Feld geführt. Rückendeckung erhalten die Verfolgungsbehörden durch den Bundesgerichtshof (BGH). Der entschied im September 1995, daß, wenn zur "Gefahrenabwehr” Privatwohnungen abgehört werden, die Informationen auch gegen andere verwandt werden können.
Dieses Beispiel offenbart nicht nur die Absurdität des Gefechts um den "Großen Lauschangriff”, sondern zeigt deutlich, gegen wen sich Gesetzesverschärfungen im Bereich der "Inneren Sicherheit” richten, nämlich gegen den radikalen linken Widerstand, und es zeigt zudem, daß gesetzlichen Veränderungen immer reale Bedingungen vorausgehen.

Präventive Informationen

Nach richterlicher Anordnung ist nunmehr, nach Einführung des Verbrechensbekämpfungsgesetzes im Dezember 1994 und der Verabschiedung des neuen niedersächsischen Polizeigesetzes (Gefahrenabwehrgesetz) am 20. Mai 1996, das umfassende Abhören von Wohnungen noch frühzeitiger möglich als bisher, Rasterfahndungen, der Einsatz von V-Leuten und verdeckten Ermittlern sind mehrere Tage ohne richterliche Genehmigung erlaubt. >>Wer den Anschein erweckt, daß er eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begehen wird, die den Rechtsfrieden beeinträchtigt, kann vier Tage in "Unterbringungsgewahrsam” genommen, also eingesperrt werden. Da reicht es eventuell schon aus, daß ein Demonstrant ein Vermummungstuch bei sich trägt.<< (FR, 27.3.'96). Die Begründung ist dabei, nach dem brandenburgischen Innenminister Alwin Ziel (SPD), der oft zitierte zur Obsession gewordene "Kampf gegen organisierte Kriminalität”. Um gegen diese, meist nicht näher definierte, Kriminalität ermitteln zu können, wird immer häufiger von dem Sonderrechtsparagraphen 129 ("kriminelle Vereinigung”) Gebrauch gemacht.

Medien und Innenpolitik

Zwei Beispiele verdeutlichen die Notwendigkeit und den Einfluß der Medien auf die sicherheitspolitischen Konzeptionen der Überwachungstäter des Sicherheitsapparates.

I. Um die Rolle der BRD-Politik und der deutschen Konzerne bei der türkischen Vernichtungspolitik gegen die kurdische Bevölkerung zu verschleiern, wurde die Verschärfung der Ausländergesetze nach den Protesten bei den diesjährigen Newroz-Feiern im März mittels Medienhetze gefordert. Im Vorfeld wurden die Demonstrationen verboten, und durch die in den Medien gestartete Hetzkampagne wurde ein bürgerkriegsartiges Horrorszenario entworfen, das jeglicher Grundlage entbehrt: >>Kurden-Terror, schützt endlich unsere Polizisten<< (BILD, 19.3.'96).
Von CDU und FDP ist eine gemeinsame Gesetzesvorlage für schnellere Abschiebungen angeblich "gewalttätiger Kurden” vorbeitet worden, nach der u.a. DemonstrantInnen schon im Fall von schwerem Landfriedensbruch, bei einer zu erwartenden Freiheitsstrafe von über zwei Jahren, ausgewiesen werden sollen. Das kann im Zweifelsfall die Teilnahme an einer Demonstration sein, bei der es zu Ausschreitungen kommt. CSU-Generalsekretär Protzner forderte sogar ein generelles Demonstrationsverbot für KurdInnen.
Diese Überlegungen sind keinesfalls neu, sondern schon lange vorbereitet. Die Proteste gegen die Verbote im Zusammenhang mit den Newroz-Feiern boten lediglich Anlaß dazu weiter in die Offensive zu gehen: >>Es wurde schon lange überlegt, wie das Ausländerrecht den aktuellen Gegebenheiten angepaßt werden kann<<, verlautete aus dem Bumdesjustizministerium. >>Fest stand, daß die Ausweisungs- und Abschiebungsregelungen verschärft werden sollten<< (jW, 27.3.'96).

II.Das folgende Beispiel zeigt, wie es möglich ist, mit Hilfe der Medien die Wirklichkeit umzudefinieren: der Brandanschlag auf ein von Flüchtlingen bewohntes Haus in Lübeck am 18. Januar 1996 und die anschließende Inhaftierung von Safwan Eid, einem Hausbewohner, als angeblichen Täter.
Um Proteste zu unterdrücken und den internationalen Ruf der BRD nicht durch einen Skandal zu gefährden, wurde schon einen Tag später der "Täter aus den eigenen Reihen” präsentiert und das, ohne jeglichen Beweis. Indizien hingegen, die auf faschistische Täter hindeuten, ergeben sich allein aus der gesellschaftlichen Situation der letzten 3 Jahre, in denen es zahlreiche (Brand)Anschläge von Neo-Nazis auf Flüchtlinge gegeben hat. Ohne die pflichtschuldige Sekundierung der Medien, die das Problem der brennenden Flüchtlingsheime auf einen Konflikt unter BewohnerInnen entpolitisieren wollten, wäre Safwan Eid wieder auf freiem Fuß gesetzt worden. So saß er monatelang in Untersuchungshaft und wurde zudem bei Anwaltsbesuchen abgehört.
Jetzt nach Monaten dringt in die Öffentlichkeit, was die kritische Öffentlichkeit vermutet und antifaschistische/antirassistische Gruppen bereits wußten: faschistische Täter waren in den Anschlag verwickelt, gar der Hauptzeuge der Staatsanwlatschaft selbst (Sanitäter) steht in Verdacht, in engerem Kontakt mit Faschisten zu stehen. Auf Safwan Eid indes wartet der Prozeß…
Was die gezielte Verbreitung bzw. Unterbindung von Informationen angeht, so haben die Sicherheitsstrategen seit diversen Polizei- und Geheimdienstskandalen der letzten Jahre einiges dazugelernt. Während beipielsweise bei der Erschießung von Wolfgang Grams am 27. Juni 1993 in Bad Kleinen durch die GSG9, bei der Erschießung des jungen Kurden Halim Dener in Hannover durch einen Polizisten oder bei den Pogromen faschistischer Täter gegen verschiedene Flüchtlingsheime in den letzten Jahren die von den Behörden gewollte Nachrichtensprerre nicht ausreichend funktionierte, ist es den Behörden im Falle der Brandnacht von Lübeck gelungen, durch gezielte Falschinformationen gemischt mit Halbwahrheiten die breite Öffentlichkeit das eine oder andere Mal hinter das Licht zu führen.
Lediglich der engagierten Arbeit beispielsweise der "Internationalen unabhängigen Kommission” ist die Aufdeckung der Wahrheit zu verdanken.1
Ob die Lügen der Justiz und der ermittelnden Polizei ausreichen, um Safan Eid weiterhin als Täter zu diffamieren, hängt nicht zuletzt von der Stärke der Gegenöffentlichkeit ab.

Absichern, Abschieben, Abschotten

Die Großmacht BRD hat zwar wirtschaftlich seit dem Ende der 80er Jahre einen Aufschwung erfahren, sieht aber trotzdem den richtigen Zeitpunkt gekommen, um die Reste des Sozialstaates abzuräumen.
Der Sozialabbau nimmt eine Qualität an, die zuvor nicht erreicht wurde. Auch in diesem Zusammenhang muß die Aufrüstung im Inneren betrachtet werden: Angewandt werden die überwachungsstaatlichen Methoden tagtäglich gegen diejenigen, die sich politisch offen gegen das kapitalistische Verwertungssystem stellen. Die Anwendung der Schnüffel- und Überwachungsmethoden auf breitere Kreise stellt beim technischen Niveau und den heute vorhandenen geheimdienstlichen und polizeilichen Institutionen und gesetzlichen Grundlagen kein Problem dar.

Anmerkungen:

1 Der jungeWelt-Redakteur Wolf-Dieter Vogel veröffentlicht noch im September 1996 zu Prozeßbeginn ein Buch unter dem Titel: >>Der Lübecker Brandanschlag - Fakten, Fragen, Parallelen zu einem Justizskandal<<, Elefanten Press, 19,90 DM. Allein die Vorstellung des Buches am 13. September '96 im Lübecker Rathaus löste eine Debatte unter rechten CDU-Kreisen aus. Diese kommentierte die Vorstellung mit folgenden Worten: >>Es entsteht der Eindruck, die Verwaltung der Hansestadt Lübeck sitze mit den Kritikern des Ermittlungsverfahrens in einem Boot.<< Der Nerv ist getroffen!


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